Der Spaziergang hat eine Länge von ca. 16km und die reine Laufzeit beträgt dreieinviertel Stunden.

„Riesendorf“ – so nennt der legendäre Journalist, Blasius-Kolumnist, Schriftsteller und außergewöhnliche Worterfinder Sigi Sommer München, hassgeliebte Heimatstadt, ausschließlicher Lebensmittelpunkt und literarische Hauptinspirationsquelle.

Auch Jahrzehnte nach seinem Tod 1996 ist Sigi Sommer in der Stadt präsent. Nicht nur via Statue in der Rosenstraße 8 und Sigi-Sommer-Platz in Untersendling – vor allem literarisch ist er nach wie vor gegenwärtig.

München spielt eine zentrale Rolle in Sigi Sommers Literatur. Die überwiegend in der bayerischen Landeshauptstadt verorteten Lebensstationen, Kreise und Schauplätze seines erfüllten Lebens voller Höhen und Tiefen hat der literarische Flaneur Sigi Sommer – Selbstbeschreibung „Asphalt-Kriminaler“ – literarisch festgehalten.

Sommer meldet sich als politisch denkender Mensch zu Wort, so gegen die Wiederbewaffnung in den 1950er-Jahren und gegen die Notstandsgesetze im Jahr 1968. Zum Schreiben geht er auf den Alten Südfriedhof, „damit der Schornstein raucht. Und damit er auch gewissen anderen raucht“. Sein Kolumnen-Alter-Ego Blasius grantelt als „seelischer Müllschlucker“ über die Zumutungen des Alltags. Seine Texte kennzeichnet die Symbiose von Grant und Humor.

Das Aufwachsen in bescheidenen Verhältnissen prägt den 1914 geborenen Sommer nachhaltig als Journalist und Schriftsteller. Als stark autobiografisch inspiriert gelten seine Glossen für die Süddeutsche Zeitung und die Abendzeitung wie die im Kleinbürgermilieu spielenden Romane Und keiner weint mir nach von 1953, von Bert Brecht als bester Nachkriegsroman bezeichnet, und Meine 99 Bräute (1956).

Seine Schreibphilosophie sieht vor, eine vielen Menschen gemeinsame Lebensessenz literarisch abzubilden, allgemeinverständlich zu schreiben: „Dann kam ich auf einmal darauf, dass vielleicht andere Leute auch so ein kleines Leben haben wie ich und dass der Mensch allgemein ist. Nicht chemisch rein. Nicht gut und böse. Sondern halt eben allgemein“.

Der Worterfinder Sommer macht aus dem Wort Bauch „Brauereigeschwür“, „Hendl-Friedhof“ und „Nockherberg-Taille“, das Fahrrad nennt er „Opel-Einsitzer Kling-Kling“, der weibliche Busen heißt bei ihm „die zwei munteren Kameraden Nick und Nuck“.

In seinen letzten Lebensjahren vor seinem Tod 1996 leidet Sigi Sommer unter Demenz. Das Sterben thematisiert Sigi Sommer vielfach in seinen Texten und relativiert das Leben: Dieses ist, so der keineswegs vergessene Worterfinder Sigi Sommer, lediglich die „Rolltreppe zum Friedhof“.

 


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Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Thomas Steierer

 

Sekundärliteratur:

Friedmann, Anneliese (2014): Streifzüge eines Großstadtindianers. In: SZ vom 23./24. August, S. 42.

Lauterbach-Sommer, Helga (2014): Sigi Sommer: Sendlinger G'schichten. Allitera Verlag, München.

Meyer, Werner (Hg.) (2004): „Wie rasend verfliegen die Jahr“. Sigi Sommer – Chronist, Journalist, Spaziergänger. Allitera Verlag, München.

Meyer, Werner; Schulz, Marian (1998): Der Spaziergänger – das Sigi-Sommer-Denkmal in München. Geschichte und Geschichten. München.

Sommer, Siegfried: Und keiner weint mir nach. Erstveröffentlichung 1954. Neuausg. im Paul-List-Verlag, Berlin, 1996.

Sommer, Siegfried: Meine 99 Bräute. Erstveröffentlichung 1956. Neuausg. im W. Ludwig-Buchverlag, München, 1999.

Sommer, Siegfried; Oker, Eugen (1987): Die Metaphern des Siegfried Sommer – 777 Worte deutsch-sommerisch; 1111 Worte sommerisch-deutsch. München.

Zöpfl, Helmut (2014): Der verkannte Romantiker. In: AZ vom 9. August, S. 33.

Portrait über Sigi Sommer im BR-Format „Unter unserem Himmel“ von Matti Bauer anlässlich Sigi Sommers 100. Geburtstag 2014: http://www.br.de/mediathek/video/sendungen/unter-unserem-himmel/unter-unserem-himmel-182.html

Besprechung von Und keiner weint mir nach in Der Spiegel 1/53 vom 16.12.1953: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-25658155.html

Besprechung von Und keiner weint mir nach in Die Zeit vom 28. Januar 1954: http://www.zeit.de/1954/04/und-keiner-weint-mir-nach

Besprechung von Meine 99 Bräute in Die Zeit vom 11. April 1957: http://www.zeit.de/1957/15/seine-99-braeute

Besprechung von Marilli Kosemund (Kammerspiele) in Die Zeit vom 12. Dezember 1969: http://www.zeit.de/1969/50/das-schicksal-war-viel-viel-zu-tief/komplettansicht