Logen-Blog [487]: Wohlgeruch und Blumen-Lüftchen, Abendtau und glühender Himmel
O namen-, namenlose Freude, singt man 1805 in einer berühmten Oper. 1792 empfindet der Erzähler eines Romans tiefste Freude über seine Ankunft in einem Ort namens Lilienbad. Das Orchester ist reich besetzt, die Instrumentation üppig – denn es gilt, den traurigen, schweigsamen Gustav aufzumuntern: Wohlgeruch und Blumen-Lüftchen, Abendtau und glühender Himmel, dunkles Blau und Abendröte, Laub-Gipfel und Rosen-Kelch eben jener Abendröte. So kommt man von einem Paradies ins andere (wie es anderswo beim Dichter heißt), so sollen sich die Freuden Lilienbads ankündigen: im Zeichen von Schatten, Blüten, Düften und Früchten.
Einzelne, zuweilen gepaarte Hütten hüllten sich mit Bäumen zu; lebendige Jalousie-Fenster aus Zweigen pressten sich an die Aussichten der Zimmer und bedeckten den Glücklichen.
Nein, hier gilt es nicht zu analysieren. Hier muss der Leser nicht die olfaktorischen und optischen Welten auseinandernehmen, um ganz im Glück des Erzählers zu schwimmen. Hier gilt es tatsächlich, allein zu empfinden, den Düften zu folgen, den Farben zu lauschen, den Büschen und Blüten zu trauen. Die schöne Erde will vielleicht kultiviert werden – aber sie kann in ihrer abendlichen Ruhe genossen werden – genossen werden wie eine Jean-Paul-Sequenz, die das Vollkommene so vollkommen beschwört.
Nebenbei: Beata ist, wir haben es ja schon vernommen, auch schon da. Sie haucht, sagt der Erzähler, der gerade anlangt und mit Gustav zwei Hütten bezieht, sie haucht noch ein leises Abendlied in ihr mit Saiten überzogenes Echo, bevor das Nachtstück des Traums beginnt.
Natürlich darf man gespannt sein, wie das wohl ausgeht: Beata und Gustav wieder an einem Ort... Der Erzähler wünscht sich künftige Festtage herbei. Wir ahnen, dass es dabei nicht bleiben wird; auch der Erzähler scheint etwas, ganz leise zwar, zu spüren: einen Jammer-Sektor würde er statt mit einer Überschrift mit Kreuzen versehen – es ist aber unmöglich.
Nur seltsam: dass er sich diese Unmöglichkeit ausdrücklich klar macht.
Fotos: Frank Piontek, 29.8. 2014
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O namen-, namenlose Freude, singt man 1805 in einer berühmten Oper. 1792 empfindet der Erzähler eines Romans tiefste Freude über seine Ankunft in einem Ort namens Lilienbad. Das Orchester ist reich besetzt, die Instrumentation üppig – denn es gilt, den traurigen, schweigsamen Gustav aufzumuntern: Wohlgeruch und Blumen-Lüftchen, Abendtau und glühender Himmel, dunkles Blau und Abendröte, Laub-Gipfel und Rosen-Kelch eben jener Abendröte. So kommt man von einem Paradies ins andere (wie es anderswo beim Dichter heißt), so sollen sich die Freuden Lilienbads ankündigen: im Zeichen von Schatten, Blüten, Düften und Früchten.
Einzelne, zuweilen gepaarte Hütten hüllten sich mit Bäumen zu; lebendige Jalousie-Fenster aus Zweigen pressten sich an die Aussichten der Zimmer und bedeckten den Glücklichen.
Nein, hier gilt es nicht zu analysieren. Hier muss der Leser nicht die olfaktorischen und optischen Welten auseinandernehmen, um ganz im Glück des Erzählers zu schwimmen. Hier gilt es tatsächlich, allein zu empfinden, den Düften zu folgen, den Farben zu lauschen, den Büschen und Blüten zu trauen. Die schöne Erde will vielleicht kultiviert werden – aber sie kann in ihrer abendlichen Ruhe genossen werden – genossen werden wie eine Jean-Paul-Sequenz, die das Vollkommene so vollkommen beschwört.
Nebenbei: Beata ist, wir haben es ja schon vernommen, auch schon da. Sie haucht, sagt der Erzähler, der gerade anlangt und mit Gustav zwei Hütten bezieht, sie haucht noch ein leises Abendlied in ihr mit Saiten überzogenes Echo, bevor das Nachtstück des Traums beginnt.
Natürlich darf man gespannt sein, wie das wohl ausgeht: Beata und Gustav wieder an einem Ort... Der Erzähler wünscht sich künftige Festtage herbei. Wir ahnen, dass es dabei nicht bleiben wird; auch der Erzähler scheint etwas, ganz leise zwar, zu spüren: einen Jammer-Sektor würde er statt mit einer Überschrift mit Kreuzen versehen – es ist aber unmöglich.
Nur seltsam: dass er sich diese Unmöglichkeit ausdrücklich klar macht.
Fotos: Frank Piontek, 29.8. 2014