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27.01.2023
20 Uhr
Alte Westend Apotheke, Ligsalzstraße 12, München
Eintritt: frei
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Lesungen mit Gespräch mit Désirée Opela und Markus Ostermair

"Rasende Ohmacht" lautet der Titel einer dreitätigen Tagung des Lehrstuhls für Romanische Philologie an der LMU München. Die Konferenz möchte sich einem literarischen Phänomen widmen und diese hochaktuelle Entwicklung mit vergangenen Formen abgleichen. Es geht um die eigenartig ausweglosen Zeit- und Gesellschaftsdiagnosen zahlreicher zeitgenössischer Autor*innen.

Anfang der 1980er-Jahre wendet sich die Erzählliteratur wieder verstärkt der lange Zeit ‚verschmähten‘ außensprachlichen Realität zu (Verlier/Viart, 2005). Damit reagiert sie nicht nur auf den Geschmack eines Publikums abseits des etablierten Literaturbetriebs, das der Experimente des Nouveau roman überdrüssig ist, sondern vor allem auf ein neues Bewusstsein für die soziale Schichtung der Gesellschaft, das sich in den immer schneller aufeinander folgenden ökonomischen, politischen und moralischen Krisen der „neoliberalen Ära“ herausbildet, die mit den Regierungsantritten von Margaret Thatcher (1979) und Ronald Reagan (1980) einsetzt und deren Charakteristika Michel Foucault (1978) in den Vorlesungen zur „neoliberalen Gouvernementalität“ – quasi vorab – aufzeigt.

Wenn die Literatur sich vor diesem Hintergrund elementaren Fragen des Zusammenlebens (Ette, 2010) widmet, ist es gleichwohl bezeichnend, dass die pointierten Zeit- und Gesellschaftsdiagnosen zahlreicher Autor*innen eigenartig ausweglos erscheinen. Ihre Schilderungen der sozialen und zwischenmenschlichen Misere münden nicht in glaubhafte Alternativszenarien. Dies, so die These, ist weder ein Ausdruck von Gleichgültigkeit, noch einer Sehnsucht nach einer besseren Vergangenheit. Die Rat- und Orientierungslosigkeit, so lässt sich vermuten, steht vielmehr im Zusammenhang mit der Langlebigkeit der neoliberalen Ordnungen, die nach dem Fall des Ostblocks und dem zeitgleich verkündeten „Ende der Geschichte“ (Fukuyama, 1991) als alternativlos empfunden werden (Crouch, 2005). Mark Fisher (2013) weist darauf hin, dass die (unbewusste) Annahme, dass es nichts Neues mehr gäbe, letztlich zu einer Auslösung der „gesellschaftlichen Vorstellungskraft“, zu einem Gefühl der „reflexiven Ohnmacht“, führe. Diese visionslose Ohnmacht wird zudem durch den Blick auf die sich literarisch zwar schwer darstellbare (Ghosh, 2016), aber immer deutlicher abzeichnende klimatische Katastrophe (Chakrabarty, 2008) weiter verschärft: die alternativlose Ausweglosigkeit läuft auf den Tod hinaus.

Am 27.01. findet im Rahmen dieser Konferenz eine Abendveranstaltung mit Lesungen, Gesprächen und Musik statt. Eingeladen sind die beiden Autoren Désirée Opela und Markus Ostermair. Opela liest aus ihrem Roman "Das Wetter in uns" (2022) und Ostermair aus "Der Sandler" (2020). 

Musikalische Umrahmung: Lars Schneider.

Moderation und Schreibmaschinenperformance: Daniel Graziadei.