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Franziska zu Reventlow 1905 © Münchner Stadtmuseum, Fotomuseum

Münchner Freiheit: Schwabinger Brauerei

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Schwabinger Bräu 1930 © Stadtarchiv München DE-1992-FS-NL-KV-0645

Wer kann, feiert in München Fasching, bei Hofe, in den vielen Dachateliers und in den Künstlerkneipen. Ab 1893 organisiert die „Münchner Carnevals-Gesellschaft“ Umzüge, finanziert von den Brauereien. Die Boheme, Franziska zu Reventlow mittendrin, zieht von Kneipe zu Kneipe, besucht den Scharfrichterball, die Nachkirchweih, den Bauernball, die traditionelle Bauernkirchweih im Schwabinger Bräu und die Elendskirchweih beim Pullacher Rabenwirt. Zwischendurch wird geschlafen, wo einen die Müdigkeit gerade überfällt, und danach geht man zum Eislaufen auf den Kleinhesseloher See. „Es war eine selbstverständliche Zusammengehörigkeit der Teilnehmer einer solchen Münchener Gaudi; jeder tat, was ihm gefiel, befreundete sich, mit wem ihm die Unterhaltung paßte, und gab sich, wie er war.“ (Mühsam, Namen, S. 205)

Der Fasching zieht auch Franziska zu Reventlow in seinen Bann. In Ellen Olestjerne schildert sie ihre erste „Saison“:

[...] sie brannten alle darauf, etwas zu unternehmen. Aber keiner von ihnen hatte Geld, – Künstlerfeste und Redouten waren unerschwinglich, so gingen sie nur eines nachts ins Café Luitpold. Ellen hatte sich ein Clownskostüm geliehen, die Russin war auch maskiert, die übrigen alle in ihren gewöhnlichen Kleidern. Für Ellen war alles ganz neu, und sie stürzte sich Hals über Kopf hinein. [...] vergaß alles, trieb hierhin und dorthin und war völlig willenlos vor Freude. (S. 124f.)

Im Tagebuch erwähnt sie jeden Ball, an dem sie teilnimmt, z.B. am 8. Februar 1899:

Gestern der Ball. Einfach gerast und selig. O das war schön, die alte Lebensfreude, das Gefühl wieder einmal ganz drunter zu sein nach dem vielen Einsiedle[r]tum. Die Metger Bubi behütet u. etwas erstaunt als ich erst um 7 heimkam, von einer ganzen Horde mit Musik begleitet. (S. 112)

Und ein Jahr später, nach schweren Zeiten: „Dazwischen der Bauernball. Das Leben ist ein Narrentanz, ein Affentheater.“ (S. 138)

Das Antikenfest 1903 © Münchner Stadtmuseum, Hoerschelmann-Archiv Signatur 63/11118. Vorne links: Franziska zu Reventlow; Mitte: Stefan George; hinten: Karl Wolfskehl (mit Bart).

Einen Fasching anderer Art feiern die „Kosmiker“. Das berühmte Antikenfest findet am 22. Februar 1903 in Karl Wolfskehls Wohnung statt. Franziska zu Reventlow beschreibt es in Kapitel 11 von Herr Dame (S. 170-180) ausführlich als „[...] eine tiefe Entrücktheit aus der heutigen Welt.“ Delius [Schuler] erscheint als römische Matrone in schwarzen Gewändern. Der Professor [Wolfskehl] ist ein indischer Dionysos in purpurrotem Gewand mit Weinlaubkranz und einem langen goldenen Stab.

[…] mir fiel auf, daß er eigentlich ein schöner Mann ist mit seiner mächtigen Gestalt und dem dunkeln Bart. Er schien auch vielen Frauen gut zu gefallen, und er sah sie alle mit verzückten Blicken an, und fand sie alle namenlos schön. An Rauschfähigkeit fehlte es ihm sicher nicht, und er lebte ganz in seiner Rolle, wenn man es so nennen darf.

Den Meister [George] sieht sie zum ersten Mal, als Cäsar in weißer Toga und mit einem goldenen Kranz um die Stirn. Auch in den Blättern des Schwabinger Beobachters wird auf die Feste bei Wolfskehl Bezug genommen.

Franziska zu Reventlow macht zwar gerne bei den Festen und den „Jours“ bei Wolfskehls mit, kann diesen speziellen „Rausch“, den „Taumel“ aber nicht nachempfinden. Das zeigt eine kurze Notiz im Tagebuch: „Jetzt weiß ich ungefähr alles – weiß nicht warum ich das so miterlebe, sonst nicht meine Art.“ (S. 282) Sie feiert lieber anders, ungezwungen.

Jetzt nehmen Sie am besten an der Münchner Freiheit die U-Bahn bis zur Giselastraße, Ausgang Nord. Durch die Ohmstraße kommen Sie wieder in die Kaulbachstraße.

 


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Verfasst von: Monacensia im Hildebrandhaus / Adelheid Schmidt-Thomé