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Freddies Soloalbum "Mr. Bad Guy" (c) Nicola Bardola

München, Utzschneiderstraße 1: Kay’s Bistro am Viktualienmarkt

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Der Autor in Kay Wörschings "Marimba" in der Utzschneiderstraße 8 (c) Nicola Bardola

Der Viktualienmarkt gehört zu Freddies Lieblingsorten. Seine Assistenten und Köche Joe Fanelli und Peter Freestone kaufen dort frisches Obst und Gemüse ein. Wenn die beiden nicht da sind oder anderweitig beschäftigt sind, kommt das Essen zu Freddies Apartment in der Stollbergstraße via Catering Service aus dem Hotel Vier Jahreszeiten. Einige Treffpunkte rund um den Markt sind Freddies Fixpunkte in München. Dazu gehört Kay’s Bistro beim Viktualienmarkt an der Utzschneiderstraße 1. Da herrschen Raum, Eleganz und Einfallsreichtum seit der Eröffnung 1976 und bis zu Beginn der Nullerjahre, als das Lokal schließt.

In Kay’s Bistro wird phasenweise monatlich umdekoriert. Das wechselnde Ambiente ist den Gastgebern sehr wichtig. Es wird mit viel Liebe jeder Bereich immer wieder neu ausgeschmückt. Neben normalsterblichen Stammgästen genießen auch viele Promis die guten Getränke und das gute Essen. Die Gespräche sind angeregt, die Gastgeber zuvorkommend. Kay Wörsching erinnert sich gerne an die großen und gut gelaunten Tafeln mit Freddie. Wir treffen uns in seinem neuen Lokal, das Café Marimba in der Utzschneiderstraße 8, nur zwanzig Schritte davon entfernt. Draußen vor dem Marimba stehen einige Tische, drinnen geht man eine kleine Treppe hoch, rechts ist die Bar. Die kleinen und manchmal auch sehr großen Fotorahmen sind noch dieselben wie damals. Sie hängen über einer roten Tapete, die fast das ganze Lokal auskleidet. Auch Freddie hat seinen Platz – gleich unter der Queen, der britischen Königin Elisabeth II. in jungen Jahren.

Hinten befinden sich mehrere Sessel mit Tischchen und ein Sofa. Dort blättern wir im Prachtband aus der Collection Rolf Heyne von 1988 mit dem schlichten Titel „Kay’s Bistro“. Die Promidichte in diesem großformatigen Fotobuch ist atemraubend. Kay und sein Lebensgefährte Achim Neumann Arm in Arm mit unzähligen nationalen und internationalen Stars. Kay und Achim haben sich in einem Tanzlokal ganz in der Nähe zum ersten Mal vor bald fünfzig Jahren getroffen und sind immer noch ein Paar. Achim ist u.a. für die Deko verantwortlich und Kay ist fast täglich im Marimba. Alles sei entspannter gewesen damals, berichtet Kay. Es gab keine Handys, es wurde viel geraucht und viel gelacht. Auch Barbara Valentin oder Montserrat Caballé sind zu Gast in Kay‘s Bistro.

Bei Kay mit seiner hervorragenden Küche und bei vielen seiner Kollegen schüttelt das mondäne München manchmal mit Plüsch, manchmal mit Leder, manchmal mit südländischem Flair und vielen internationalen Gästen die Sechziger-, die Fünfziger- und die Nazi-Vergangenheit ab, um schwungvoll in die Achtziger zu starten. Kay beschreibt Freddie als äußerst zuvorkommend, höflich, frech und witzig. „Von Freddie habe ich nur einen deutschen Satz gehört, ‚leck mich am Arsch‘ und mit starkem Akzent“, lacht Kay. Er erzählt, dass die Rechnung immer auf Freddie geht, dass er aber oft früher als die anderen und unauffällig das Lokal verlässt und in der Nacht verschwindet.

Christopher Roth schildert solche Nächte in seinem Roman 200 D. Er erscheint 1982 in der Edition Belleville und in einer Neuausgabe bei Bloomsbury 2012 mit einem emphatischen Vorwort von Moritz von Uslar. Im selben Jahr erscheint auch das Queen-Album Hot Space. Roman und Album ergänzen sich: Die Atmosphäre in München 1981 prägt die musikalische und die sprachliche Ausdrucksweise. Moritz von Uslar bezeichnet Christopher Roth als „Präzisionsreporter“, seinen Stil als „schnell, hart, schmal, kalt, elegant, ungekünstelt und im besten Sinne unvirtuos und grandios unkünstlerisch“. Queen sind Stammgäste in der Diskothek Sugar Shack in der Herzogspitalstraße 6. Die Klang-Erfahrungen, die sie dort machen führen zum schnellen, harten und trockenen Stil auf Hot Space. Christopher Roth beschreibt das Sugar Shack:

Die Engländer drängen von hinten nach. Wir gehen auf eine steile Treppe zu, die neben der Garderobe nach oben führt. Durch glitzerndes Halbdunkel der Musik entgegen. Nach der langen Geraden wendelt sie, einen Halbkreis beschreibend, weiter bis zu einem geräumigen Treppenabsatz mit samtüberzogenen Bänken und dem Zigarettenautomaten. Der Durchgang nach links führt ins Allerheilige. Die Musik trifft mich in der Magengrube. Ich höre die tiefen Töne mit den Eingeweiden.

 


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Verfasst von: Nicola Bardola