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Badehaus mit Quellentempel 1913 (Gemeindearchiv Bad Wiessee)

Driessenstraße 35

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Wohnhaus von André Driessen (Privatarchiv Allard Everts)

In der Driessenstraße 35 stand früher das Haus des Niederländers André Driessen (1904-1956). Er war der langjährige Geschäftsführer des Jod-Schwefelbads vor Ort. Driessens Haus wurde vor einigen Jahren abgerissen. Wie es aussah, zeigt eine alte Fotografie. Auf ihr sieht man ein idyllisches Gebäude im alpenländischen Stil.

Der Geschäftsführer des Jod-Schwefelbads

André Driessen vor der Wandelhalle (Privatarchiv Allard Everts)

André Driessen, der Direktor des Jod-Schwefelbads, war 1904 zuerst als Bevollmächtigter der Doordtschen Gesellschaft nach Wiessee gekommen. Seit der ersten Bohrung 1904 leitete Driessen als Stoops Geschäftsführer die täglichen Geschäfte der Gesellschaft und ab 1909 dann auch die Geschäfte des Jod-Schwefelbads. Ihm war es zu verdanken, dass es relativ gut durch den Ersten Weltkrieg kam.

Die 1930er-Jahre – Eine neue Wandelhalle

In den 1930er-Jahren waren führende Nationalsozialisten an den Tegernsee gezogen und hatten sich hier Wohnungen oder Häuser zugelegt, darunter auch Himmler. Auch sie kurten in Bad Wiessee. Als am 13. Juni 1934 dort die sog. „Nacht der langen Messer“ stattfand, wurde SA-Leiter Ernst Röhm, der damals im Hotel Hanselbauer logierte, von Hitler persönlich aus dem Bett geholt, verhaftet, ins Gefängnis nach München gebracht, dort verhört und dann ermordet (sog. „Röhm-Putsch“).

Als am 19. Mai 1935 die Feier des 25-jährigen Gründungsjubiläums des Jod-Schwefelbads anstand, erfolgte anlässlich dessen 1934/1935 der letzte große Ausbau des Kurgeländes. Man plante die alte hölzerne Wandelhalle neben dem Jod-Schwefelbad abzureißen und durch eine neue, moderne, monumentale Wandelhalle zu ersetzen, mit angebautem Konzert- und Theatersaal und vorgelagerter Terrasse und einem prächtigen Ausblick auf See und Gebirge. Der Regierungsbaumeister und Münchner Architekt Bruno Biehler war diesmal der Architekt. Hausarchitekt Degano war zu teuer geworden und durfte nur den Theatersaal bauen. Der Bau der Wandelhalle erfolgte auch mit finanzieller Unterstützung der Nationalsozialisten.

Wandelhalle. Foto: privat.

Am 19. Juli 1935 wurde die neue Wandelhalle, die noch heute auf dem früheren niederländischen Jod-Schwefelbadareal steht, mit großem Festzug in Bad Wiessee eingeweiht und eröffnet. In einem Artikel im Völkischen Beobachter vom 20. Juli „Ein Vierteljahrhundert Bad Wiessee – Feierliche Einweihung der neuen Wandelhalle“, in welchem der neue Bau bejubelt wurde, konnte man damals lesen:

Die neue Wandelhalle, die sich in ihrer Lage und Linienführung harmonisch der herrlichen Tegernseer Landschaft anpaßt und auch dem Stil der früheren Baulichkeiten vollkommen Rechnung trägt, stellt eine meisterhafte Verbindung von Kunst und Zweckmäßigkeit, von Monumentalem und bodenständiger Bauweise dar. [...] In seiner Gesamtheit entspricht der neue Bau, an dessen Gestaltung einheimische und Münchener Künstler und Firmen beteiligt waren, einer großzügigen Architekturauffassung und stellt einen würdigen Markstein zum ersten Vierteljahrhundert des Bades Wiessee dar.

Von dieser neuen Wandelhalle, die das Bad noch weiter aufwertete und beliebt machte, von ihren verschiedenen Räumlichkeiten, der Trinkhalle, dem Theatersaal, der davorliegenden Terrasse und den Mengen an Kurgästen, die sie in den Folgejahren bevölkerten, sind Fotos aus verschiedenen Jahrzehnten überliefert. In der großen Wandelhalle fanden fortan regelmäßig Konzerte statt mit dem lokalen Kurorchester oder auswärtigen Musikern. Tatsächlich verzeichnete das Jod-Schwefelbad 1935 die höchste Badefrequenz vor dem Krieg: 156.000 Anwendungen wurden in diesem Jahr durchgeführt.

André Driessen mit Badefrauen-Personal (Privatarchiv Allard Everts)

1938 adelte Königin Wilhelmina den Direktor des Bades, André Driessen, zum Ritter des Ordens „van Oranje-Nassau“. Im letzten Friedensjahr wurden 150.000 Jod-Schwefelbäder verabreicht, die Zahl der Kurgäste stieg auf 20.000 an, die Zahl der Übernachtungen auf 428.000.

Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit

Der folgende Krieg brachte auch Bad Wiessee empfindliche Rückschläge, aber das Jod-Schwefelbad blieb vor Kriegszerstörung bewahrt, die günstigen Faktoren – Heilquellen, Klima und eine herrliche Lage – blieben erhalten. 1944 stieg die Besucherzahl wieder auf 25.000, die der Übernachtungen auf rund 427.000 an. Bis 1944 war das Jod-Schwefelbad in Betrieb.

Die Nachkriegszeit führt allerdings zur Zweckentfremdung nahezu des gesamten Bades und dazugehörigen Beherbungsraumes. Direkt nach dem Zweiten Weltkrieg, von 1945 bis 1947, war das Bad, das sich seit 1946 in der Hand der Amerikaner befand, geschlossen. Erst 1956 wurde es wieder an die Holländer zurückgegeben. Der Wiederaufbau und die -eröffnung unter dem früheren Direktor André Driessen erfolgten aber bereits 1948.

Zu seinem 70. Geburtstag und 45-jährigen Dienstjubiläum wird Driessen 1950 zum Ehrenbürger von Bad Wiessee ernannt.

50-jähriges Jubiläum des Jodschwefelbads

Wandelhalle 1954 (Privatarchiv Allard Everts)

Am 3. September 1954 feierte Bad Wiessee, das in etwa 70 Prozent der früheren Frequenz an Kurgästen erreicht hatte, das 50-jährige Jubiläum des Jod-Schwefelbads – feierte damit auch den Begründer Adriaan Stoop und André Driessen, der in diesem Jahr sein 50-jähriges Betriebsjubiläum erlebte. 50 Jahre seines Lebens hatte der Niederländer der Entstehung und Entwicklung des Kurortes Bad Wiessee gewidmet. Er, der 1904 als Bevollmächtigter der Doordtschen Gesellschaft nach Wiessee gekommen war, hatte die Geschicke des Jod-Schwefelbads maßgeblich beeinflusst und es erfolgreich durch zwei Weltkriege geführt.

Eine literarische Fundgrube ist ein in mehreren Exemplaren gedrucktes Gedenkbuch, Gouden Jubiläum 1904-1954, das Nachfahren von Adriaan Stoop anlässlich dieses Jubiläums erstellt haben. Hier finden sich nicht nur zahlreiche Dokumente und Fotos, die die Geschichte des niederländischen Jod-Schwefelbads erzählen, sondern auch Mengen an Fotos, Dokumenten und Texten, die das Jubiläum 1954 dokumentieren: Festprogramm und Festreden, Zeitungsartikel über Adriaan Stoop, André Driessen, das Jod-Schwefelbad und die Aktivitäten an den Jubiläumstagen. Des Weiteren aber auch mehrere literarische Werke, die anlässlich dieses Jubiläums entstanden, aufgeführt oder vorgetragen wurden: das Theaterstück Meginharts Erbe, ein Märchen und Gedichte.

In allen Festreden von 1954 wird festgestellt, dass Bad Wiessee seit der Eroberung der Jod-Schwefelquelle durch Stoop einen beispiellosen Aufschwung erlebte: Vom Bauerndorf ohne nennenswerten Fremdenverkehr habe es sich zum meist besuchten Fremdenverkehrsort des ganzen Tegernseer Tals entwickelt und die Bevölkerung sich in 50 Jahren verzehnfacht. Dort, wo noch nicht lange zuvor blumenübersäte Wiesen an schilfbewachte Uferstreifen gegrenzt hatten, seien große moderne Hotels, Pensionen und Privathäuser entstanden.

Das Theaterstück Meginharts Erbe

Wie man dem Festprogramm entnehmen kann, fand am Freitag, den 3. September 1954 im Kursaal des Jod-Schwefelbads auch ein großer Festabend statt. Im ersten Teil wurde ein Klavierkonzert dargeboten. Im zweiten Teil führte die Rottacher Lustspielbühne das Festspiel Meginharts Erbe auf.

Szene aus Meginharts Erbe (Privatarchiv Allard Everts)

Geschrieben hatten das Theaterstück zwei am Tegernsee ansässige Autoren: der aus Rottach-Egern stammende Lickleder und Dr. Habersbrunner aus Schilling bei Kreuth. Meginharts Erbe ist ein humorvolles Theaterstück, in dem die Geschichte von Bad Wiessee und dem Jod-Schwefelbad erzählt wird. Adriaan Stoop und André Driessen werden hier als die eigentlichen und wahren Begründer von Bad Wieseees Ruhm und Erfolg gefeiert. Das Stück, das auch Reminiszenzen an den Brandner Kasper enthält, beginnt mit einer Szene bei Petrus im Himmel. Bei der Durchsicht der Papiere über die kürzlich Verstorbenen und die Neuzugänge im Himmel wundert sich Petrus, warum speziell aus Bad Wiessee so wenige Tote kommen oder immer Jahre später als geplant. Der im Himmel herbeigerufene Pater Meginhart klärt Petrus über die besonderen Umstände in Bad Wiessee auf: Zuerst war es das im Mittelalter von Mönchen gefundene heilsame Quirinusöl, welches das Leben der Menschen in Bad Wiessee verlängert hat. Jetzt ist es die von Adriaan Stoop zu Beginn des 20. Jahrhunderts gefundene heilkräftige Jod-Schwefelquelle, die aus Wiessee einen berühmten Kurort und Jungbrunnen gemacht hat, durch den die hier lebenden Menschen nahezu unsterblich geworden seien oder später als andere Menschen sterben.

1956 stirbt dann auch André Driessen. Von der Wandelhalle aus wird der Sarg entlang einer Menschenreihe zur evangelischen Kirche getragen. Dort findet Driessen seine letzte Ruhestätte.

 


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Verfasst von: TELITO / Dr. Ingvild Richardsen

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