Info
1.11.2023
20 Uhr
Kulturzentrum E-Werk, Fuchsenwiese 1, Erlangen
Eintritt: 14,20 EUR; 12,00 EUR (erm.)
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Lesung mit Alice Hasters

"Identitätskrise". Warum Zweifel der Beginn von Neuerfindung ist – für uns und unsere Gesellschaft. Momentan werden die ganz großen Fragen diskutiert: In welche Richtung bewegt sich unsere Gesellschaft? Wie kommen wir durch die Klima-, Energie-, Wirtschafts-und Migrationskrise? Müssen wir den Kapitalismus unbedingt abschaffen –oder ihn beibehalten, um zu überleben? Inwiefern wirken die Verbrechen der Vergangenheit auf die Gegenwart? Wessen Verantwortungist es, Lösungen für diese Fragen zu finden? Und wem oder was kann man überhaupt noch glauben? Klar ist: Alles ist im Umbruch.

In ihrem neuen Buch "Identitätskrise" proklamiert Alice Hasters, dass Fragen der Gesellschaft auch immer Fragen an die individuelle Identität sind. Wenn wir die Gesellschaft verändern wollen, dann müssen wir erst einmal feststellen: Wer sind wir eigentlich und was tun wir, wenn die uns bisher umgebenden Systeme, die Sicherheit, Zukunft und Gerechtigkeit versprechen, wegbrechen? Identitätskrisen sind anstrengend, doch unvermeidbar, sogar notwendig – und sie sind sehr viel erträglicher, wenn man sie als das erkennt und akzeptiert, was sie sind: eine Zeit des Zweifelns, der Selbstsuche, Verarbeitung und vor allem der Neuerfindung. Diese Krise ist auch eine Chance.

Der Duden beschreibt Identität mit: „Völlige Übereinstimmung mit dem, was man ist oder als was man bezeichnet wird“. Alice Hasters‘ These lautet wiederum: „Identität ist eine Geschichte, die man über sich erzählt.“ Doch was passiert mit einer Person, deren Geschichte nicht (mehr) gehört wird oder nicht mehr in das sich verändernde Gesellschaftsbild passt? Was dabei gerne galant ignoriert wird: Auch weiße Menschen stecken in eben jener Identitätskrise. Und zwar so heftig wie ein schlecht gelaunter Teenagerin der Pubertät. Sie kommt zum Beispiel in starken Emotionen zum Vorschein, wenn über Gendern, Gleichberechtigung und Rassismus diskutiert wird. Auslöser ist die Erkenntnis, dass ihre (weiße) Perspektive nicht allgemeingültig ist. Und dass ihre Vorstellung von Fortschritt und Freiheit durch Kapitalismus und Globalisierung die Unterdrückung Dritter als Konsequenz hat.

Anstatt sich jedoch angemessen mit diesen Gefühlen auseinanderzusetzen, klammern sich viele am Status Quo fest und blockieren gesellschaftlichen Fortschritt – der durch die voranschreitende Klimakrise zusätzlich an Dringlichkeit gewinnt. Und noch schlimmer: Sie radikalisieren sich zunehmend. Die Identität ist zentral im Diskurs um den nationalen sowie globalen Rechtsruck. Es ist kein Zufall, dass ein Zweig der rechten Bewegung sich identitär nennt.

Hasters beschäftigt sich in diesem Buch nicht nur mit den Gemeinsamkeiten, Unterschieden und Zusammenhängen verschiedener Krisen, sondern schlägt auch Lösungsansätze vor. Interessant ist dabei ihre Herangehensweise, wenn sie die Identitätskrise mit dem Reifeprozess eines Kindes zur erwachsenen Person vergleicht und die Identitätskrise in vier Phasen aufteilt: Zweifel (Prepubertät), Suche (Pubertät), Neuerfindung (späte Pubertät), Verantwortung (Adoleszenz). Am Ende kommt heraus: Eine Identität verlangt nach einem Wir –einem Wir, das alle mitmeint, einen Zugehörigkeitsrahmen setzt, in dem wir lernen Mehrdeutigkeit auszuhalten. Erst dann erschaffen wir als Gesellschaft ein neuesSelbstbild und finden den Mut, gemeinsam nach vorne zu blicken.



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