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Dengelstein. Foto: Uli Köhler

Der Drache vom Dengelstein

Im Kemptener Wald, nahe Betzigau, liegt ein Nagelfluhfelsen – der Dengelstein. Den alten Felsen könnt ihr heute noch sehen. Die Geschichte dazu will ich euch erzählen.

Einmal, in alter Zeit, musste ein Bauer eine Waldwiese nahe dem Dengelstein mähen.

Es war eine schwere Arbeit und die Sonne brannte unbarmherzig herab.

In der Zeit, von der ich euch erzähle, mähte man das Heu natürlich nicht mit dem Mäher, sondern mit der Sense und die wurde bei der Arbeit schnell stumpf, deshalb musste oft gedengelt werden. Ja, die Sense musste scharf sein!

Der Bauer indes verrichtete die Arbeit mit Gottes Segen, aber seine Frau konnte sich mit dem Werk nicht abfinden und schimpfte und keifte in einem fort. Kaum setzte sie die Sense an, gings auch schon los: „Mann, komm her und dengel mir die Sense, sonst hau ich sie dir um die Ohren, dass du wackelst!“

Es ging so schlimm, dass sogar die Tiere im Wald, die die bösen Worte hörten, Mitleid mit dem Manne hatten.

Als dieser nun einmal seine Notdurft verrichten musste, da ging er recht weit in den Wald hinein, wohl auch um seine Ruhe zu haben.‘

Er kam an eine schöne Lichtung worin sich die Sonnenstrahlen im Gezweig der Bäume und Büsche verfingen. Es war ganz still. Nur die Bienen summten und der Wind streichelte die Blätter, als mit einem Mal ein Reh vor dem Bauern stand. Es fing auch an zu sprechen und war ganz freundlich. „Ich gewähre dir drei Wünsche“, sprach es, „weil du ein gutes Herz hast.“ „Bedenke sie gut, so wird es zu deinem Glücke sein!“ Dann war das Reh verschwunden.

Der Bauer ging nachdenklich zurück zu seiner Frau, die sogleich wieder zu schimpfen begann: „Wo warst du so lange, du unnützer Mensch? Sollen dich doch die Irrlichter holen, oder du sollst im Sinkmoos versumpfen! Ach wenn ich dich doch nur nicht kennen tät.“

„Ja, wenns no so wär“, sagte da der Bauer. „A‘gschmiedet an dem Schtoi dort wärscht du mir au lieber, du alter Drache! Da müstesch du sel dengla.“

Kaum aber war der Wunsch des Bauern ausgesprochen, war seine Frau verschwunden und wurde nie wieder gesehen. Man sagt aber, dass seither aus dem Herzen des Nagelfluhfelsen Geräusche wie das Dengeln einer Sense zu hören seien. Dies sei die Frau, die fortan im Inneren des Steins als Drache die Sense dengeln muss.

Der Bauer aber ging heim zu seinen Kindern und er lebte fortan im großen Glück und Zufriedenheit. Wahrscheinlich hat er seine Wünsche gut gewählt.

 


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Verfasst von: Gemeinde Durach (Konzeption, Gestaltung der Stationen: Monica Ostermeier, Werkstatt für Gestaltung Durach) // Digitaler Literaturatlas von Bayerisch Schwaben DigiLABS / Rosmarie Mair, M.A. // Bayerische Staatsbibliothek

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