Logen-Blog [322]: Schlag- und Garnwände der Metaphern
Der witzige Herr Oefel: er schießt nur so seinen Witz heraus, während er zwischen Beata und der Bouse sitzt. Jean Paul beschreibt hier, glaube ich, einen Typus, der nicht ausgestorben ist: einen Menschen, der sozusagen dampfplaudert – denn es geht ihm nie um den Inhalt des Gesprochenen, nur um ihn, den Herren von Oefel selbst. So macht das Schwätzen Blöde aus uns allen … Ein unangenehmer Mensch, dieser Oefel, der die Leute mit seinen „witzigen“ Schmeicheleien und Satiren belästigt. Auf Leute von Stand mag er ja positiv wirken – Beata muss auch dies für widerlich halten. Ich würde sagen: in diesem selbstbezüglichen System steckt die pure Zeitverschwendung, im Grunde ein ennui, der wortreich davon abzulenken versucht, dass es nichts zu sagen gibt, oder anders: dass es nichts zu sagen gibt, was außerhalb des Körpers des Herren von Oefel interessant wäre (denn von Geist kann man, folgt man dem Erzähler, in diesem Falle nicht reden).
Er wendet nun bei Beata drei rhetorische Tricks an, um „die vererzte Liebeader aus dem Mädchen hervorzusprengen“: als ob sie nicht begriffen hätte, dass es mit Oefel nicht weit her ist – aber wer weiß: angeblich, heißt es bisweilen, könnte ja jeder Mann jede Frau „bekommen“. Vielleicht kennt er schon diesen Spruch, der, wie Lawrence von Arabien[1] so schön sagte, da lautet: „Nichts steht geschrieben!“
Seine erste Miniergrube, die er heute wie allemal im weiblichen Herzen lud, war bei Beaten, dass er mit ihr lange von ihrem Anzug sprach …
Zweitens stellte er um Beaten die Schlag- und Garnwände der Metaphern, um sie darin zu jagen – er behauptete, wie die Mädchen das singen, was sie nie sagen würden …
Seine dritte Behauptung und List war, Männer fühlten den Wert des Einfachen und das Erhabene der Aufrichtigkeit und der geraden Versicherung „ich habe dich lieb“, aber Mädchen wollten tournure und Feinheit und Umschweife in diese Versicherung …
Immerhin gibt diese Strategie dem Erzähler die Möglichkeit, über den botanischen Charakter der weiblichen Kleidung nachzudenken: demgemäß trägt Beata – als „Gute“ – ihre Kleider als Fruchtlaub, ja: „wie Eva als Laubwerk“.
Eva aber war die erste die Verführerin …
Johann Heinrich Füssli malte diese Ansicht des ersten Paares
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[1] Im gleichnamigen Film. Die Geschichte hat allerdings eine Pointe, denn offenbar war „es“ tatsächlich schon geschrieben – hineingeschrieben ins Buch des Schicksals.
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Der witzige Herr Oefel: er schießt nur so seinen Witz heraus, während er zwischen Beata und der Bouse sitzt. Jean Paul beschreibt hier, glaube ich, einen Typus, der nicht ausgestorben ist: einen Menschen, der sozusagen dampfplaudert – denn es geht ihm nie um den Inhalt des Gesprochenen, nur um ihn, den Herren von Oefel selbst. So macht das Schwätzen Blöde aus uns allen … Ein unangenehmer Mensch, dieser Oefel, der die Leute mit seinen „witzigen“ Schmeicheleien und Satiren belästigt. Auf Leute von Stand mag er ja positiv wirken – Beata muss auch dies für widerlich halten. Ich würde sagen: in diesem selbstbezüglichen System steckt die pure Zeitverschwendung, im Grunde ein ennui, der wortreich davon abzulenken versucht, dass es nichts zu sagen gibt, oder anders: dass es nichts zu sagen gibt, was außerhalb des Körpers des Herren von Oefel interessant wäre (denn von Geist kann man, folgt man dem Erzähler, in diesem Falle nicht reden).
Er wendet nun bei Beata drei rhetorische Tricks an, um „die vererzte Liebeader aus dem Mädchen hervorzusprengen“: als ob sie nicht begriffen hätte, dass es mit Oefel nicht weit her ist – aber wer weiß: angeblich, heißt es bisweilen, könnte ja jeder Mann jede Frau „bekommen“. Vielleicht kennt er schon diesen Spruch, der, wie Lawrence von Arabien[1] so schön sagte, da lautet: „Nichts steht geschrieben!“
Seine erste Miniergrube, die er heute wie allemal im weiblichen Herzen lud, war bei Beaten, dass er mit ihr lange von ihrem Anzug sprach …
Zweitens stellte er um Beaten die Schlag- und Garnwände der Metaphern, um sie darin zu jagen – er behauptete, wie die Mädchen das singen, was sie nie sagen würden …
Seine dritte Behauptung und List war, Männer fühlten den Wert des Einfachen und das Erhabene der Aufrichtigkeit und der geraden Versicherung „ich habe dich lieb“, aber Mädchen wollten tournure und Feinheit und Umschweife in diese Versicherung …
Immerhin gibt diese Strategie dem Erzähler die Möglichkeit, über den botanischen Charakter der weiblichen Kleidung nachzudenken: demgemäß trägt Beata – als „Gute“ – ihre Kleider als Fruchtlaub, ja: „wie Eva als Laubwerk“.
Eva aber war die erste die Verführerin …
Johann Heinrich Füssli malte diese Ansicht des ersten Paares
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[1] Im gleichnamigen Film. Die Geschichte hat allerdings eine Pointe, denn offenbar war „es“ tatsächlich schon geschrieben – hineingeschrieben ins Buch des Schicksals.