Aus den Nachlässen der Bayerischen Staatsbibliothek: Anton Leidl an Eugen Roth

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(c) Archiv Eugen Roth, Bayerische Staatsbibliothek

Die 158. Ausgabe der Zeitschrift Literatur in Bayern widmet sich dem Schwerpunkt Vom Geist der Universität. Dr. Maximilian Schreiber vom Nachlassreferat der Bayerischen Staatsbibliothek über den Münchner Glaspalast und einen karikaturistischen Brief an einen verunfallten „Dichterfürsten“, dessen umfangreicher Nachlass letztes Jahr an die Staatsbibliothek ging.

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„Der Glaspalast brennt! […] Der Blick irrt über das Feuermeer. Züngelnd schlägt es heraus, wie Brandung donnert es heran, sinkt hinunter, braust wieder empor, funkelnd, zerstiebend und verzückend, mit breiten Zungen fressend, feige zurückgeduckt vor dem schmetternden Wasserstrahl und sofort wieder tausendfach anlaufend, höhnisch tanzend und winkend und wirbelnd.“

Ausführlich beschrieb Eugen Roth den Brand dieses wichtigen historischen Gebäudes am 6. Juni 1931 in einem großen Artikel in den Münchner Neuesten Nachrichten, illustriert durch eigene Leica-Aufnahmen. Roth war damals Ressortleiter für die Münchner Lokalpolitik bei den MNN und, da er nur wenige Minuten vom Brandort entfernt wohnte, als einer der ersten vor Ort.

Unter König Maximilian II. wurde für die Erste Allgemeine Deutsche Industrieausstellung der Glaspalast, der 234 Meter lang, 67 Meter breit und 25 Meter hoch war und gänzlich aus Glas und Gusseisen bestand, im Norden des Alten Botanischen Gartens in der Nähe des Stachus 1854 erbaut.

In den Folgejahren fand das prestigeträchtige Gebäude vor allem für nationale und internationale Kunstausstellungen Verwendung. Am 6. Juni 1931 wurde der Glaspalast durch ein Feuer vollständig zerstört und damit über 3.000 Kunstwerke, darunter die komplette, 110 Gemälde umfassende Sonderausstellung zur deutschen Romantik. Als Brandursache wurde die „Selbstentzündung ölgetränkter Putzwolle, die in einem Werkstattraum lagerte“, festgestellt.

40 Jahre später verfasste Eugen Roth ein ganzes Buch über die Geschichte des Glaspalastes, wobei er seinen umfassenden Artikel aus dem Jahr 1931 nochmals wörtlich abdruckte. Als das Buch vom Süddeutschen Verlag der Öffentlichkeit in der Max-Emanuel Brauerei vorgestellt werden sollte, konnte der Autor nicht anwesend sein, da er auf dem Weg zur Lesung einen Unfall erlitten hatte und direkt ins Krankenhaus gebracht werden musste.

Der mit Roth eng befreundete Maler Anton Leidl nahm dieses Ereignis zum Anlass für einen karikaturistischen Brief an den verunfallten „Dichterfürsten“ und wünschte sich, dass statt des Unfalles lieber „drei Glaspaläste abgebrannt“ wären. Zwischen Leidl und Roth bestand ein reger Briefverkehr: Im umfangreichen Nachlass von Roth, der Mitte 2024 der Bayerischen Staatsbibliothek geschenkt wurde, finden sich zahlreiche Briefe des Malers.

Anton Leidl wurde am 13. Mai 1900 in Frankfurt am Main geboren, als Sohn bayerischer Eltern zog es ihn aber in die Heimat zurück und so studierte er an der Münchner Kunstakademie bei Adolf Hengeler und Martin von Feuerstein. Bald wurde er Illustrator der Jugend, der Fliegenden Blätter und des Simplicissimus.

Seit den 1920er-Jahren war er auch Juror für die vielen Ausstellungen im Glaspalast, später Vorstandsmitglied der Münchner Künstlergenossenschaft. Beim Brand des Glaspalastes wurden übrigens auch vier Ölbilder und drei Zeichnungen von Leidl zerstört.

1932 erhielt er den Nürnberger Dürer-Preis und im Jahr darauf das Reisestipendium der Stadt München, das ihm künstlerische Aufenthalte in Florenz und Rom erlaubte. Da sein Werk, zumeist Stadtansichten oder Landschaften und Porträts, sehr naturalistisch gehalten war, konnte er in der Zeit des Nationalsozialismus weiter erfolgreich ausstellen und auch für einige Kasernen und militärische Gebäude Wandfresken schaffen. Nachdem 1943 sein Münchner Atelier ausgebombt worden war, zog er sich, wie hier am Briefkopf zu sehen ist, an den noch Würmsee genannten Starnberger See zurück. Nach 1945 blieb er ein viel ausgestellter Künstler und war weiterhin sehr produktiv. Auch im Spätwerk blieb er seinem gegenständlichen Stil treu, auf den sich Roth in einem Gedicht zum 50. Geburtstag von Leidl bezog:

[...]

Auch nördlich hat man – nicht nur südlich –
Von seinem Schaffen einen Dunst,
Denn er verbreitet unermüdlich
Wie warme Semmeln seine Kunst.

Und zwar nicht als Abstrakter-Wilder,
Versucht er sich, als Bürgerschreck.
Er malt ganz einfach gute Bilder,
was nach wie vor des Künstlers Zweck.

[...]

Ebenso zum 60. Geburtstag schreibt er über ihn: „Natürlich, wenn wir Anton Leidl – wie es schon viele taten – einen im besten Sinne naiven Künstler nennen, dann sprechen wir ihm damit den Kunstverstand nicht ab, den (seltenen!) sicheren Geschmack; unbefangen wollen wir ihn heißen (der Kenner weiß deswegen trotzdem um die Vielschichtigkeit und das Geheimnis des Schaffens!)“