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16.07.2014, 16:11 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [438]: Wie Oefel sich die Wirklichkeit zurechtlegt

Das Spiel geht weiter, es scheint sich mit dem Leben zu kreuzen – denn Oefel, der Autor des Spiels über das Rosenmädchen von Salency, glaubt, dass Beata und ihre Gefühle ganz in seinem Text aufgehen, den er sich und ihr auf die Leiber und in die Münder geschrieben hat. Oefel repräsentiert also den Typus des Verblendeten: ein Mann, der die Realität permanent mit der Wirklichkeit verwechselt – und einiges dafür tut, dieser Verwechslung Vorschub zu leisten. Die zärtlichsten Winke hatt' er in den den Stellen, wo er mit Beata zusammen spielte, hinein versteckt. Das muss schiefgehen, doch muss es natürlicherweise fehlschlagen? Beata lässt sich nicht so einfach verführen – auch wenn sie derart befreit spielt, als würde sie – Beata als Marie – den Herrn Perrin alias Oefel lieben. So wie sein Autor, Jean Paul, benutzt Oefel nun literarische Vorbilder, um sein Werk auf seltsame Weise in Gang zu setzen: glaubend, dass er Beata gar nicht mehr verführen müsse, weil ihr Herz schon offen sei, denkt er an Lovelace und den Vicomte de Valmont. Während aber die dunklen Helden aus Richardsons Clarisse und Laclos' Liaisons dangereuses unschuldige Wesen verführen, glaubt Oefel, dass er es bei Beata mit einer Frau zu tun hat, die schon bereit ist: so sehr, räsonniert der Erzähler, herrschet im schwachen Menschen die Empfindung über die Entschließungen der Vernunft.

Die Formel berührt merkwürdig, denn könnte es nicht auch umgekehrt heißen: so sehr herrschen im schwachen Menschen die Entschließungen der Vernunft über die Empfindung? Als legte sich der Möchtegernverführer die Wirklichkeit derart zurecht, dass sie seinen vernünftig scheinenden Absichten ganz und gar gehorcht? Um am Ende ein unschuldiges Mädchen ins Bett zu ziehen und vor dem Gerichtshof der Wahrheit auszuziehen? Wobei in Wahrheit der Verführer, nicht aber die Verführte nackt vor ihm steht?

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