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Abb. 13: Waldfriedhof München. Grabmal Gustav Landauer (Alois Rödl, 1925). Abb. in: Wolf 1928 (wie Anm. 1), Tafel 20.

Gustav Landauer (Denkmal, Grabfeld 95, Grab: WAT 95-W-15, aufgelöst)

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Abb. 14: Waldfriedhof München. Denkmal Gustav Landauer (Markus Knittel, 2017). Foto: Dirk Heißerer

Die Revolution in Bayern begann euphorisch und endete katastrophal. Als der USPD-Politiker Kurt Eisner (1867-1919) am 8. November 1918 den Freistaat Bayern ausrief, schien mit dem Ende des Weltkriegs und des Feudalismus das proletarische Zeitalter beginnen zu können. Ein Arbeiter-, Bauern- und Soldatenrat ernannte Eisner zum Ministerpräsidenten und Außenminister der Revolutionsregierung, doch die ersten freien Wahlen gingen für die USPD krachend verloren. Am 21. Februar 1919 fiel Kurt Eisner in der damaligen Promenadestraße (heute Kardinal-Faulhaber-Straße) auf dem Weg zum Landtag in der Prannerstraße 8 (heute 20, Neubau), wo er seine Demission erklären wollte, dem Mordattentat eine rechtsextremen jungen Adeligen zum Opfer. Ein Bodendenkmal (Evamaria Lankes) erinnert seit 1989 an das damalige, folgenreiche Geschehen.

Bald nach dem Tod Eisners versuchten Anfang April 1919 die Schriftsteller Gustav Land­auer, Erich Mühsam und Ernst Toller mit der Ausrufung der Räterepublik Bayern ihre sozialen Ideale in politische Wirk­lichkeit umzusetzen. Aber die erneuerten reaktionären milita­ristischen Kräfte metzelten brutal und strate­gisch völlig überflüssig bei der Zerschlagung der Räterepu­blik im Mai und Juni 1919 in München Hunderte von Menschen wahl- und rechtlos nieder.

Eines der ersten Opfer wurde Anfang Mai im Gefängnis Stadelheim der Schriftsteller und führende deutsche Anarchist Gustav Landauer (1870-1919), „in dem die deutsche Revolution einen ihrer reinsten Menschen, einen ihrer großen Geister verlor“ (Ernst Toller). Als Kulturtheoretiker und Sprach­kritiker hatte Landauer die Vorstel­lung eines anarchi­stischen Sozialismus entwickelt, der sich entschieden sowohl gegen kapitalistische als auch gegen marxistische Herrschaftsfor­men wandte. Zwischen 1893 und 1899 war Gustav Landauer Mitherausgeber der Zeitschrift Der Sozialist. Organ für Anarchismus in Berlin, die von 1909 bis 1915 als Halbmonats­schrift unter Landauers Leitung als Organ des Sozialistischen Bundes wiedererschien. Der Freund Martin Bubers und Erich Mühsams arbeitete mit seiner Frau, der Lyrikerin Hedwig Lach­mann (1865-1918), auch als Übersetzer von Oscar Wilde, George Bernard Shaw und Walt Whitman. Er übertrug zudem Meister Eckarts mystische Schriften in unsere Sprache (1903) und hielt vielbeachtete Vorträge über die Dramen Shakespea­res. Von Eisner nach München gerufen, versuchte Landauer im Räte­system seine Vorstellungen politisch zu verwirklichen. Eisners Wahlniederlage und erst recht seine Ermordung bestärkten Landauer in dem Versuch, jetzt ganz auf die Räte zu setzen. Am 7. April 1919 konnte er seinem Freund Fritz Mauthner schreiben: „Die Bayrische Räterepublik hat mir das Vergnügen gemacht, meinen heutigen Geburtstag zum National­feiertag zu machen. Ich bin nun Beauftragter für Volksauf­klärung, Unterricht, Wissenschaft, Künste und noch einiges. Läßt man mir ein paar Wochen Zeit, so hoffe ich, etwas zu leisten; aber leicht möglich, daß es nur ein paar Tage sind, und dann war es ein Traum.“ Es waren tatsächlich nur ein paar Tage bis zum 13. April und dem Palmsonntagsputsch der konser­vativen Sozialdemokraten, denen noch am gleichen Tag die Kommunisten das Heft für zwei Wochen aus der Hand nahmen, bevor die sogenannten Weißen Garden die bayerische Räterepu­blik endgültig und nachhaltig zerstörten. Landauers Traum endete am 2. Mai 1919 unter tödlichen Schlägen und Schüssen verhetzter Soldaten auf dem Gefängnishof in Stadelheim.[23]

Sein Grab fand Gustav Landauer bis zur gewaltsamen Entfernung durch die Nationalsozialisten 1933 auf dem Waldfriedhof. Auf Initiative der Freien Arbeiter-Union Deutschland wurde Anfang Mai 1925 auf dem Waldfriedhof ein mehr als fünf Meter hohes Grab-Denkmal aus Muschelkalkstein (Bildhauer Alois Rödl, München) für Gustav Landauer aufgestellt; die Urne war im „Betonsockel des Denkmals einbetoniert“.[24] Es war eines „der merkwürdigsten Denkmäler dieses Friedhofs – (…) ein mächtiger, sich verjüngender Obelisk mit einem Schacht im oberen Teil, durch den bläuliches Licht rieselt, ein seltsames, symbolisches Denkmal“.[25] Die Säule trug als Inschrift einen Satz aus Landauers Aufruf zum Sozialismus (1911): „Jetzt gilt es noch, Opfer anderer Art zu bringen, nicht heroische, sondern stille, unscheinbare Opfer, um für das rechte Leben ein Beispiel zu geben.“ Dazu kamen die Angaben „1870 – Gustav Landauer – 1919“.[26]  (Abb. 13) Das 1933 zerstörte Denkmal wurde im Juni 2017 auf Initiative des Herausgebers der Gustav-Landauer-Werkausgabe, Dr. Siegbert Wolf (Jg. 1954), auf neue Art nach einem Entwurf des Steinmetzen Markus Knittel (F.X. Rauch Grabmale, München) 2,50 Meter hoch aus Lavabasalt gefertigt, mit dem Text von 1925 auf blauem Glas sowie einer längeren Erläuterung versehen an einer freien Stelle des alten Grabfelds neu aufgestellt.[27] (Abb. 14)

 


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[23] Vgl. Heißerer 2008 (wie Anm. 13), S. 246-248.

[24] Vgl. Wolf, Siegbert: Einweihung des Gustav Landauer-Denkmals in München, in: https://www.hagalil.com/2017/07/landauer-denkmal/;  Aufruf vom 02.11.2020.

[25] Wolf 1928 (vgl. Anm. 1), S. 26, Abb. Tafel 20.

[26] Vgl. Wolf, Siegbert 2017 (wie Anm. 24).

[27] Ebenda.

Verfasst von: Dr. Dirk Heißerer