Überfahrtstr. 3: Hotel Malerwinkel (früh. Slezakhaus)
Nicht weit entfernt vom Ganghofer-Haus liegt das heutige Hotel Malerwinkel. Vom Ganghofer-Haus am Egerer Spitz erreicht man es in wenigen Minuten, wenn man der Seepromenade in Richtung Ortsmitte folgt. Das Hotel Malerwinkel ist das frühere Haus des zu seiner Zeit berühmten Tenors und Weltstars Leo Slezak (1843-1946).
Auch mit Leo Slezak und seiner Familie stand die Familie Dispeker in engem Kontakt. In ihren Lebenserinnerungen und ihren Erinnerungen über ihre Vorlieben in Musik erzählt Grete Weil von der Freundschaft ihrer Familie mit den Slezaks. Auch von Leo Slezak stammende Postkarten und Briefe an die Dispekers sind überliefert.
Die kometenhafte Karriere des Leo Slezak
Das Leben von Leo Slezak und seine berufliche Laufbahn gelten als einmalig, als Sensation.
1873 in Mähren-Schönburg geboren wuchs er als kleiner Junge in armen Verhältnissen in Brünn auf. Er lernte erst Gärtner und machte dann eine 3-jährige Ausbildung als Maschinenschlosser. Weitere berufliche Stationen als Soldat, Schreiber in einer Anwaltskanzlei und Agent für Pflaumenmus schlossen sich an. Als ein Musiker dem jungen Leo Slezak Gesangsstunden finanzierte, wendete sich sein Leben radikal. Leo absolvierte erfolgreich ein Probesingen und wurde mit 19 Jahren sofort als Tenor ans Brünner Theater engagiert. Hier studierte er mit großer Begeisterung alle bedeutenden Tenorrollen ein. Mit 22 Jahren wurde er an die kgl. Oper nach Berlin berufen, ein Jahr darauf weiter nach Breslau. 1901 ging es steil aufwärts weiter: Leo Slezak wurde unter Gustav Mahler an der Wiener Hofoper engagiert. 34 Jahre blieb er hier. Zwischendurch war er in der ganzen Welt auf Tourneen unterwegs. Auch auf eigenen Wunsch verließ er 1934 mit 61 Jahren als Othello die Bühne. Eine zweite Karriere schloss sich an. Erfolgreich arbeitete er fortan als Komiker und Filmschauspieler, prägte den Beginn der deutschen Filmgeschichte und arbeitete mit so bekannten Schauspielern wie Zarah Leander, Hans Moser oder Hans Albers zusammen. Er starb am 1. Juni 1946 in Rottach-Egern, wo er auch begraben ist.
Slezak-Haus mit Familie Slezak im Vordergrund. Aus: Hans Halmbacher: Das Tegernseer Tal in historischen Bildern. 3 Bde. Fuchs-Druck, Hausham 1980-87 (Sammlung Hans Halmbacher)
Leo Slezaks „Blumenhäusl“
Seit 1910 besaß Leo Slezak ein Haus am Tegernsee. In diesem Jahr kaufte er sich den „Schormann-Hof“ in der Überfahrtstraße 3 für 60.000 Mark. Er erwarb noch einen Hektar Grund dazu und baute den Hof um. Zuvor war er bereits einige Jahre Sommergast gewesen im benachbarten „Fischerweberhof“. Sein eigenes Haus nannte er fortan „Blumenhäusl“. Zuerst diente es ihm nur als Sommerhaus für einige Ferienwochen, später hielt Leo Slezak sich ständig in seinem Egerer Domizil auf. Heute ist das frühere Slezak-Haus ein Hotel und gehört Josef Höß.
Leo Slezak schrieb in seinem letzten Buch über sein Haus:
Ich wurde gefragt: „Welcher Ort der Welt ist der schönste?“ Ich antworte: Mein kleines Haus am Tegernsee ist schöner als Venedig, Salzburg, San Franzisko und Hollywood zusammengenommen. Ich habe die ganze Welt gesehen und viel Schönes besichtigt, aber schöner als der Marktplatz und der Prater und die Havelseen ist mein Zimmer, wo mein Kanari herumfliegt, sich auf meinen Kopf setzt, in meinem Trinkwasser badet und meine kostbaren Manuskripte bespritzt. Fremde Länder und Städte sind köstlich, der Erfolg und der Applaus sind herrlich, aber nichts ist so schöne Musik wie das Rauschen des Windes in „meinen Bäumen“, wie das beglückte Bellen meiner Hunde und das Zwitschern der Vögel in meinem Garten.
(Mein Lebensmärchen, S. 204)
Steckbrief
Sepp Höß, der Vater von Josef Höß, hat den Sänger als kleiner Junge noch persönlich kennengelernt und ihn als einen Mann von 2 Metern Größe und über 145 Kilogramm Gewicht beschrieben. Tatsächlich war Leo Slezak eine imposante, mächtige Erscheinung. Er hat sich in seinem Steckbrief humorvoll selbst so beschrieben:
Ich bin 1 Meter 95 groß, imposant in der Erscheinung und, wie alle Bedeutenden, vollschlank. Augen: tegernseeblau. Schuhgröße: Als dem Friedensvertrag von Versailles alle Schlachtschiffe abgeliefert werden mußten, hat man mir meine Galoschen weggenommen, weil man sie für die kleinere Type eines unbemannten Unterseebootes hielt.
(zit. n. Alexander von Müller: Künstler am Tegernsee, Leo Slezak, S. 58)
Memoiren
Wenig bekannt ist, dass Leo Slezak auch als Schriftsteller in Erscheinung getreten ist. In stark autobiografisch geprägten Erinnerungsbüchern hat er sein Leben geschildert: Meine sämtlichen Werke, Der Wortbruch, Rückfall und Mein Lebensmärchen sind zugleich spannende Spiegel der musikalischen Zeitgeschichte. Leo Slezak liefert einzigartige Beschreibungen von seinen Erlebnissen auf der Bühne, in Opernbetrieben, Konzertsälen, mit Intendanten und Kapellmeistern seiner Zeit.
Leo Slezak. Aus: Hans Halmbacher: Das Tegernseer Tal in historischen Bildern. 3 Bde. Fuchs-Druck, Hausham 1980-87 (Sammlung Hans Halmbacher)
Leo Slezaks Einfluss auf Grete Weil
Wie Grete Weil in ihren Lebenserinnerungen erzählt, war der Heldentenor der Wiener Oper Leo Slezak die Stimme ihrer Kindheit und Jugend. Am Geburtstag ihrer Mutter musizierte er immer mit ihr:
Wenn er, der einen Tag vor ihr Geburtstag hatte zu ihr kam, sang er ihr, die ihn am Klavier begleitete, ein Lied. Meist war es Der Lenz von Hildach, ein schreckliches Kitschstück, mit dem er das hohe C herausschmettern konnte, aber manchmal sang er auch – und das beglückte mich – den Lindenbaum. Ich war tief gerührt, als ich vor einigen Jahren im Residenztheater – in dem nach Thomas Manns Zauberberg geschickt zusammengestellten Stück Fülle des Wohllautes die Slezak-Platte mit dem Lindenbaum – die Stimme meiner Kindheit und Jugend wiederhörte.
(Grete Weil: Leb ich denn, wenn andere leben, S. 24)
In den Erinnerungen über ihre Vorlieben in Musik berichtet sie, dass sein Sohn Walter, ein späterer bekannter Hollywood-Schauspieler, ihre erste Liebe war. Sie erzählt, wie Leo Slezaks Stimme für sie zum absoluten musikalischen Maßstab wurde, dadurch, dass sie am Geburtstag der Mutter immer von ihm den Lenz von Hildach hörte, aber auch Schubertlieder und Arien von Wagner:
Sein Sohn Walter, später ein bekannter Filmschauspieler in Hollywood, wo er, fett geworden mit Vorliebe Naziverbrecher spielte, war damals ein schöner, schlanker Junge und meine erste Liebe. An jedem 17. August kam Onkel Leo, wie ich ihn nannte, zu uns und sang für meine Mutter zu ihrem Geburtstag den Lenz von Hildach. Sie begleitete ihn auf dem Klavier. Dieses Lied, einen Schmachtfetzen, brachte er in jedem Konzert als Dreingabe und das Publikum raste vor Begeisterung, wenn er das hohe C herausschmetterte. Natürlich hatten wir den Lenz auch auf einer Platte, aber ich liess lieber andere von Slezak laufen, Schubertlieder zum Beispiel, aber auch grosse Arien, die Gralserzählung, Walters Preislied und vor allem Othellos Tod.
Diese Stimme, die ich so oft hörte, hat mich in gewisser Weise geprägt: ihr süsser Schmelz und ihre strahlende Kraft wurden für mich zum Masstab den kein anderer Tenor mehr erreichte.
(Erinnerungen über ihre Vorlieben in Musik, S. 4)
Wie Grete Weil in ihren Erinnerungen an Max Mohr berichtet, war es die Badehütte von Leo Slezaks Haus, von der aus sie immer in den Tegernsee schwimmen ging:
Wir wußten voneinander, daß wir bis tief hinein in den Herbst jeden Tag schwimmen gingen, er vom Schweighof aus, ich von der Badehütte des mit uns befreundeten Sängers Leo Slezak, und da die zwei Plätze zu weit auseinander lagen, trafen wir uns im Wasser nie.
(Grete Weil: Erinnerungen an Max Mohr, S. 1)
Nicht weit entfernt vom Ganghofer-Haus liegt das heutige Hotel Malerwinkel. Vom Ganghofer-Haus am Egerer Spitz erreicht man es in wenigen Minuten, wenn man der Seepromenade in Richtung Ortsmitte folgt. Das Hotel Malerwinkel ist das frühere Haus des zu seiner Zeit berühmten Tenors und Weltstars Leo Slezak (1843-1946).
Auch mit Leo Slezak und seiner Familie stand die Familie Dispeker in engem Kontakt. In ihren Lebenserinnerungen und ihren Erinnerungen über ihre Vorlieben in Musik erzählt Grete Weil von der Freundschaft ihrer Familie mit den Slezaks. Auch von Leo Slezak stammende Postkarten und Briefe an die Dispekers sind überliefert.
Die kometenhafte Karriere des Leo Slezak
Das Leben von Leo Slezak und seine berufliche Laufbahn gelten als einmalig, als Sensation.
1873 in Mähren-Schönburg geboren wuchs er als kleiner Junge in armen Verhältnissen in Brünn auf. Er lernte erst Gärtner und machte dann eine 3-jährige Ausbildung als Maschinenschlosser. Weitere berufliche Stationen als Soldat, Schreiber in einer Anwaltskanzlei und Agent für Pflaumenmus schlossen sich an. Als ein Musiker dem jungen Leo Slezak Gesangsstunden finanzierte, wendete sich sein Leben radikal. Leo absolvierte erfolgreich ein Probesingen und wurde mit 19 Jahren sofort als Tenor ans Brünner Theater engagiert. Hier studierte er mit großer Begeisterung alle bedeutenden Tenorrollen ein. Mit 22 Jahren wurde er an die kgl. Oper nach Berlin berufen, ein Jahr darauf weiter nach Breslau. 1901 ging es steil aufwärts weiter: Leo Slezak wurde unter Gustav Mahler an der Wiener Hofoper engagiert. 34 Jahre blieb er hier. Zwischendurch war er in der ganzen Welt auf Tourneen unterwegs. Auch auf eigenen Wunsch verließ er 1934 mit 61 Jahren als Othello die Bühne. Eine zweite Karriere schloss sich an. Erfolgreich arbeitete er fortan als Komiker und Filmschauspieler, prägte den Beginn der deutschen Filmgeschichte und arbeitete mit so bekannten Schauspielern wie Zarah Leander, Hans Moser oder Hans Albers zusammen. Er starb am 1. Juni 1946 in Rottach-Egern, wo er auch begraben ist.
Slezak-Haus mit Familie Slezak im Vordergrund. Aus: Hans Halmbacher: Das Tegernseer Tal in historischen Bildern. 3 Bde. Fuchs-Druck, Hausham 1980-87 (Sammlung Hans Halmbacher)
Leo Slezaks „Blumenhäusl“
Seit 1910 besaß Leo Slezak ein Haus am Tegernsee. In diesem Jahr kaufte er sich den „Schormann-Hof“ in der Überfahrtstraße 3 für 60.000 Mark. Er erwarb noch einen Hektar Grund dazu und baute den Hof um. Zuvor war er bereits einige Jahre Sommergast gewesen im benachbarten „Fischerweberhof“. Sein eigenes Haus nannte er fortan „Blumenhäusl“. Zuerst diente es ihm nur als Sommerhaus für einige Ferienwochen, später hielt Leo Slezak sich ständig in seinem Egerer Domizil auf. Heute ist das frühere Slezak-Haus ein Hotel und gehört Josef Höß.
Leo Slezak schrieb in seinem letzten Buch über sein Haus:
Ich wurde gefragt: „Welcher Ort der Welt ist der schönste?“ Ich antworte: Mein kleines Haus am Tegernsee ist schöner als Venedig, Salzburg, San Franzisko und Hollywood zusammengenommen. Ich habe die ganze Welt gesehen und viel Schönes besichtigt, aber schöner als der Marktplatz und der Prater und die Havelseen ist mein Zimmer, wo mein Kanari herumfliegt, sich auf meinen Kopf setzt, in meinem Trinkwasser badet und meine kostbaren Manuskripte bespritzt. Fremde Länder und Städte sind köstlich, der Erfolg und der Applaus sind herrlich, aber nichts ist so schöne Musik wie das Rauschen des Windes in „meinen Bäumen“, wie das beglückte Bellen meiner Hunde und das Zwitschern der Vögel in meinem Garten.
(Mein Lebensmärchen, S. 204)
Steckbrief
Sepp Höß, der Vater von Josef Höß, hat den Sänger als kleiner Junge noch persönlich kennengelernt und ihn als einen Mann von 2 Metern Größe und über 145 Kilogramm Gewicht beschrieben. Tatsächlich war Leo Slezak eine imposante, mächtige Erscheinung. Er hat sich in seinem Steckbrief humorvoll selbst so beschrieben:
Ich bin 1 Meter 95 groß, imposant in der Erscheinung und, wie alle Bedeutenden, vollschlank. Augen: tegernseeblau. Schuhgröße: Als dem Friedensvertrag von Versailles alle Schlachtschiffe abgeliefert werden mußten, hat man mir meine Galoschen weggenommen, weil man sie für die kleinere Type eines unbemannten Unterseebootes hielt.
(zit. n. Alexander von Müller: Künstler am Tegernsee, Leo Slezak, S. 58)
Memoiren
Wenig bekannt ist, dass Leo Slezak auch als Schriftsteller in Erscheinung getreten ist. In stark autobiografisch geprägten Erinnerungsbüchern hat er sein Leben geschildert: Meine sämtlichen Werke, Der Wortbruch, Rückfall und Mein Lebensmärchen sind zugleich spannende Spiegel der musikalischen Zeitgeschichte. Leo Slezak liefert einzigartige Beschreibungen von seinen Erlebnissen auf der Bühne, in Opernbetrieben, Konzertsälen, mit Intendanten und Kapellmeistern seiner Zeit.
Leo Slezak. Aus: Hans Halmbacher: Das Tegernseer Tal in historischen Bildern. 3 Bde. Fuchs-Druck, Hausham 1980-87 (Sammlung Hans Halmbacher)
Leo Slezaks Einfluss auf Grete Weil
Wie Grete Weil in ihren Lebenserinnerungen erzählt, war der Heldentenor der Wiener Oper Leo Slezak die Stimme ihrer Kindheit und Jugend. Am Geburtstag ihrer Mutter musizierte er immer mit ihr:
Wenn er, der einen Tag vor ihr Geburtstag hatte zu ihr kam, sang er ihr, die ihn am Klavier begleitete, ein Lied. Meist war es Der Lenz von Hildach, ein schreckliches Kitschstück, mit dem er das hohe C herausschmettern konnte, aber manchmal sang er auch – und das beglückte mich – den Lindenbaum. Ich war tief gerührt, als ich vor einigen Jahren im Residenztheater – in dem nach Thomas Manns Zauberberg geschickt zusammengestellten Stück Fülle des Wohllautes die Slezak-Platte mit dem Lindenbaum – die Stimme meiner Kindheit und Jugend wiederhörte.
(Grete Weil: Leb ich denn, wenn andere leben, S. 24)
In den Erinnerungen über ihre Vorlieben in Musik berichtet sie, dass sein Sohn Walter, ein späterer bekannter Hollywood-Schauspieler, ihre erste Liebe war. Sie erzählt, wie Leo Slezaks Stimme für sie zum absoluten musikalischen Maßstab wurde, dadurch, dass sie am Geburtstag der Mutter immer von ihm den Lenz von Hildach hörte, aber auch Schubertlieder und Arien von Wagner:
Sein Sohn Walter, später ein bekannter Filmschauspieler in Hollywood, wo er, fett geworden mit Vorliebe Naziverbrecher spielte, war damals ein schöner, schlanker Junge und meine erste Liebe. An jedem 17. August kam Onkel Leo, wie ich ihn nannte, zu uns und sang für meine Mutter zu ihrem Geburtstag den Lenz von Hildach. Sie begleitete ihn auf dem Klavier. Dieses Lied, einen Schmachtfetzen, brachte er in jedem Konzert als Dreingabe und das Publikum raste vor Begeisterung, wenn er das hohe C herausschmetterte. Natürlich hatten wir den Lenz auch auf einer Platte, aber ich liess lieber andere von Slezak laufen, Schubertlieder zum Beispiel, aber auch grosse Arien, die Gralserzählung, Walters Preislied und vor allem Othellos Tod.
Diese Stimme, die ich so oft hörte, hat mich in gewisser Weise geprägt: ihr süsser Schmelz und ihre strahlende Kraft wurden für mich zum Masstab den kein anderer Tenor mehr erreichte.
(Erinnerungen über ihre Vorlieben in Musik, S. 4)
Wie Grete Weil in ihren Erinnerungen an Max Mohr berichtet, war es die Badehütte von Leo Slezaks Haus, von der aus sie immer in den Tegernsee schwimmen ging:
Wir wußten voneinander, daß wir bis tief hinein in den Herbst jeden Tag schwimmen gingen, er vom Schweighof aus, ich von der Badehütte des mit uns befreundeten Sängers Leo Slezak, und da die zwei Plätze zu weit auseinander lagen, trafen wir uns im Wasser nie.
(Grete Weil: Erinnerungen an Max Mohr, S. 1)