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9.11.2021
19 Uhr
Kino Breitwand Wittelsbacherstr. 10, Starnberg
Eintritt: € 15, Anmeldung erforderlich

Szenische Lesung mit Alexander Netschajew und Filmvorführung des Monologs mit Ben Becker

Als Emanuel Goldfarb, Sohn von Holocaust-Überlebenden, die Einladung eines Ethik-Lehrers bekommt mit der Bitte, den Schülern im Unterricht Fragen zum Judentum zu beantworten, spricht er zunächst zögernd, dann immer wütender in sein Diktiergerät. Aus der Begründung, warum er der Einladung nicht folgen könne, wird ein ergreifender Monolog darüber, was es heute heißt, Jude in Deutschland zu sein: „Wenn ich darüber nachdenke, wie ich hinter mir selber hergelaufen bin, die ganze Zeit, wie ich mir selber über die Schulter geschaut und auf mich aufgepasst habe, die ganze Zeit, dass ich auch bestimmt alles richtig mache, damit auch ganz bestimmt keiner etwas auszusetzen haben kann - dann werde ich heute noch wütend auf meine Mutter. Und dann werde ich wütend auf mich, weil ich wütend auf sie bin.“

Doch die Verteidigungsrede des Emanuel Goldfarb umfasst weit mehr als nur seine Familiengeschichte. Sie umfasst Geschichten aus Religionen, Legenden, Anekdoten, Historisches - und ist zugleich spürbare Geschichte aus der Gegenwart. Hendrik Werner schrieb 2006 in DIE WELT: „Emanuel Goldfarb leidet, weil man sich ein Bild von ihm machen will. Ein Abziehbild, wie er mit guten Gründen befürchtet. In eine Schule hat man ihn, den smarten Journalisten, eingeladen, auf dass er den Heranwachsenden vor Augen und Ohren führe, wie er denn so ist, der gemeine Jude, wie er so fühlt, wie es ihm denn so gefällt im demokratischen und, ach, so toleranten Deutschland, sechs Jahrzehnte nach dem Holocaust. Selbstredend verfolgt der Studienrat, der Goldfarb zum Anschauungsmaterial machen will, nur politisch korrekte, sprich: philosemitische Zwecke. Aber mit dieser didaktisch vorgeblich wertvollen Zielsetzung fangen für Goldfarb die Probleme erst richtig an...“.

Charles Lewinsky, Jahrgang 1946, ist ein mehrfach ausgezeichneter Schweizer Schriftsteller, Redakteur und Drehbuchautor. Sein Monolog Ein ganz gewöhnlicher Jude wurde 2005 unter der Regie von Oliver Hirschbiegel (Das Experiment, Der Untergang) mit Ben Becker verfilmt. Der Film wird im Anschluss an die Lesung im Breitwand Kino gezeigt.

Alexander Netschajew, 1969 in Berlin geboren, war von 2012 bis 2018 in der Hansestadt Stendal Geschäftsführender Intendant am Theater der Altmark (TdA). Unter seiner Leitung etablierten sich dort neben einem breit gefächerten Abendspielplan die Sparten Junges TdA (Kinder- und Jugendtheater) sowie die Bürgerbühne am TdA. In den Spielzeiten 2016/17 und 2017/18 erreichte das Theater der Altmark jeweils ein Allzeithoch bei den Einnahmen durch Ticketverkauf und für das Wirken zahlreicher, auf die Bürgerschaft ausgerichteter Projekte erhielt das TdA den Theaterpreis des Bundes 2015 sowie einen Integrationspreis des Landes Sachsen-Anhalt 2017.

Davor war Alexander Netschajew Intendant am Stadttheater in Landsberg am Lech, wo er im 70. Jahr nach der sog. „Reichskristallnacht“ im Spielplan die NS-Vergangenheit der einstigen „Stadt der Jugend“ thematisierte. Von 2004 bis 2007 leitete er die Sparten Theater und Musiktheater an der Pasinger Fabrik GmbH, einem soziokulturellen Zentrum der Landeshauptstadt München. Im Frühjahr 2007 wurde das ihm anvertraute Kleinste Opernhaus Münchens in der Pasinger Fabrik durch die bundesweite Initiative „Deutschland - Land der Ideen“ (Schirmherrschaft: Bundespräsident Horst Köhler) für außerordentliche innovative Leistungen ausgezeichnet.

Alexander Netschajew lebt heute mit seiner Familie am Starnberger See bei München.

 

Eine Veranstaltung der VHS Starnberger See e.V. und Kino Breitwand