Panizza-Blog [2]: Über die ersten zwanzig Lebensjahre
Die ersten zwanzig Lebensjahre von Oskar Panizza kann man nur als chaotisch bezeichnen. Von 1863 bis 1868 muss er die strenge protestantische Erziehung im privaten Knabeninstitut der Brüdergemeinde in Kornthal über sich ergehen lassen. 1870 kommt er auf ein Münchener Gymnasium, das er aber ein Jahr später ohne Abschluss verlässt. 1872 besucht er für kurze Zeit das Konservatorium für Musik, verlässt es wieder, beginnt eine Banklehre, die er 1873 wieder abbricht. Es folgt der einjährige Militärdienst. Danach scheint er zur Vernunft gekommen zu sein. Jedenfalls holt er 1877 in Schweinfurt das Abitur nach und beginnt in München ein Medizinstudium, das er 1880 mit der Promotion (Note: summa cum laude!) abschließt; mit einer ganz ‚normalen’ Doktorarbeit, Thema: „Über Myelin, Pigment, Epithelien und Micrococcen im Sputum“.
In einem Brief vom 13. Oktober 1880 an seine Mutter, von der er weiterhin finanziell abhängig ist, zitiert er aus dem Gutachten zu seiner Dissertation von Professor Hugo von Ziemssen: „Ich kann die Arbeit nur als eine mustergültige bezeichnen; sie legt ein glänzendes Zeugnis für die Begabung und die Energie des Herrn Panizza ab...“ Er soll sogar einen Preis bekommen mit einem Preisgeld von 500 Mark, doch es kommt nicht dazu und er muss seine Mutter wieder um Geld bitten, um seine Examen und die damit verbundenen Feierlichkeiten zu bezahlen. Es folgt die übliche praktische Ausbildung, zuerst bei Professor von Ziemssen, ab 1882 ist er Assistent bei Professor Bernhard von Gudden in der oberbayerischen Kreisirrenanstalt. Gudden hat später Ludwig II. für wahnsinnig erklärt, ohne den König allerdings persönlich untersucht zu haben. Sein Tod zusammen mit dem König im Starnberger See ist bekannt... Für Panizza war Gudden der „Narrenmeister des Königs“. So nennt er ihn in seinem Gedicht „An Gudden“, das mit den Versen beginnt:
Du hast an Hunden – u. Katzen operiret
Kaninchen hast Du manches geschlachtet
Wie hast Du die Unschuld von Thieren Du verachtet.
Sicher kein Meisterwerk der Lyrik. Doch zwei Dinge werden klar: Er hat Gudden keineswegs bewundert und er war in seinem Beruf nicht glücklich.
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Die ersten zwanzig Lebensjahre von Oskar Panizza kann man nur als chaotisch bezeichnen. Von 1863 bis 1868 muss er die strenge protestantische Erziehung im privaten Knabeninstitut der Brüdergemeinde in Kornthal über sich ergehen lassen. 1870 kommt er auf ein Münchener Gymnasium, das er aber ein Jahr später ohne Abschluss verlässt. 1872 besucht er für kurze Zeit das Konservatorium für Musik, verlässt es wieder, beginnt eine Banklehre, die er 1873 wieder abbricht. Es folgt der einjährige Militärdienst. Danach scheint er zur Vernunft gekommen zu sein. Jedenfalls holt er 1877 in Schweinfurt das Abitur nach und beginnt in München ein Medizinstudium, das er 1880 mit der Promotion (Note: summa cum laude!) abschließt; mit einer ganz ‚normalen’ Doktorarbeit, Thema: „Über Myelin, Pigment, Epithelien und Micrococcen im Sputum“.
In einem Brief vom 13. Oktober 1880 an seine Mutter, von der er weiterhin finanziell abhängig ist, zitiert er aus dem Gutachten zu seiner Dissertation von Professor Hugo von Ziemssen: „Ich kann die Arbeit nur als eine mustergültige bezeichnen; sie legt ein glänzendes Zeugnis für die Begabung und die Energie des Herrn Panizza ab...“ Er soll sogar einen Preis bekommen mit einem Preisgeld von 500 Mark, doch es kommt nicht dazu und er muss seine Mutter wieder um Geld bitten, um seine Examen und die damit verbundenen Feierlichkeiten zu bezahlen. Es folgt die übliche praktische Ausbildung, zuerst bei Professor von Ziemssen, ab 1882 ist er Assistent bei Professor Bernhard von Gudden in der oberbayerischen Kreisirrenanstalt. Gudden hat später Ludwig II. für wahnsinnig erklärt, ohne den König allerdings persönlich untersucht zu haben. Sein Tod zusammen mit dem König im Starnberger See ist bekannt... Für Panizza war Gudden der „Narrenmeister des Königs“. So nennt er ihn in seinem Gedicht „An Gudden“, das mit den Versen beginnt:
Du hast an Hunden – u. Katzen operiret
Kaninchen hast Du manches geschlachtet
Wie hast Du die Unschuld von Thieren Du verachtet.
Sicher kein Meisterwerk der Lyrik. Doch zwei Dinge werden klar: Er hat Gudden keineswegs bewundert und er war in seinem Beruf nicht glücklich.
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