Info

Literatur am Telefon (21): Eva Leipprand und Claus Biegert

Das Literaturtelefon-Archiv wird in der Monacensia im Hildebrandhaus aufbewahrt. Es umfasst 40 CDs, auf denen insgesamt 573 Lesungen enthalten sind. Die Monacensia und das Literaturportal Bayern präsentieren monatlich eine Auswahl dieser Lesungen. Folge 21: Woher alles kommt von Eva Leipprand und Der Montag, der die Welt veränderte von Claus Biegert

*

(c) privat

„Wer den Krieg nicht kennt, der hat keine Ahnung und macht sich keinen Begriff“, weiß die Mutter der Ich-Erzählerin und fährt fort: „Alles kommt vom Krieg“: Dass der Regen durchs Dach tropft, in Eimern aufgefangen werden muss und sich Schutthaufen vor dem langen unterirdischen Gang unter dem Seminargebäude auftürmen. Dass sie den Krieg nicht kennt, hindert das kleine Mädchen nicht daran, vom Krieg zu träumen. Es sind schlimme Träume, die sie dazu veranlassen, sich zur Mutter zu flüchten. Die Mutter weiß viel, aber nicht, dass die Kinder den Eingang gefunden und das unterirdische Labyrinth zum Spielplatz gewählt haben. Draußen im Sandkasten bauen sie eine Stadt für die Zwerge. Das Mädchen hält Ausschau nach kleinen roten Mützen. Vergeblich: Die Zwerge kommen nicht. Doch die Phantasiewelten, die sie sich ausdenkt, helfen ihr, das trostlose Leben in den frühen fünfziger Jahren zu überstehen. 

 

Foto: Annett Melzer

Unter dem Titel Der Montag, der die Welt veränderte, hat Claus Biegert 1996 ein Lesebuch des Atomzeitalters veröffentlicht, in dem unter anderem Texte wie Allen Ginsbergs „Plutonium Ode“, Robert Jungks „Streifzüge duch die Nukleardiktatur“ und Christine von Weizsäckers „Pfad der Fehler“ zu finden sind. Biegert nähert sich dem Thema mit einer Erinnerung aus seiner Kindheit auf dem Land. In den Ferien fuhr die Großmutter mit ihm in die nahe gelegene Großstadt München. Der Besuch des „aki“, des Aktualitätenkinos im Bahnhof, wo in Fox' tönender Wochenschau über Adenauer, Papst Pius XII. und Atompilze in der Südsee berichtet wurde, warf für das Kind wichtige Fragen auf, die jedoch weder von der Großmutter noch seinen Eltern beantwortet wurden. „Die bringen ja alles durcheinander“, pflegte die Großmutter zu sagen. Es blieb bei „Kinderfragen. Erwachsenenantworten“.  

**

Alle Folgen des Literaturtelefons finden Sie HIER.