https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbplaces/2018/klein/fraueninsel_55_164.jpg
Max Haushofer. Foto: Ingvild Richardsen.

Grabstätte von Max Haushofer

https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbplaces/2018/klein/fraueninsel_56_500.jpg
Foto: Ingvild Richardsen.

Vor Bergwalds Haus stehend folgt der Spaziergänger nun zu seiner Linken dem Rundweg, bis er wieder den Friedhof erreicht. Hier nun schließt sich der Kreis. Wir stehen wieder vor der Grabstätte der Familien Dumbser und Haushofer. Nahezu am Ende unseres literarischen Spaziergangs angelangt, wollen wir uns nun der Inschrift auf Max Haushofers Grabstein zuwenden und den neben ihm liegenden Schriftstellern Wilhelm Jensen und Felix Schlagintweit.

Unter Max Haushofers Namen kann man eingravierte Verse erkennen, die heute verwittert und kaum mehr lesbar sind. Diese Verse stammen von ihm selbst. Sie zählen wohl zu Deutschlands schönsten Grabinschriften. Verdichtet in nur wenigen Versen geben sie wieder, wie Max Haushofer über Leben und Tod gedacht hat. Es sind die Schlussworte, die er in seinem Versepos Der ewige Jude dem Totengott Thanatos in den Mund gelegt hat. Emma Haushofer-Merk hat sie in Absprache mit ihm auf seinen Grabstein setzen lassen als sein geistiges Testament:

Das Dasein ist ja nur ein Flügelschlag der Zeit
und ist es ausgelebt und sinkt zu Grabe,
So blüht ein neues auf zu neuem Streit
Zu neuem Leiden, Schaffen, Lieben.
Es ist im größten Buch geschrieben,
Daß nichts vergeht, nur hin und wieder wallt
Des Daseins wechselnde Gestalt.

Sein Versepos Der ewige Jude, ein dramatisches Gedicht in drei Teilen, verzichtet von vornherein auf jede Bühnenmöglichkeit. Um keine voreiligen Anklagen aufkommen zu lassen: Die Figur des Ewigen Juden hat ihren Ursprung in christlichen Volkssagen des 13. Jahrhunderts. Diese erzählen von einem Menschen unbekannter Herkunft, der Jesus Christus auf dessen Weg zur Kreuzigung verspottete und dafür von ihm verflucht wurde, ewig und unsterblich durch die Welt zu wandern. In einigen Versionen hieß dieser ewige Wanderer Cartaphilus und soll ein römischer Torwächter des Pilatus und einer der Soldaten gewesen sein, der Jesus zur Kreuzigung führte. Die Figur ging zunächst unter unterschiedlichen Namen in die Volkssagen verschiedener Länder ein (z.B. Cartaphilus, Buttadeus, Matathias, Paul Marrane, Isaac Laquedem).

Buchtitel Der ewige Jude von Max Haushofer (Leipzig 1894). Foto: Ingvild Richardsen.

Als 1602 in Leiden das anonyme Volksbuch vom Ewigen Juden erschien, hatte dieses aus der unbekannten Figur nun einen Juden mit dem Namen Ahasverosgemacht. Diese Variante verbreitete sich jetzt in ganz Europa und wurde bald in zahlreichen literarischen Werken und in Kunst und Musik thematisiert und gestaltet. Seit C.F.D. Schubarts (1739-1793) Ewiger Jude hatte die Gestalt des fluchbeladenen Mannes von Jerusalem auch in der neueren Literatur eine Rolle zu spielen begonnen; so auch bei Goethe, Nikolaus Lenau und Robert Hamerling (Ahasver in Rom). Max Haushofer wurde zum Thema durch den Roman Zanoni von Edward Bulwer-Lytton (1803-1893) angeregt. Aus der Gestalt des Ewigen Juden machte Haushofer nun den Menschen selbst, ließ ihn in seinem Werk zudem die Idee der Unsterblichkeit verkörpern. Und so läuft denn in dem dreiteiligen Drama eine ganze Menschheitsgeschichte ab. Haushofer führte seinen nicht sterben könnenden Helden durch das Getümmel der Völkerwanderung in das eroberte Konstantinopel, in die Wüste und in die Tiefen des Meeres, zuletzt in den glühenden Krater des Aetna.

Als das Buch erschien, wurde es von vielen Rezensenten als Haushofers Meisterwerk bezeichnet. 1907 schrieb der klassische Philologe Oskar Hey:

Das Werk strotzt von Genialität. Es steht in der deutschen Literatur, wie in der Weltliteratur als das einzige seiner Gattung, das Produkt einer kraftvollen Eigenart und Phantasie, die in sich zu stark und ungebärdig, als daß sie sich völlig von der dramatischen Form hätte binden lassen.

Als Urquell des poetischen Schaffens Max Haushofers erscheint in seinen Werken immer wieder das Grauen vor dem Tode. Von diesem Gefühl war Max Haushofer in einer Weise durchdrungen, wie man es bei keinem anderen Dichter so kennt. Doch er setzte dem etwas Positives entgegen. Nicht als Prediger als Poet. Dazu gehört die Auffassung, dass Menschen ihr Erdenleben öfter leben. Die Tatsache, dass man Gegenden, in die man erstmals kommt, Menschen die man zum ersten Mal sieht, einem zuweilen seltsam bekannt und vertraut scheinen, dies hat Haushofer in großen poetischen Erzählungen ausgeführt und versucht, in den von ihm entworfenen Welten, die Zeit zu überwinden.


Zur Station 17 von 18 Stationen


Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Ingvild Richardsen

Sekundärliteratur:

Hey, Oskar (1907): Max Haushofer als Dichter. Stuttgart.

Richardsen, Ingvild (2017): Auf den Spuren der vergessenen Dichterinnen von Frauenchiemsee (Reihe Vergessenes Bayern, 1). München, S. 255-260.

Quellen:

Heinz Haushofer: Traditionen. 1979. (Ms., unveröffentlicht)

Max Haushofer: Lebensgeschichte. (Ms., unveröffentlicht)