Logen-Blog [521]: Durch die Molukken wandeln
Die arkadische Szene will kaum ein Ende nehmen. Zu schön ist den durch und über die Molukke wandelnden Damen und Herren das Paradies, das sich nun auch in die Herzen gesetzt hat: „Beata und Gustav vergaßen aus Schonung über die fremde Liebe und Freude ihre besondere und waren unter lauter Freunden sich auch nur Freunde.“ O Himmel, was für eine Verzeihungssucht! Was für ein Orkan von Großmut! Kein Wunder, dass der Erzähler allsogleich zu (s)einer Moral findet:
O predigt doch bloß die Traurigkeit, die das Herz so dick wie das Blut macht, aber nicht die Freude aus der Welt, die in ihrem Taumeltanz die Arme nicht bloß nach einem Mittänzer, sondern auch nach einem wankenden Elenden ausstreckt und aus dem Jammer-Auge, das ihr zusieht, vorüberfliehend die Träne nimmt!
Der Schluss muss von einer leichten Paradoxie beseelt sein, die dort noch das Subjekt der Vergebung finden will, wo es nicht zu finden ist – oder will man sich etwas verzeihen, weil man insgeheim hofft, etwas Verzeihenswertes zu finden? Weil man moralisch größer sein will, als es die Situation in Wahrheit erheischt? Weil dem Überschwang des Idealismus die Realität niemals zu entsprechen vermag?
Heute wollten wir einander alles verzeihen, ob wir gleich nichts zu verzeihen fanden.
Wobei im Übrigen der Erzähler zu Ottomar steht wie Siebenkäs zu Leibgeber. „Es sucht der Bruder seinen Bruder“, wie Ferdinand Sonnleitner wenig später dichten wird.
Eine Wolke um die andere erblasste, und die höchste hing noch durchglühet herab. Beata und meine Schwester scherzten weiblich darüber, was diese illuminierten Nebel wohl sein könnten – Die eine machte daraus Weihnachtschäfchen mit rosenroten Bändern, eine rote Himmelschärpe... Sehen Sie das Weihnachtschäfchen? Es ist schon gefesselt, gleich wird es geopfert werden, gleich wird sein Blut auslaufen. Wer hier, im idyllisch-idealistischen Garten- und Paradiestheater nicht an einen dramatischen Vorverweis denkt, sollte den Text nochmal lesen. Et in Arcadia ego... Im Übrigen ist das Gemälde, das auch das gefesselte Schäfchen zeigt, ganz wundervoll. Es hängt im Prado und wurde vom hierzulande zu Unrecht im Schatten seiner Kollegen stehenden Juan Battista Maino gemalt.
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Die arkadische Szene will kaum ein Ende nehmen. Zu schön ist den durch und über die Molukke wandelnden Damen und Herren das Paradies, das sich nun auch in die Herzen gesetzt hat: „Beata und Gustav vergaßen aus Schonung über die fremde Liebe und Freude ihre besondere und waren unter lauter Freunden sich auch nur Freunde.“ O Himmel, was für eine Verzeihungssucht! Was für ein Orkan von Großmut! Kein Wunder, dass der Erzähler allsogleich zu (s)einer Moral findet:
O predigt doch bloß die Traurigkeit, die das Herz so dick wie das Blut macht, aber nicht die Freude aus der Welt, die in ihrem Taumeltanz die Arme nicht bloß nach einem Mittänzer, sondern auch nach einem wankenden Elenden ausstreckt und aus dem Jammer-Auge, das ihr zusieht, vorüberfliehend die Träne nimmt!
Der Schluss muss von einer leichten Paradoxie beseelt sein, die dort noch das Subjekt der Vergebung finden will, wo es nicht zu finden ist – oder will man sich etwas verzeihen, weil man insgeheim hofft, etwas Verzeihenswertes zu finden? Weil man moralisch größer sein will, als es die Situation in Wahrheit erheischt? Weil dem Überschwang des Idealismus die Realität niemals zu entsprechen vermag?
Heute wollten wir einander alles verzeihen, ob wir gleich nichts zu verzeihen fanden.
Wobei im Übrigen der Erzähler zu Ottomar steht wie Siebenkäs zu Leibgeber. „Es sucht der Bruder seinen Bruder“, wie Ferdinand Sonnleitner wenig später dichten wird.
Eine Wolke um die andere erblasste, und die höchste hing noch durchglühet herab. Beata und meine Schwester scherzten weiblich darüber, was diese illuminierten Nebel wohl sein könnten – Die eine machte daraus Weihnachtschäfchen mit rosenroten Bändern, eine rote Himmelschärpe... Sehen Sie das Weihnachtschäfchen? Es ist schon gefesselt, gleich wird es geopfert werden, gleich wird sein Blut auslaufen. Wer hier, im idyllisch-idealistischen Garten- und Paradiestheater nicht an einen dramatischen Vorverweis denkt, sollte den Text nochmal lesen. Et in Arcadia ego... Im Übrigen ist das Gemälde, das auch das gefesselte Schäfchen zeigt, ganz wundervoll. Es hängt im Prado und wurde vom hierzulande zu Unrecht im Schatten seiner Kollegen stehenden Juan Battista Maino gemalt.