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Bertolt Brecht: Trommeln in der Nacht. Drama. München, Drei Masken Verlag, 1922. Exemplar des Theaterkritikers Bernhard Diebold (1886-1945). Privatbesitz.

Kaulbachstraße 63a (Studentenzimmer 2)

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Kaulbachstraße 63 und 63a (Neubau). Foto: Dirk Heißerer.

Die nächste nachweisbare Adresse Brechts in der Kaulbachstraße 63a/II [Abb. 8] bei Frau Krautloher (wohl die Gattin des im Adressbuch München aufgeführten Ausgehers Johann Krautloher) hat im Mai 1918 mit der Fertigstellung des ersten Brecht-Dramas Baal zu tun. An Hans Otto Münsterer wendet sich Brecht bereits ganz im Stil des Ideen und Anregungen sammelnden Autors, der Zuspruch braucht für seine Projekte: „Ich habe jetzt einen (guten?) Titel für den ‚Baal‘: / Baal frißt! Baal tanzt!! Baal verklärt sich!!! / Was meinen Sie dazu? Hätten Sie einen bessern? Einen Einfall zum ‚Baal‘? Sie sollten mir schreiben!“[17] Der wilde Baal ist neben anderem auch ein Kenner der freien, wilden Liebe und nimmt seinem Zögling Johannes gegenüber kein Blatt vor den Mund. Passenderweise wohnte Brecht damals nur ein Haus neben dem Haus Kaulbachstraße 63,[18] dem legendären „Eckhaus“ der Gräfin Franziska (Fanny) zu Reventlow, die dort zwischen 1903 und 1906 mit mehreren Männern zusammengewohnt hatte und hier auch ihren Schlüsselroman Herrn Dames Aufzeichnungen oder Begebenheiten aus einem merkwürdigen Stadtteil (1913) namens „Wahnmoching“ spielen lässt. Den späteren Ordensschwestern des Hauses Nr. 63a als Hüterinnen des katholischen Mädchenwohnheims „Ermelinda“ ist nachzusehen, dass sie zu Beginn der 1970-er-Jahre weder für die Wahnmoching-Reventlow noch für den Baal-Brecht eine Gedenktafel wünschten. (Die Gedenktafel für die Gräfin Reventlow befindet sich heute an der Nordseite des Neubaus Leopoldstraße 41, Supermarkt.) Nach dem Abriss des alten Ensembles Kaulbachstraße 63 und 63a und einem vielstöckigen Neubau ist heute eine Erinnerung an die Reventlow und Brecht nur noch mit Blick auf historische Fotos und die in der Umgebung erhalten gebliebenen Nachbarhäuser möglich. 

 


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[17] Ebenda, Bd. 28, Briefe 1, Nr. 37, S. 50f., hier S. 51.

[18] Vgl. Heißerer/Jung: Ortsbeschreibung (Anm. 5), S. 75-77.

Verfasst von: Dr. Dirk Heißerer