Der Spaziergang hat eine Länge von 4,5km und die reine Laufzeit beträgt etwa eine Stunde.

Die Nüchternheit der ersten Sätze des ersten Kapitels seiner Autobiografie Mein Weg als Deutscher und Jude scheint von einem distanzierten Verhältnis des Schriftstellers Jakob Wassermann zu seiner Geburtsstadt Fürth zu zeugen:

Ich bin in Fürth geboren und aufgewachsen, einer vorwiegend protestantischen Fabrikstadt des mittleren Franken, in der es eine zahlreiche Gemeinde gewerbs- und handelstreibender Juden gab. Das Verhältnis der Zahl der Juden zur übrigen Bevölkerung war etwa 1:12.

An späterer Stelle fällt der Autor ein deutlich emotionaleres Urteil über Fürth:

Erstickend in ihrer Einigkeit und Öde die gartenlose Stadt, Stadt des Rußes, der tausend Schlöte, des Maschinen- und Hämmergestampfes, der Bierwirtschaften, der verbissenen Betriebs- und Erwerbsgier, des Dichtbeieinander kleiner und kleinlicher Leute, der Luft der Armut und Lieblosigkeit im väterlichen Haus.

Zwar verlässt Jakob Wassermann Fürth bereits im Alter von sechzehn Jahren in Richtung Wien, doch die Flucht scheint weniger eine Flucht aus der fränkischen Stadt, sondern vielmehr eine Flucht aus den familiären Verhältnisse zu sein, aus jener „Lieblosigkeit im väterlichen Haus“. Wassermann scheint genau zu wissen, was er Fürth vor allem literarisch zu verdanken hat. In seinen Selbstbetrachtungen heißt es über die Stadt:

... der Sitz einer der ältesten deutschen Judengemeinden mit weit zurückreichenden Traditionen, die sicherlich noch lebendig in mir waren, als ich mit zweiundzwanzig Jahren die tragische Figur des Sabatai Zewi zu gestalten versuchte, mehr noch die Wirkung, die sein Erscheinen auf die in dumpfeste Hoffnungslosigkeit versunkenen Juden des siebzehnten Jahrhunderts ausübte.

Die Erzählung über die historische Figur des selbsterklärten Messias Sabbatai Zewi bildet das chronikartige Vorspiel von Jakob Wassermanns zweitem Roman Die Juden von Zirndorf. Er erscheint 1897 und erregt einige Aufmerksamkeit, weil er sowohl in der Anlage als auch thematisch ungewöhnlich ist. Zu dieser Zeit wohnt Wassermann in München und arbeitet als Redakteur für den Simplicissimus.

Gewidmet ist Die Juden von Zirndorf „dem Andenken meines Vaters“, denn damit ist auch die eigene Herkunft zitiert, da der Vater aus Zirndorf stammt und die Großeltern dort lebten. Das Sabbatai-Zewi-Vorspiel beginnt mit Worten, die auch Wassermanns Verhältnis zu seiner Geburtsstadt Fürth betreffen:

Gemächlich schwebt die Zeit hin über die Länder und über die Geschlechter, und wenn sie auch Städte zertritt und Wälder zerstampft und neue Städte und neue Wälder hinwirft mit gleichgültiger Gebärde, so vermag sie doch dem heimatlichen Boden niemals seine Lieblichkeit zu rauben oder seine Rauheit, kurz jene Gestalt und jenes Antlitz, womit die Heimat ihren Sohn erfüllt, indem sie ihn gleichsam als ihr Eigentum in Anspruch nimmt und ihm auf den Weg seines Lebens die Worte ins Herz sät: aus meinem Ton bist du gemacht.

 


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Verfasst von: Bayerische Staatsbibliothek

 

Sekundärliteratur:

Thomas Kraft: Jakob Wassermann. München 2008.