Jod-Schwefelbad Bad Wiessee
Das neue Jod-Schwefelbad Bad Wiessee wurde Ende Juni 2020 eröffnet. Gegenüber diesem sieht man ein eingezäuntes Abrissgebiet liegen. Auf dem Areal befand sich das frühere Jod-Schwefelbad, das über 100 Jahre lang in der Hand von niederländischen Eigentümern war. 2011 verkauften sie es nach zehn Jahren Verhandlung an die Gemeinde Bad Wiessee, die es bereits seit 2001 von ihnen gepachtet hatte. 2018 wurde der Gebäudekomplex des ehemaligen niederländischen Jod-Schwefelbads Bad Wiessee nahezu komplett abgerissen. Fotografien vermitteln noch einen Eindruck davon, wie es vor dem Abriss zuletzt aussah. Stehengeblieben ist die 1935 erbaute „Wandelhalle“ und ein achteckiges weißes kleines Haus. Der Ort, an dem es steht, ist geschichtsträchtig. Denn genau an dieser Stelle wurde 1909 erstmals Jod-Schwefelwasser in Bad Wiessee gefunden und die erste Jod-Schwefelquelle erbohrt, die sog. „König Ludwig III. Quelle“. Ihrer Entdeckung ist es zu verdanken, dass sich Bad Wiessee zu einem einzigartigen und international berühmten Kurort entwickelte, der von Gästen aus aller Welt besucht wurde. (Station 3)
Adriaan Stoop – Ein Schatzgräber
Adriaan Stoop (Privatarchiv Allard Everts)
Vor dem Eingang des Jod-Schwefelbads steht eine imposante elegante Statue. Sie zeigt den Niederländer Adriaan Stoop (1856-1935), den Begründer des Jod-Schwefelbads. Diese aus früheren Zeiten stammende Statue wurde im Herbst 2020 als Zeichen der Erinnerung und des Gedenkens an den niederländischen Begründer hier aufgestellt.
Nicht nur der Name Adriaan Stoop ist in Bayern in Vergessenheit geraten, auch die Tatsache, dass es am Tegernsee, in Bad Wiessee, einstmals ein Fleckchen Niederlande in Bayern gab, ein von Niederländern geführtes Jod-Schwefelbad. Tatsächlich ist es dem 1856 in Dordrecht geborenen und 1935 in Bloemendaal verstorbenen Adriaan Stoop zu verdanken, dass Wiessee 1922 zu Bad Wiessee und einem international berühmten Kurort geworden ist. Stoop war ein „Schatzgräber“, einer der Mitgründer von Shell.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte der bekannte niederländische Bergbauingenieur und berühmte Begründer der Erdölindustrie in Indonesien, in Gemeinschaft mit seiner Gesellschaft, der „Doordtsche Petroleum Maatschappij“, zuerst groß angelegte, auf die Erschließung von Erdöl zielende Tiefbohrungen am Westufer des Tegernsees in Wiessee durch und wurde fündig. Wie kam es dazu?
Klein-Texas am Tegernsee von 1904 bis 1912
Das Vorkommen von Erdöl auf den Wiesen am Westufer hatten schon Mönche des örtlichen Benediktinerklosters Mitte des 15. Jahrhunderts entdeckt. Ehrfürchtig sammelten sie das „wundersame Heilöl“ ein. Nachdem sie es in einer dem heiligen Quirinus gewidmeten Kapelle in Wiessee geweiht hatten, brachten sie es unter der Bezeichnung „St. Quirinusöl“ als Heilmittel gegen allerlei Krankheiten von Mensch und Tier unters Volk. In Kombination mit dem festen Vertrauen auf Gott und den Heiligen soll es geradezu Wunder gewirkt haben. Es blieb der Chemieforschung späterer Zeit vorbehalten, das wundertätige Öl als gemeines Erdöl zu entlarven.
Nach der Säkularisation und der damit verbundenen Auflösung des Tegernseer Benediktinerklosters 1803 versuchte erst der Staat, gefolgt von Privatunternehmen, durch Anlage von Schächten und Stollen, später auch durch Tiefbohrungen, größere Mengen des Erdöls zu erschließen. Tatsächlich führten all diese Arbeiten aber zu keinem durchschlagenden Erfolg. Der letzte Versuch erfolgte von 1904 bis 1912 durch den Niederländer Adriaan Stoop.
Bohrtürme 1907 (Privatarchiv Allard Everts)
Im Oktober 1902 erfuhr Stoop durch einen Ingenieur, der die Bohrungen in Bad Wiessee in den 1880er-Jahren geleitet hatte, von Erdölvorkommen am Tegernsee. Stoop, der bekannt war als erfahrener Bergbauingenieur und berühmter Gründer der Ölindustrie in Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien, gelang es nach komplizierten Verhandlungen, die Bohrrechte in Bad Wiessee zu erwerben.
Empört war man damals im Tegernseer Tal, als bekannt wurde, dass die so oft gescheiterte Erdölsuche erneut aufgegriffen werden sollte – diesmal sogar von einer kapitalkräftigen und erfahrenen Gesellschaft aus den Niederlanden. Allen wurde klar, dass dieser letzte, ernsthafte Versuch über die Zukunft des Tals entscheiden würde.
Bohrung 1908 (Privatarchiv Allard Everts)
Ende 1904 erfolgte unter der Leitung von Adriaan Stoop durch die Doordtsche Petroleum Maatschappij die erste große Probebohrung in Bad Wiessee. Weitere Erdölbohrungen schlossen sich an. Zeitweise waren bis zu 60 Bohrmeister und Arbeiter beschäftigt. Am Ufer des Tegernsees wurden die Bohrtürme 1-6 errichtet. 1907 wurde an sechs Bohrstellen gleichzeitig gearbeitet. 1908 wurde am Bohrturm 5 dann sogar im Tegernsee selbst gebohrt, wenn auch erfolglos. Tatsächlich glich Bad Wiessee einem Klein-Texas.
Aus der damaligen Zeit sind Fotos und Landkarten überliefert, die genau zeigen, an welchen Stellen gebohrt wurde und wie es in Bad Wiessee aussah. 1907 wurde von Stoop auch die „Erste bayerische Petroleum Gesellschaft mbH“ gegründet. Bis 1912 förderte sie das Schwarze Gold zutage, auch wenn die ausgestoßenen Mengen vergleichsweise gering waren. Das Öl aus den produktiven Quellen wurde zuerst in Tankwagen nach Gmund transportiert. Ab 1910 dann sogar mit Hilfe einer Pipeline zu einer Tankanlage in der Nähe des Gmunder Bahnhofs geführt.
1910: Das Öl wird mit einer Pipeline nach Gmund gefördert (Privatarchiv Allard Everts).
Das Ende der Erdölära
Tatsächlich erwies sich der Ölhandel als teuer und kaum rentabel. Die erzielte Ausbeute an Erdöl war nicht groß genug, um die hohen Bohrspesen zu decken. 1912 stellte Adriaan Stoop die Arbeiten ein. Die Bevölkerung im Tegernseer Tal atmete erleichtert auf. Sie konnten sich nun wieder ihrer Fremdenverkehrsindustrie widmen, der die ungeliebten Tiefbohrungen bereits 1909 ungewollt einen neuen, absolut spektakulären Faktor hinzugefügt hatten: Als man am 27. Mai 1909 in Bohrloch 3 nach Erdöl bohrte, entdeckte man stattdessen eine Jod-Schwefelquelle. Dies läutete das Ende der Erdölära und den Beginn der Jod-Schwefelbadära in Bad Wiessee ein und führte dazu, dass sich Wiessee innerhalb von nur wenigen Jahren zu einem in In- wie Ausland berühmten Kurort entwickelte.
Der Spaziergang begibt sich auf die Spuren des früheren Jod-Schwefelbades und seines Begründers Adriaan Stoop. Er sucht Orte auf, die mit ihm und seinem Bad verbunden waren und noch heute Erinnerungsorte sind. Beginnen wir mit alten Werbeplakaten und Bildern, die im Terrassenhof in den 1930er-Jahren entstanden.
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Externe Links:
Alte Postkarten zum Jodschwefelbad Bad Wiessee
Das neue Jod-Schwefelbad Bad Wiessee wurde Ende Juni 2020 eröffnet. Gegenüber diesem sieht man ein eingezäuntes Abrissgebiet liegen. Auf dem Areal befand sich das frühere Jod-Schwefelbad, das über 100 Jahre lang in der Hand von niederländischen Eigentümern war. 2011 verkauften sie es nach zehn Jahren Verhandlung an die Gemeinde Bad Wiessee, die es bereits seit 2001 von ihnen gepachtet hatte. 2018 wurde der Gebäudekomplex des ehemaligen niederländischen Jod-Schwefelbads Bad Wiessee nahezu komplett abgerissen. Fotografien vermitteln noch einen Eindruck davon, wie es vor dem Abriss zuletzt aussah. Stehengeblieben ist die 1935 erbaute „Wandelhalle“ und ein achteckiges weißes kleines Haus. Der Ort, an dem es steht, ist geschichtsträchtig. Denn genau an dieser Stelle wurde 1909 erstmals Jod-Schwefelwasser in Bad Wiessee gefunden und die erste Jod-Schwefelquelle erbohrt, die sog. „König Ludwig III. Quelle“. Ihrer Entdeckung ist es zu verdanken, dass sich Bad Wiessee zu einem einzigartigen und international berühmten Kurort entwickelte, der von Gästen aus aller Welt besucht wurde. (Station 3)
Adriaan Stoop – Ein Schatzgräber
Adriaan Stoop (Privatarchiv Allard Everts)
Vor dem Eingang des Jod-Schwefelbads steht eine imposante elegante Statue. Sie zeigt den Niederländer Adriaan Stoop (1856-1935), den Begründer des Jod-Schwefelbads. Diese aus früheren Zeiten stammende Statue wurde im Herbst 2020 als Zeichen der Erinnerung und des Gedenkens an den niederländischen Begründer hier aufgestellt.
Nicht nur der Name Adriaan Stoop ist in Bayern in Vergessenheit geraten, auch die Tatsache, dass es am Tegernsee, in Bad Wiessee, einstmals ein Fleckchen Niederlande in Bayern gab, ein von Niederländern geführtes Jod-Schwefelbad. Tatsächlich ist es dem 1856 in Dordrecht geborenen und 1935 in Bloemendaal verstorbenen Adriaan Stoop zu verdanken, dass Wiessee 1922 zu Bad Wiessee und einem international berühmten Kurort geworden ist. Stoop war ein „Schatzgräber“, einer der Mitgründer von Shell.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte der bekannte niederländische Bergbauingenieur und berühmte Begründer der Erdölindustrie in Indonesien, in Gemeinschaft mit seiner Gesellschaft, der „Doordtsche Petroleum Maatschappij“, zuerst groß angelegte, auf die Erschließung von Erdöl zielende Tiefbohrungen am Westufer des Tegernsees in Wiessee durch und wurde fündig. Wie kam es dazu?
Klein-Texas am Tegernsee von 1904 bis 1912
Das Vorkommen von Erdöl auf den Wiesen am Westufer hatten schon Mönche des örtlichen Benediktinerklosters Mitte des 15. Jahrhunderts entdeckt. Ehrfürchtig sammelten sie das „wundersame Heilöl“ ein. Nachdem sie es in einer dem heiligen Quirinus gewidmeten Kapelle in Wiessee geweiht hatten, brachten sie es unter der Bezeichnung „St. Quirinusöl“ als Heilmittel gegen allerlei Krankheiten von Mensch und Tier unters Volk. In Kombination mit dem festen Vertrauen auf Gott und den Heiligen soll es geradezu Wunder gewirkt haben. Es blieb der Chemieforschung späterer Zeit vorbehalten, das wundertätige Öl als gemeines Erdöl zu entlarven.
Nach der Säkularisation und der damit verbundenen Auflösung des Tegernseer Benediktinerklosters 1803 versuchte erst der Staat, gefolgt von Privatunternehmen, durch Anlage von Schächten und Stollen, später auch durch Tiefbohrungen, größere Mengen des Erdöls zu erschließen. Tatsächlich führten all diese Arbeiten aber zu keinem durchschlagenden Erfolg. Der letzte Versuch erfolgte von 1904 bis 1912 durch den Niederländer Adriaan Stoop.
Bohrtürme 1907 (Privatarchiv Allard Everts)
Im Oktober 1902 erfuhr Stoop durch einen Ingenieur, der die Bohrungen in Bad Wiessee in den 1880er-Jahren geleitet hatte, von Erdölvorkommen am Tegernsee. Stoop, der bekannt war als erfahrener Bergbauingenieur und berühmter Gründer der Ölindustrie in Niederländisch-Indien, dem heutigen Indonesien, gelang es nach komplizierten Verhandlungen, die Bohrrechte in Bad Wiessee zu erwerben.
Empört war man damals im Tegernseer Tal, als bekannt wurde, dass die so oft gescheiterte Erdölsuche erneut aufgegriffen werden sollte – diesmal sogar von einer kapitalkräftigen und erfahrenen Gesellschaft aus den Niederlanden. Allen wurde klar, dass dieser letzte, ernsthafte Versuch über die Zukunft des Tals entscheiden würde.
Bohrung 1908 (Privatarchiv Allard Everts)
Ende 1904 erfolgte unter der Leitung von Adriaan Stoop durch die Doordtsche Petroleum Maatschappij die erste große Probebohrung in Bad Wiessee. Weitere Erdölbohrungen schlossen sich an. Zeitweise waren bis zu 60 Bohrmeister und Arbeiter beschäftigt. Am Ufer des Tegernsees wurden die Bohrtürme 1-6 errichtet. 1907 wurde an sechs Bohrstellen gleichzeitig gearbeitet. 1908 wurde am Bohrturm 5 dann sogar im Tegernsee selbst gebohrt, wenn auch erfolglos. Tatsächlich glich Bad Wiessee einem Klein-Texas.
Aus der damaligen Zeit sind Fotos und Landkarten überliefert, die genau zeigen, an welchen Stellen gebohrt wurde und wie es in Bad Wiessee aussah. 1907 wurde von Stoop auch die „Erste bayerische Petroleum Gesellschaft mbH“ gegründet. Bis 1912 förderte sie das Schwarze Gold zutage, auch wenn die ausgestoßenen Mengen vergleichsweise gering waren. Das Öl aus den produktiven Quellen wurde zuerst in Tankwagen nach Gmund transportiert. Ab 1910 dann sogar mit Hilfe einer Pipeline zu einer Tankanlage in der Nähe des Gmunder Bahnhofs geführt.
1910: Das Öl wird mit einer Pipeline nach Gmund gefördert (Privatarchiv Allard Everts).
Das Ende der Erdölära
Tatsächlich erwies sich der Ölhandel als teuer und kaum rentabel. Die erzielte Ausbeute an Erdöl war nicht groß genug, um die hohen Bohrspesen zu decken. 1912 stellte Adriaan Stoop die Arbeiten ein. Die Bevölkerung im Tegernseer Tal atmete erleichtert auf. Sie konnten sich nun wieder ihrer Fremdenverkehrsindustrie widmen, der die ungeliebten Tiefbohrungen bereits 1909 ungewollt einen neuen, absolut spektakulären Faktor hinzugefügt hatten: Als man am 27. Mai 1909 in Bohrloch 3 nach Erdöl bohrte, entdeckte man stattdessen eine Jod-Schwefelquelle. Dies läutete das Ende der Erdölära und den Beginn der Jod-Schwefelbadära in Bad Wiessee ein und führte dazu, dass sich Wiessee innerhalb von nur wenigen Jahren zu einem in In- wie Ausland berühmten Kurort entwickelte.
Der Spaziergang begibt sich auf die Spuren des früheren Jod-Schwefelbades und seines Begründers Adriaan Stoop. Er sucht Orte auf, die mit ihm und seinem Bad verbunden waren und noch heute Erinnerungsorte sind. Beginnen wir mit alten Werbeplakaten und Bildern, die im Terrassenhof in den 1930er-Jahren entstanden.
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