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29.01.2025, 09:30 Uhr
Sara Gómez
Text & Debatte
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FREISCHWIMMEN – DER ORT AN DEM ICH BIN. Ein mäandernder Text über Schreiben und Schwimmen (9)

Literatur und Bewegung gehen ein spannendes Gespann ein. Der Bewegung im Kopf setzen viele Autorinnen und Autoren eine körperliche Bewegung entgegen oder ergänzen die eine mit der anderen. Von den offensichtlichen gesundheitlichen Gründen abgesehen, ist das eine oftmals die Verlängerung des anderen. 

Die Autorin Sara Goméz ist leidenschaftliche Schwimmerin ohne jede Ambition an sportliches Achievement. In dieser 9-teiligen Blogreihe lässt sie sich treiben wie in einem See und kommt dennoch immer wieder zurück in ihre Bahnen. Sie schreibt darüber, wie Schreiben und Schwimmen, wie Bewegung und Denken für sie zusammenhängen. Wir präsentieren hier die finale neunte Folge.

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WASSERRATTEN

In vielen Texten über das Schwimmen, etwa in den bereits zitierten Wasserzeiten und Warum wir schwimmen, beschreiben die Autorinnen, wie sie schwimmen lernten, wie ihre Väter ihnen das Schwimmen beibrachten. Ich sehe mich mit beiden Elternteilen im Wasser, wenn ich an das Schwimmenlernen denke. Ich glaube, es war meine Mutter, die meistens geduldiger im Beibringen war, die diesen Erfolg für sich verbuchen konnte. Während mein Vater derjenige war, der beim Radfahren-Beibringen den längeren Atem hatte. 

Meine Eltern gingen nie in das spätere Freibad meiner Jugend – wir fuhren in eines der wenigen Naturschwimmbäder, die es in Bayern gibt. Fast wie ein See, bloß eben künstlich angelegt und mit einer Unterscheidung in Schwimmer- und Nichtschwimmer-Bereich, bildet dieses Freibad in Haag i. Ob. zusammen mit regelmäßigen Ausflügen nach Wasserburg am Inn den Soundtrack meiner Kindheit. In dem Freibad schwamm stets ein Baumstamm, es gab eine Insel und natürlich auch den obligatorischen Kiosk, an dem man sich Limo und Pommes kaufen konnte. Das interessierte mich damals aber deutlich weniger, als im Wasser zu bleiben so lange wie möglich. Ich war eine klassische „Wasserratte“ und kam oft erst raus, wenn meine Lippen blau waren. Dass sich dabei das Hämoglobin im Blut verdunkelt und sie deshalb blau scheinen, lernte ich erst als Erwachsene. Bonnie Tsui, die mal ein Kind vor dem Ertrinken rettete und sich fragte, was dieses bewogen hatte, ins Wasser zu gehen, obwohl es nicht schwimmen konnte, gibt sich Jahre später selbst die Antwort und verweist auf Rebbeca Solnits Essay Die Kunst, sich zu verlieren und den Ausschnitt: „For many years, I have been moved by the blue at the far edge of what can be seen, that color of horizons, of remote mountain ranges, of anything far away. The color of that distance is the color of an emotion, the color of solitude and of desire, the color of there seen from here, the color of where you are not.”1 

Die Farbe dessen, wo man nicht ist – das Blau des Wassers hat eine magische Anziehungs-, eine eigene Schwerkraft. 

„Your songs remind me of swimming”, singen Florence + The Machine. Natürlich habe ich auch eine Playlist für diesen Text angelegt – die ich mitnehme, wenn ich das nächste Mal ins Becken steige.

 

[1] Vgl. Die Kunst sich zu verlieren. Ein Wegweiser, Rebecca Solnit, Matthes & Seitz, 2020. 

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