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Hedwig Courths-Mahler mit Friede Birkner (l.) und Margarete Elzer (r.) (Hedwig Courths-Mahler-Archiv - Stadt Nebra)

Birknerweg: Früheres Wohnhaus von Friede Birkner

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Friede Birkner als alte Frau an ihrer Schreibmaschine (Gemeindearchiv Rottach-Egern)

Die Bestsellerautorin Friede Birkner wohnte im heutigen Birknerweg 6 in Rottach-Egern. Früher hieß dieser Weg Birkenweg. Tatsächlich wurde er Friede Birkner zu Ehren in Birknerweg umgetauft. 1980, fünf Jahre vor ihrem Tod, hatte sie ihren Grundbesitz bereits der Gemeinde Rottach-Egern geschenkt. Nach ihrem Tod riss die Gemeinde ihr Haus ab und baute auf dem Grundstück neue Häuser. Die Seitenstraße dorthin hat den Namen Birknerweg erhalten.

Friede Birkners Biographie über Hedwig Courths-Mahler

Nach dem Tod von Hedwig Courths-Mahler wurden Margarete Elzer und Friede Birkner von der Presse immer wieder zum Leben ihrer Mutter, über das Mengen an Lügen und Legenden kursierten, befragt.

Mehr und mehr wurde es Friede Birkners Plan, nicht nur diese Lügen zu korrigieren, sondern zugleich darzustellen, wie ihrer Mutter der kometenhafte Aufstieg von ganz unten zur weitverbreitetsten Autorin des 20. Jahrhunderts gelungen war. Und so fing sie in den 1970er-Jahren an, eine Biografie über ihre Mutter zu schreiben. Leider ist diese Biografie, die Birkner am Ende ihres Lebens schrieb, vor ihrem Tod nicht mehr fertig geworden. Das Manuskript endet mit dem Jahr 1933. Allerdings finden sich am Ende stichwortartig die Kapitel und Abschnitte aufgelistet, die sie noch schreiben wollte. Zum Beispiel darüber, dass während des Zweiten Weltkrieges auf dem Gelände des „Mutterhofes“ eine Militärmaschine abstürzte, wobei viele Soldaten verwundet wurden, einige schwer und drei sofort tot waren, und welche weiteren Ereignisse dieser Absturz nach sich zog: Die Schwerverwundeten wurden zuerst im Mutterhof untergebracht und erst Tage später durch das Militär abgeholt. Dann tauchte auch die SS dort auf. Margarete Elzer geriet wegen des Flugzeugabsturzes unter Spionageverdacht, zumal sie zuerst den Bürgermeister und nicht die SS informiert hatte. Friede Birkner wurde verhaftet und ihre Villa während ihrer Haftzeit mit Egerländer Flüchtlingen und Flüchtlingen aus München belegt.

Das überlieferte Manuskript hat Prof. Dr. Gunnar Müller-Waldeck in Verbindung mit dem Hedwig Courths-Mahler-Archiv Nebra zum 50. Todestag der Schriftstellerin 2017 u.d.T. Friede Birkner: Unsere Mutter Hedwig Courths-Mahler. Erlebtes. Erzähltes. Erinnertes herausgegeben und mit einem Nachwort versehen. Tatsächlich ist diese Biografie, dieses Erinnerungsbuch, in dem Birkner Überliefertes und Selbsterlebtes mit vielen Anekdoten verknüpft, ein faszinierendes Buch und die persönlich-intimste Darstellung der Lebensumstände der Erfolgsschriftstellerin Hedwig Courths-Mahler und ihrer beiden Töchter. Auch deshalb, weil Birkner darin dem Erfolg und den Geheimnissen des mütterlichen Schreibens auf den Grund geht.

Exlibris von Hedwig Courths-Mahler (Hedwig Courths-Mahler-Archiv - Stadt Nebra)

Worauf beruhte der Erfolg von Hedwig Courths-Mahler?

Wie ein Leitmotiv zieht sich durch Friede Birkners Buch die Frage, wie Hedwig Courths-Mahler wurde, was sie war. Jede Lebensphase der Mutter betrachtet Birkner unter diesem Aspekt, erzählt, wie auch die Literarische Welt in Berlin die große Erfolgsautorin 1927/28 darum bat, Stellung zum Geheimnis ihrer Massenwirkung und Popularität zu nehmen. Die Antwort ihrer Mutter lautete damals so:

Wahrscheinlich habe ich deshalb Erfolg gehabt, weil ich zu meinen Lesern in meiner einfachen, unkomplizierten Sprache rede, weil ich ihnen bringe, was sie leicht begreifen können, was ihnen keine schweren Probleme aufgibt und was ihnen Freude und Behagen schafft. Wenn der Autor zum Volke redet, muß er ihm geben, was des Volkes ist. Redet er hingegen zu den hochgeistigen, literarisch anspruchsvollen Lesern, so muß er denen bringen, was sie wünschen. 

(Birkner, Unsere Mutter, S. 106)

Friede Birkner erklärte den mütterlichen Erfolg noch etwas anders. Nämlich damit, dass Courths-Mahler viele „soziale Probleme“ angefasst habe, insbesondere Probleme der berufstätigen Frau, deren Arbeit weniger anerkannt werde als die der Männer, obwohl sie mehr Können besaßen als ihre Kollegen:

Wer sich die Mühe macht, Mutters Romane nach solchen Handlungen durchzusehen, wird genau erkennen, dass sie stets ein Problem der berufstätigen Frau, nicht nur eine Handlung zur Grundlage nahm. Kaum eine ihrer Heldinnen war reich, glücklich, verschwenderisch – immer eine Frau, ein Mädchen, das sich gehörig mit dem Leben herumschlagen musste und durch ihre berufliche Tüchtigkeit erst dann in die sogenannten Kreise kam, dort dem Manne begegnete, den sie liebte, heimlich, anbetend – er war ja aus der fernen, anderen Welt – und was Mutter besonders heranzog, das war menschliche Güte und Verstehen der „Heldenfigur“, Güte des Mannes, das erschien ihr das Größte, Wichtigste. 

(Birkner, Unsere Mutter, S. 67)

Dass Courths-Mahler ihre Heldinnen überhaupt in die Berufswelt schickte und Geld verdienen ließ, war zu einem Zeitpunkt, da auch deutsche Frauenrechtlerinnen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts sich massiv für die Erwerbstätigkeit und gleiche Entlohnung von Frauen einsetzten, das Fortschrittliche. Courths-Mahlers Botschaft lautete: Eine Frau, die nicht ihr eigenes Geld verdient, ist jedem (schlechten) Mann ausgeliefert.

Courths-Mahlers Emanzipation strebte weg aus Armut und Elend, weg von Männern, die die Kreativität von Frauen herabsetzten und finanziell nicht würdigten. Unerreicht bis heute blieb ihr schriftstellerischer Fleiß. Während ihrer rund 35 Schaffensjahre schrieb sie im Durchschnitt jedes Jahr ca. 4,8 Romane. Mit dem Erfolg stieg auch ihr Selbstbewusstsein. Aus dem aus ärmlichen Verhältnissen kommenden (unehelichen) Kind wurde eine selbstsichere, selbstbewusste Frau. Das bekamen auch ihre Verleger zu spüren. Erhielt sie für ihren ersten Erfolgsroman Die wilde Ursula noch lächerliche 345 Mark Pauschalhonorar, so wusste sie – vor allem nach der Inflation 1923 – um ihren Wert und ließ sich von niemanden mehr ausnutzen und herabsetzen.

Der Mutterhof (Innenansicht). Foto: Hans-Herbert Perlinger (Museum Tegernseer Tal)

Zu guter Letzt: Hedwig Courths-Mahlers lebensphilosophische Aphorismen

Unter Hedwig Courths-Mahler mal anders erging im Delphin Band Nr. 566 an die Leserschaft die Frage, ob den begeisterten Anhängern von Hedwig Courths-Mahler jemals bei der Lektüre ihrer Bücher ihre lebensphilosophischen Aphorismen aufgefallen seien, von denen die Meisterautorin immer jeweils einen in ihren Büchern verwendet habe. Es waren folgende Sätze, welche die Delphin-Redaktion damals als Courths-Mahler-Aphorismen präsentierte:

Um Geld läßt man doch kein Menschenleben zugrunde gehen

Der Name des anderen ist dir ein anvertrautes Gut

Zur Liebe kann sich kein Mensch zwingen

Nicht den Jammer über sich Herr werden lassen

Schönheit ist eine Gabe der Natur, man sollte sie nicht als Verdienst anrechnen

Wenn man erst über seine Schmerzen sprechen kann, sind sie schon halb überwunden

Wenn aber dem Leben der Frau die Liebe fehlt, dann fehlt ihm die Sonne

Wer behauptet hat, daß er in seinem Leben, nicht ein einziges Mal eine falsche Karte ausgespielt hat, der lügt

Nur wer ganz in einem anderen Menschen aufgehen kann, ist vollkommen glücklich

Eine Lüge bleibt nie allein.

 

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Verfasst von: TELITO / Dr. Ingvild Richardsen