Logen-Blog [300]: Jean Paul zum 300.
Just in der 300. Eintragung des Blogs, mitten in Sektor XXX, tritt der Begriff Hesperus in Erscheinung. So sollte bekanntlich der Roman heißen, den der Dichter dem angebrochenen Roman als vollendetes Werk nachschickte – die inneren Motive des Vorgängers aufnehmend, wie ich allenthalben lese. Wer oder was aber ist Hesperus in der Unsichtbaren Loge?
Beata:
Die Residentin war eine brillante Sonne, der immer Beata als Abendstern nachzog.
Und der Erzähler blendet von hier aus, in scharfer Wendung, sofort zum Naturphänomen über:
Sanfter holder Hesperus am Himmel! du wirfst deine Strahlen-Silberflitter auf unser Erden-Laub und schließest leise unser Herz für Reize auf, die so sanft wie deine sind! Alle Sommerabende, die mein Auge in Träumen und Erinnerungen auf deinen über mich erhöhten Unschuld-Auen verlebte, belohn' ich dir, versilberter schönster Tautropfe in der blauen Äther-Glockenblume des Himmels, indem ich dich zu einem Bilde der schönen Beata mache!
Damit aber ist sie zugleich die Repräsentantin der Aphrodite/Venus – sie, nicht die Residentin, die „nur“ die Sonne (als mütterlich „junonische“ Bouse) ist. Dass der Wandelstern Ἑωσφόροςdie Liebesgöttin gleichsam „ist“, weil dieser Planet in der Morgendämmerung alle anderen Sterne überschimmert, wussten schon die alten Babylonier, die sie mit der Liebesgöttin Ischtar assoziierten. Es ist freilich seltsam, dass ausgerechnet die „unschuldige“ Beata vom Wandelstern der Liebesgöttin begleitet wird – aber sie ist erst die erste, der dieses Glück zuteil wird: als Heilige von Venus beschützt zu werden. Auch ein anderer Bayreuther hat es gewusst:
Wie Todesahnung Dämmrung deckt die Lande,
umhüllt das Tal mit schwärzlichem Gewande;
der Seele, die nach jenen Höhn verlangt,
vor ihrem Flug durch Nacht und Grausen bangt: -
da scheinest du, o lieblichster der Sterne,
dein sanftes Licht entsendest du der Ferne;
die nächt'ge Dämmrung teilt dein lieber Strahl,
und freundlich zeigst den Weg du aus dem Tal. -
O du, mein holder Abendstern,
wohl grüßt' ich immer dich so gern:
vom Herzen, das sie nie verriet,
grüß sie, wenn sie vorbei dir zieht,
wenn sie entschwebt dem Tal der Erden,
ein sel'ger Engel dort zu werden!
Das geht auf die „reine“ Elisabeth, die Richard Wagner von Ferne mit der historischen Heiligen Elisabeth assoziiert hat; Wolfram von Eschenbach greift in seine Harfe und denkt bei der Frau, die er verzweifelt liebt, an die Venus, wie er bei Venus an die Frau denkt, die ihn nicht lieben kann.
Auch Beata soll eine Heilige sein – doch ist sie eine Heilige, die den Erzähler, der weiß, was es mit dem Hesperus auf sich hat, an die fleischliche Liebesgöttin denken lässt. Die Sterne lügen schließlich nicht, auch wenn er sich bemüht, ihre Tugenden ins helle Licht des Abendsterns zu stellen:
O könnt' ich doch ihre Heiligengestalt aus meinem Herzen heben und hieher auf meine Blätter legen, damit es der Leser sähe, nicht bloß begriffe, wie von der junonischen Bouse, aus der alle weibliche Reize brechen, selber seltene Uneigennützigkeit, doch aber Unschuld und weibliche bescheidne Zurückgezogenheit nicht, wie von ihr alle diese hölzernen Strahlen abfallen, wenn sich neben ihr mehr verhüllt als zeigt Beata, welche über die heftigsten weiblichen Wünsche den innern Sieg erhält und doch weder Sieg noch Kampf verrät – die, ohne Bousens Trauer-Hülse und Trauerspielen, ein erweichtes Herz dir gibt und deinen Blick unwiderstehlich beherrschet – und mit der du im Mondschein gehen kannst, ohne sie oder den Nachthimmel auf der Erde minder zu genießen!
Da fällt dem Blogger nur noch ein anderer „Songtext“ ein:
In einer Nacht im Mai,
da kann so viel passieren,
man kann sein Herz verlieren
und das geht eins, zwei, drei.
In einer Nacht im Mai,
da kann man herrlich träumen
und unter grünen Bäumen
geschieht so mancherlei.
Und bis der frühe Morgen graut
und laut der erste Hahn kräht,
so lange spielt man Bräutigam und Braut
bis die erste Bahn geht.
[Refrain]
Da wär ich auch dabei,
es darf nur keiner wissen,
ich möchte gerne küssen
in einer Nacht im Mai,
in einer Nacht im Mai.
Und bis der frühe Morgen graut
und laut der erste Hahn kräht,
so lange spielt man Bräutigam und Braut
bis die erste Bahn geht.
Unschuld? Zurückgezogenheit? In einer milden Nacht unter und mit einem Abendstern??
Logen-Blog [300]: Jean Paul zum 300.>
Just in der 300. Eintragung des Blogs, mitten in Sektor XXX, tritt der Begriff Hesperus in Erscheinung. So sollte bekanntlich der Roman heißen, den der Dichter dem angebrochenen Roman als vollendetes Werk nachschickte – die inneren Motive des Vorgängers aufnehmend, wie ich allenthalben lese. Wer oder was aber ist Hesperus in der Unsichtbaren Loge?
Beata:
Die Residentin war eine brillante Sonne, der immer Beata als Abendstern nachzog.
Und der Erzähler blendet von hier aus, in scharfer Wendung, sofort zum Naturphänomen über:
Sanfter holder Hesperus am Himmel! du wirfst deine Strahlen-Silberflitter auf unser Erden-Laub und schließest leise unser Herz für Reize auf, die so sanft wie deine sind! Alle Sommerabende, die mein Auge in Träumen und Erinnerungen auf deinen über mich erhöhten Unschuld-Auen verlebte, belohn' ich dir, versilberter schönster Tautropfe in der blauen Äther-Glockenblume des Himmels, indem ich dich zu einem Bilde der schönen Beata mache!
Damit aber ist sie zugleich die Repräsentantin der Aphrodite/Venus – sie, nicht die Residentin, die „nur“ die Sonne (als mütterlich „junonische“ Bouse) ist. Dass der Wandelstern Ἑωσφόροςdie Liebesgöttin gleichsam „ist“, weil dieser Planet in der Morgendämmerung alle anderen Sterne überschimmert, wussten schon die alten Babylonier, die sie mit der Liebesgöttin Ischtar assoziierten. Es ist freilich seltsam, dass ausgerechnet die „unschuldige“ Beata vom Wandelstern der Liebesgöttin begleitet wird – aber sie ist erst die erste, der dieses Glück zuteil wird: als Heilige von Venus beschützt zu werden. Auch ein anderer Bayreuther hat es gewusst:
Wie Todesahnung Dämmrung deckt die Lande,
umhüllt das Tal mit schwärzlichem Gewande;
der Seele, die nach jenen Höhn verlangt,
vor ihrem Flug durch Nacht und Grausen bangt: -
da scheinest du, o lieblichster der Sterne,
dein sanftes Licht entsendest du der Ferne;
die nächt'ge Dämmrung teilt dein lieber Strahl,
und freundlich zeigst den Weg du aus dem Tal. -
O du, mein holder Abendstern,
wohl grüßt' ich immer dich so gern:
vom Herzen, das sie nie verriet,
grüß sie, wenn sie vorbei dir zieht,
wenn sie entschwebt dem Tal der Erden,
ein sel'ger Engel dort zu werden!
Das geht auf die „reine“ Elisabeth, die Richard Wagner von Ferne mit der historischen Heiligen Elisabeth assoziiert hat; Wolfram von Eschenbach greift in seine Harfe und denkt bei der Frau, die er verzweifelt liebt, an die Venus, wie er bei Venus an die Frau denkt, die ihn nicht lieben kann.
Auch Beata soll eine Heilige sein – doch ist sie eine Heilige, die den Erzähler, der weiß, was es mit dem Hesperus auf sich hat, an die fleischliche Liebesgöttin denken lässt. Die Sterne lügen schließlich nicht, auch wenn er sich bemüht, ihre Tugenden ins helle Licht des Abendsterns zu stellen:
O könnt' ich doch ihre Heiligengestalt aus meinem Herzen heben und hieher auf meine Blätter legen, damit es der Leser sähe, nicht bloß begriffe, wie von der junonischen Bouse, aus der alle weibliche Reize brechen, selber seltene Uneigennützigkeit, doch aber Unschuld und weibliche bescheidne Zurückgezogenheit nicht, wie von ihr alle diese hölzernen Strahlen abfallen, wenn sich neben ihr mehr verhüllt als zeigt Beata, welche über die heftigsten weiblichen Wünsche den innern Sieg erhält und doch weder Sieg noch Kampf verrät – die, ohne Bousens Trauer-Hülse und Trauerspielen, ein erweichtes Herz dir gibt und deinen Blick unwiderstehlich beherrschet – und mit der du im Mondschein gehen kannst, ohne sie oder den Nachthimmel auf der Erde minder zu genießen!
Da fällt dem Blogger nur noch ein anderer „Songtext“ ein:
In einer Nacht im Mai,
da kann so viel passieren,
man kann sein Herz verlieren
und das geht eins, zwei, drei.
In einer Nacht im Mai,
da kann man herrlich träumen
und unter grünen Bäumen
geschieht so mancherlei.
Und bis der frühe Morgen graut
und laut der erste Hahn kräht,
so lange spielt man Bräutigam und Braut
bis die erste Bahn geht.
[Refrain]
Da wär ich auch dabei,
es darf nur keiner wissen,
ich möchte gerne küssen
in einer Nacht im Mai,
in einer Nacht im Mai.
Und bis der frühe Morgen graut
und laut der erste Hahn kräht,
so lange spielt man Bräutigam und Braut
bis die erste Bahn geht.
Unschuld? Zurückgezogenheit? In einer milden Nacht unter und mit einem Abendstern??