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Erich Mühsam, Festungshaftanstalt Ansbach, 1919

Akademiestraße 9: Pension „Suisse“

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Akademiestraße, 1905, Stadtarchiv München, DE-1992-FS-NL-PETT1-0109

Als Erich Mühsam sich 1909 fest in München niederlässt, bezieht er ein Zimmer in der Pension Suisse in der Akademiestraße 9. Nach Jahren der Wanderschaft hofft er hier Ruhe zu finden. Am 2. Oktober 1910 notiert er im Tagebuch:

Jetzt habe ich glücklich das Zimmer in dieser Pension, in dem ich bleiben werde, und für die nächsten Tage steht mir die peinliche Aufgabe bevor, meine unzähligen Köfferchen und Kartons auszupacken. Denn ich will mich hier einrichten, als ob ich jahrelang wohnen bleiben sollte. Ist erst alles in Ordnung, dann hoffe ich, wird auch wieder rechte Arbeit in Gang kommen. (Erich Mühsam, Tagebuch, 2. Oktober 1910)

Erfreut ist er darüber, dass das ihm längerfristig zugedachte Zimmer im gleichen Stockwerk liegt wie das des Zimmermädchens, mit dem er sogleich ein amouröses Verhältnis begonnen hat. Von seinem Fenster aus sieht er die „stolze Kunstakademie, die breite schöne Akademiestrasse und nach rechts hinüber das Siegestor und die Leopoldstrasse“. Einzig, dass die Sonne nicht in sein Zimmer scheint, bedauert er.

Um 1900, unter der Regentschaft von Prinzregent Luitpold, zieht München Künstler und Intellektuelle aus aller Welt an, die sich besonders in der Gegend um die Akademie sammeln. Sie kommen, um an der Kunstakademie, aber auch an den zahlreichen privaten Malschulen, die anders als Universitäten zu dieser Zeit auch schon Frauen zulassen, Malerei und Bildhauerei zu studieren. Die Lage an der Grenze zwischen Maxvorstadt und Schwabing ist – damals am Stadtrand – eine Gegend, die günstige Mieten verspricht. Das Leben in Pensionen gewährt Freiheit, Flexibilität und Unabhängigkeit. So wird ein Lebensentwurf geprägt, der sich von den bürgerlichen Konventionen, dem klassischen Ehe- und Familienmodell abwendet.

Mühsams Entscheidung in die Pension zu ziehen, ist auch von finanziellen Zwängen beeinflusst, im September echauffiert er sich in seinem Tagebuch über die Bedingungen, die seine Familie für seine weitere Unterstützung stellt:

Beim Nachhausekommen fand ich einen Brief von Onkel Leopold vor. Er schickt mir 100 Franken. Außerdem glaubt er von meinen Geschwistern monatlich 75 Mark herausholen zu können, falls ich mich verpflichte, in München in einer Pension Wohnung zu nehmen, wo völlig für mich gesorgt wird. Ich bin die Verpflichtung eingegangen, obwohl mir die ständige Bevormundung, die ich erfahre, mehr als ekelhaft ist. (Erich Mühsam, Tagebuch, 18. September 1910)

Blick auf die Akademie, 1910, Stadtarchiv München, DE-1992-FS-PK-STR-00032

Mühsam befindet sich stets in einem ambivalenten Verhältnis zu seinem gutbürgerlichen jüdischen Elternhaus: Er fühlt sich in seiner Künstlerexistenz unverstanden, erwartet aber dennoch immer wieder die Unterstützung der Familie.

In der Pension wird er bis 1915 wohnen. In den Jahren des Ersten Weltkriegs beschließen er und Kreszentia Elfinger zu heiraten. Sie beziehen eine Wohnung in der Georgenstraße 105.

 


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Verfasst von: Monacensia im Hildebrandhaus / Laura Mokrohs