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Abb. 8: Waldfriedhof München. Grabmal Paul Heyse (Otho Orlando und Erwin Kurz, 1915) (Detail). Foto: Dirk Heißerer

Paul Heyse (WAT-43-W-27)

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Abb. 7: Waldfriedhof München. Grabmal Paul Heyse (Otho Orlando und Erwin Kurz, 1915). Foto: Dirk Heißerer

Kein Autor war in München um 1910 berühmter und gefeierter als der aus Berlin gebürtige Schriftsteller und promovierte Romanist Dr. phil. Paul (von) Heyse (1930-1914). Er war der „Münchner Dichterfürst im bürgerlichen Zeitalter“, wie ihn 1981 eine Ausstellung in der Bayerischen Staatsbibliothek vorstellte, die Heyses Nachlass verwahrt; er war aber auch ein „Liebling der Musen“, so der Titel der zweiten Heyse-Ausstellung in der Bayerischen Staatsbibliothek 2014. Von König Maximilian II. im Jahre 1854 nach München berufen, avancierte Paul Heyse bald zum Haupt des Münchener Dichterkreises in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sein auf eigenen Übersetzungen beruhendes Spanisches Liederbuch (1852, mit Emanuel Geibel) und sein Italienisches Liederbuch (1860) vertonte Hugo Wolf (1860-1903). Heyse schrieb 180 Novellen, für die er jeweils einen neuen Plot, einen sogenannten ‚Falken‘, erfand, 60 Theaterstücke und neun Romane.  Auch nach seinem Rückzug aus den königlichen Diensten blieb er an seinen beiden Wohnorten in München und Gardone Riviera am Gardasee[16] hoch geehrt und geachtet. Das in seinem Auftrag errichtete Wohnhaus an der Luisenstraße 22 (1830, 1873 umgebaut von Gottfried von Neureuther), schräg gegenüber des Lenbachhauses, eine in einem Garten gelegene spätklassizistische Villa, die nach Kriegsschäden vereinfacht wurde, steht unter Denkmalschutz und konnte in jüngster Zeit erfreulicherweise dank einer Bürgerinitiative vor dem Verschwinden bewahrt werden.

Spektakulärer Höhepunkt dieses ruhmvollen Lebens war das Jahr 1910: Mit dem 80. Geburtstag des Dichterfürsten im März, der Nobilitierung durch den Prinzregenten im Juni und der Verleihung des Nobelpreises für Literatur im November. Dieses ehrenvolle Treiben um Paul Heyse in München ist auch Thomas Mann nicht verborgen geblieben, und so lässt sich seit einiger Zeit mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass das Adelsprädikat für den Helden Gustav von Aschenbach in der Novelle Der Tod in Venedig (1912) von Paul von Heyse entliehen wurde.[17]

Heyse war und blieb, trotz familiärer Schicksalsschläge – ihm starben seine erste Frau und zwei Kinder, sein Schwager beging Selbstmord –, ein „Liebling der Musen“, wie ihn sein Freund Fontane nannte. Der Dichterfürst starb am 2. April 1914 in München und wurde auf dem Waldfriedhof in einem prächtigen, säulenumstandenen Ehrengrab der Stadt München bestattet. (Abb. 7 und 8) Die „offene Arkadenstellung“ aus Muschelkalk, drei Meter hoch und sieben Meter breit, entwarf der Architekt Otho Orlando Kurz (1881-1933), das Reliefbildnis dessen Vater, der Bildhauer Erwin Kurz (1857-1931).[18] Das Grabmal war im März 1915 fertig.[19] Hier ruht auch Heyses zweite Frau Anna, geb. Schubart (1849-1930).

 


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[16] Vgl. das Kapitel „Novellen vom Gardasee – Paul Heyse“, in: Heißerer, Dirk: Meeresbrausen, Sonnenglanz –Poeten am Gardasee. München 1999, S. 233-259.

[17] Vgl. Heißerer, Dirk: Paul Heyse adelt Gustav von Aschenbach. Mit einer unbekannten Widmung Thomas Manns in einem Prachtband der Bayerischen Staatsbibliothek. In: BibliotheksMagazin (Berlin, München), H. 3, 2012, S. 18-22.

[18] Vgl. Wolf 1928 (wie Anm. 1), S. 25.

[19] Vgl. die Notiz in: Neues Wiener Journal (Wien), Nr. 7688 vom 20. März 1915, S. 8.

Verfasst von: Dr. Dirk Heißerer