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Ludwig Ganghofer (Archiv Monacensia)

Skulpturengruppe im Kurpark (Ganghofer, Thoma, Slezak)

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Foto: Peter Czoik (TELITO)

Im Kurpark von Rottach-Egern sind zwei der wohl bekanntesten bayerischen Volks- und Heimatdichter in einer bronzenen Skulpturengruppe verewigt: Ludwig Ganghofer (1855-1920) und Ludwig Thoma (1867-1921).

„Der am 7. Juli 1855 in Kaufbeuren geborene Ludwig Ganghofer entstammte einem alten bayerischen Geschlecht von Forstleuten. Seine Schul- und Studienzeit verbrachte er in Kaufbeuren, Neuburg an der Donau, Regensburg und München, wo im Theater am Gärtnerplatz sein Erstlingswerk Der Herrgottschnitzer von Ammergau uraufgeführt wurde. Mit den Volksstücken Der Prozeßhansl und Der Geigenmacher von Mittenwald gelang ihm der Durchbruch, die Romane Der Klosterjäger, Die Martinsklause, Schloß Hubertus und Der Jäger von Fall machten ihn zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller seiner Zeit. 1920 verstarb er in seinem Haus am Leeberg in Tegernsee.“

„Am 21. Januar 1867 wurde Ludwig Thoma in Oberammergau geboren. Als freier Rechtsanwalt in Dachau schrieb er schon 1867 kleinere Geschichten und Erzählungen für Zeitungen. Schließlich wurde die Redaktion der satirisch-kritischen Zeitschrift Simplicissimus auf ihn aufmerksam und holte ihn an Bord. Mit seinen Gedichten, Kurzgeschichten, Theaterstücken und Romanen wurde er schnell berühmt (u.a. Lausbubengeschichten). 1901 kam Ludwig Thoma erstmals beim Sixbauern in Finsterwald unter, wo er seinen ‚Zweitwohnsitz‘ behielt, bis er 1907 mit dem Bau seines eigenen Hauses begann – im Tuftenfeld am Fuße des Riedersteins, den für ihn schönsten Platz im Tal. Am 26. August 1921 verstarb er in seinem Haus und wurde schließlich auf dem Egerner Friedhof bestattet.“

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Der Gedanke einer „bayerischen Klassik“ gewann schon früh nach dem Tod der beiden Dichter seine Anhängerschaft. Man sprach von „Goethe und Schiller in Wadlstrümpfen“.

Klassik oder nicht, inzwischen wurde der Gedanke an die beiden Nationaldichter mit einem Denkmal gekrönt, das der „Förderkreis Kunst und Kultur“ in Rottach-Egern aus Anlaß des 75. Todestags Ludwig Ganghofers 1995 aufstellen ließ. Es ist ein Denkmal ohne Pathos geworden, doch voller Stimmung und Noblesse, geschaffen von dem Gmunder Bildhauer Quirin Roth. In Lebensgröße stehen sie im Kurpark des „bayerischen Weimar“ und symbolisieren, um es mit Thomas Worten auszudrücken, „ein Stück altes Bayern und altes Behagen, herausgeschnitten aus dem Häßlichen, das uns umgibt“.

Ganghofer hält seine Schreibfeder in der Hand und Thoma, neben ihm sitzend, die geliebte Tabakspfeife, den Blick voller Nachdenklichkeit in die Ferne gerichtet [...].

(Thumser, S. 52f.)

Die beiden waren gut 20 Jahre lang in Freundschaft miteinander verbunden. Ihre Freundschaft war durch Liebe, Literatur und Jagd geprägt. Für den älteren erfolgreichen und berühmten Kollegen veranstaltete Thoma 1905 ein Geburtstagsschießen mit 70 Bergschützen und persönlichen Freunden in Finsterwald am Tegernsee. Thoma machte seinen Freund darüber hinaus zum Beichtvater seiner Liebesbeziehungen mit Ehefrau Marion (Trennung 1910) und Maidi Liebermann (Thomas Geliebte von 1918 bis 1921), indem er Ganghofers Rat einholte, aber nicht befolgte, während Ganghofer mit widerstreitenden Empfindungen gegenüber Thoma zu kämpfen hatte, wenn er ihm nur verschwiegen den eigenen Seelenzustand erläutern konnte. Ganghofers Verdienst war es, den Freund im Sommer 1910 von einem Duell wegen Marion abgehalten zu haben. (vgl. Rösch, S. 100ff.)

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Leo Slezak und Ludwig Thoma. Aus: Hans Halmbacher: Das Tegernseer Tal in historischen Bildern. 3 Bde. Fuchs-Druck, Hausham 1980-87 (Sammlung Hans Halmbacher)

Zum Tegernseer Freundeskreis um Thoma zählte seit 1911 auch der weltberühmte, aus Mährisch-Schönberg stammende Opernsänger (Tenor), Schauspieler und Autor Leo Slezak (1873-1946). Er verbrachte jeden Sommer in seinem Haus im Malerwinkel in der Nähe des Kurparks. Ihm ist die dritte Skulptur gewidmet, die ihn stehend, mit angewinkeltem Arm, in künstlerischer Darbietung vor den beiden Schriftstellern zeigt.

„Leo Slezak wurde am 18. August 1873 in Mährisch-Schönberg geboren. Sein erstes Geld verdiente er als Gärtnerlehrling und Maschinenschlosser. Als Statist in Brünn wurde er zufällig entdeckt, als er bei den Chorpassagen einfach mitsang. 1896 spielte er im Brünner Stadttheater zum ersten Mal den Lohengrin. Außerdem sang er in der Berliner Hofoper sowie den Opernhäusern in Breslau und Wien. Im Wiener Ensemble trat er nicht nur als Wilhelm Tell auf, sondern auch als Walther von Stolzing und Ramades. An der Metropolitan Opera in New York wurde Leo Slezak schließlich zum Weltstar. Er konnte alles singen, von Mozart über Wagner und Verdi bis hin zu Meyerbeer. In Rottach-Egern kaufte Leo Slezak 1910 an der Überfahrt ein kleines Bauernhaus, wo er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern die glücklichste Zeit seines Lebens verbrachte. In dieser Zeit wurden Ludwig Ganghofer und Ludwig Thoma seine besten Freunde. 1946 verstarb Leo Slezak.“

Literarisches Zeugnis I: Undatierter Brief von Ludwig Ganghofer an Thoma

Ich mache schwere, quälende Zeiten durch. Warum? Das läßt sich vielleicht besser sagen, wenn wir beide wieder einmal beisammen sind, als es sich schreiben und in Tinte gießen läßt. [...] Manchmal denke ich an den heiligen Sebastian. So, wie mir jetzt, muß ihm zu Mut gewesen sein, als sein geduldiger Leib mit Pfeilen gespickt wurde – nur mit dem Unterschied, dass meine Pfeile nicht von außen geflogen kommen, sondern von innen heraus. [...] Ludwigl, das ist ein scheußlicher Zustand. [...] Auch die die wohlwollendste Schilderung dieses Zustandes würde auf Deinem ärztlichen Zeugnis das Papier durchbrennen – wie der Gefängnisdirektor in der Fledermaus [Operette von Johann Strauß] mit seiner Cigarette die Zeitung durchlöchert. Ich möchte da noch ein Citat aus dem Hamlet hersetzen – aber es fällt mir nicht ein. [...] Aber wir wollen’s bei diesem fragmentarischen Seelenhuster lassen. Nimm ihn, wenn auch mit einigem Schütteln des „Kopfes“, so doch stillschweigend hin. Bist Du wieder einmal bei mir, so kommt wohl von selbst die Stunde, in der ich mein Binkerl Seelenpein bis auf den Schnupftüchelboden vor Dir ausleere. Wenn Du das nächstemal schreibst, so übergehe alles. [...] Und ich will die Consolidierung Deines Glückes feiern, als wär’ es die Wiedergenesung meines eigenen. Und nun lasse ich Deiner Marion die rosenbraunen Handerl küssen, und Dir schicke ich meinen Gruß, wie ihn nur die wärmste Freundschaft geben kann. Auf Wiedersehen! Dein Ludwig.

(zit. n. Rösch, S. 104f.)

Literarisches Zeugnis II: Slezak-Anekdote (1)

Eines Abends kam er [Thoma] bei meinem Hause vorbei und lud mich ein, ich möge doch nebenan in die Wirtschaft kommen, wir wollten uns bei einem Glase Bier ein wenig aussprechen.

Die Aussprache sah folgendermaßen aus: Um 8 Uhr kam ich hin.

„Grüß dich Gott, Leo – Prosit!“

Sein Bruder Peter, Emil Ganghofer, der Bruder Ludwig Ganghofers, und ein Bauer spielten Tarock. – Thoma sah zu.

Nach ungefähr einer Viertelstunde, in der er noch keinen Ton gesprochen hatte, sagte er: „Peter, Herrgottsakra, Schellen spiel aus!“ – Pause.

Nach weiteren zwanzig Minuten: „Prost Leo – sollst leben!“

Halbe Stunde Pause. „Also, Leo – Prost!“

Um halb zehn sagten wir uns Adieu.

Und das nannte Ludwig Thoma ‚sich aussprechen!

(Slezak, S. 133f., vgl. a. Thumser, S. 100)

 


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Verfasst von: TELITO / Dr. Peter Czoik