Rezension der Anthologie „Der beste Kusz“ zum 80. Geburtstag von Fitzgerald Kusz
Diesen November feierte der Dichter und Dramatiker Fitzgerald Kusz seinen 80. Geburtstag. Seit den 70er-Jahren ist der Nürnberger für seine mittelfränkische Mundartlyrik bekannt. Anlässlich dieses Jubiläums erschienen bei ars vivendi im August 2024 seine „schönsten Gedichte aus 50 Jahren“ im Sammelband. Der beste Kusz ist eine von Kusz selbst kuratierte Zusammenstellung aus pointierten Alltagsbeobachtungen, die mit provinziellen Klischees spielen, den Kipppunkten in unserem Denken nachspüren und mit scharfzüngigem Witz immer wieder unsere Engstirnigkeit entlarven. Sophia Klink hat den Band für uns gelesen.
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gedichde senn wolkn, manchmall bleims ä weil hängä, einen Augenblick, einen wolkigen Tag lang. Bei Fitzgerald Kusz sind es fünfzig Jahre Regenwetter geworden. So lange türmt der Nürnberger Dichter nun schon die schönsten Wolken auf, um für diesen Gedichtband aus vollen wassäbfidschn zu schöpfen. Die chronologisch angeordneten Texte stammen aus vierzehn Gedichtbänden, für die Kusz deutschlandweit bekannt wurde, 2017 den Bayerischen Dialektpreis und 2024 den Bayerischen Verdienstorden verliehen bekam. Schließlich ist es eine vom Aussterben bedrohte Sprache, die Kusz auf brillante Weise zum Leben erweckt.
Von Wasserpfützen bis Kapitalismuskritik
Kusz‘ Gedichte führen in eine zeitlose Alltagswelt. Es geht um den Wetterbericht, Spatzen, die Schweigende Mehrheit, blasdikdiidn (Plastiktüten), den foäbloon der Eisenbahn, die Kluft zwischen Wunsch und Realität. Auf zweihundertfünfzig Seiten versammeln sich Haikus, Kinder- und Liebesgedichte, Nicht-Sonette und Lamenti. Man kann sich mit dem Lyrischen iich über Politikverdrossenheit und Schnelllebigkeit aufregen oder einfach in dä wassäbfidschn umänandäkwaadschn. Kusz‘ Gedichte sind scharfsinnige Beobachtungen, die auf menschliches Unvermögen verweisen und dieses mit bissigem Humor auf den Punkt bringen: die schildkrödn hamms goud / wemmä blouß halb su schnell weän / weämä weidä.
Die Lust an der Lautlichkeit
Für die Leserin ohne fränkisch-dialektale Vorbildung wirken Kusz‘ Gedichte auf den ersten Blick wunderlich enigmatisch. Jedes Wort erscheint wie ein kleines Rätsel voller ä und d und g. Konsonanten kollidieren, zwei Worte raffen sich ungewohnt zu einem neuen zusammen. Aber schon auf den zweiten Blick erschließt sich der Sinn. Die Worte müssen nur auf die Zunge gelegt werden, um leicht wie die besagte Wolke zu werden. Sie wollen gemurmelt und laut gesprochen werden. Es macht Spaß, das Bekannte in diesen nur scheinbar fremden Buchstabenkombinationen zu finden. umänandälaafm entpuppt sich als herumlaufen, errberr als Arbeit, koung als Kuchen, bäbiä als Papier.
Manchmal entstehen Doppeldeutigkeiten. Es sind lustvolle Momente, sauäschdoff kurz als „sau-arsch-doof“ zu lesen, bevor der Sauerstoff in ihm erkenntlich wird. Wenn das Leben als lehm wortwörtlich die Erde mit ins Gedicht bringt. Manche Gedichte muten dadaistisch an, ohne auf einen Inhalt zu verzichten. Sie spüren der Lautlichkeit nach, Musik schwingt immer in ihnen mit. Melancholischen Blues liebt Fitzgerald Kusz mit ganzem Herzen, wie das Nachwort verrät. Schon längst hat man da erspürt, dass die Sprache swingt und groovt, wie es vielleicht nur die Mundart kann.
Den Funken suchen
Kusz‘ Gedichte suchen nach zwischenmenschlichen Fallstricken und verwickeln sich absichtlich und selbstironisch in ihnen. Ständig passiert ein Vorbeigehen, Verpassen, sich nicht Erkennen. manchmall binni blouß / annä vo di laid / wou an miä vobeigängä heißt es im Gedicht „Selbstportrait“. Das iich läuft durch die Fußgängerzone und vergisst vor suä haffn laid, was es kaufen wollte. Oft braucht Kusz nur drei oder vier Verse, um den Finger auf eine absurde Verschiebung zu legen. Jedes Wort scheint hier bewusst gesetzt, auf seinen Kern reduziert, um Raum für den ungesagten Hintersinn zu lassen. Kusz‘ Gedichte steuern auf eine Pointe zu, suchen diesen einen funkelnden Moment, in dem sich etwas Altbekanntes in neuem Licht präsentiert. Die Suche nach diesem Neuem steht in wohltuendem Kontrast zur fränkischen Mundart. Dabei gelingt es dem Autor, Betulichkeiten zu umschiffen und dem altertümelnden Klang der Sprache aktuelle Gedanken entgegenzusetzen.
Mit Wiederholungen entlarven
Oft bestehen die Gedichte aus alltäglichen Dialogen, die sich im Kreis drehen, voller Fragen und Misskommunikation. Ein iich spricht ein du an oder argumentiert mit sich selbst, bis die scheinbar logischen Gedankengänge unlogisch werden. Redewendungen werden wiederholt und abgewandelt, bis sie sich als leere Floskeln offenbaren. Gute Ratschläge fallen auf das iich zurück, wie wenn es rät: lern wos / nou wersd wos / lern wos / nou hasd wos / lernsd nix / wersd nix /… / schaumi doch oo. Nicht selten steht am Ende des Gedichts eine Frage, ein großes Schweigen oder Nichts im Raum: obbä nix gwiiß waaßmä ned, wos wolldi edz soong?, iich sooch aa nix, des hoaßd zwoä nix / obbä des bassd. Auch Vorurteile werden so entlarvt: dem Lehrer glauben wir, dem Arzt glauben wir, der Putzfrau glauben wir nicht. Allein durch diese Gegenüberstellung weist das Gedicht über seinen Inhalt hinaus und übt ungesagt Kritik am Schubladendenken.
Haltung problematisch unmarkiert
Die Haltung des Lyrischen iichs wird dabei nicht weiter kommentiert, die moralische Einsicht der Leserin ergibt sich gerade aus dieser Offenheit. Dadurch bleibt sie an manchen Stellen aber auch in der Schwebe. Gerade bei den politischen Gedichten über Krieg und Faschismus beschleicht mich ein Unbehagen, stellenweise bin ich schockiert. So ist zum Beispiel das Gedicht „Gedenkstein“ den Opfern des Nationalsozialismus gewidmet, endet aber in der mehr als geschmacklosen Pointe: su hamms ghaaßn / obbä gnudzd / houds innern nix. Einmal schlägt das Herz links an der richtigen Stelle, dann wieder drächds ä richdigä daidschä am rechdn flegg. Bestimmt ist hier richtig, statt rechts gemeint. Mich schaudert es trotzdem. Kusz’ stand der 68er-Bewegung nahe und engagierte sich lange Zeit politisch für Gleichheit und Gerechtigkeit. Diese Information sollte aber nicht notwendig sein, um die politische Haltung einiger Gedichte zu verstehen.
Auch was das Frauenbild angeht, keimen beim Lesen Zweifel auf. Eine Liebesszene im Gras liest sich als nicht einvernehmlich, gar bedrohlich: ach räiä di ned … / diä finnä di ned … / iich schdreichl di. Dann wieder wird ein vermeintlich männlicher Blick auf naggede weibä durch einen Perspektivwechsel unerwartet aufgelöst. Kusz‘ Liebeslyrik fokussiert sich auf Zwischenmenschliches, sodass sie schönerweise ohne Schlüpfrigkeiten auskommt. Zusammen mit dem Pop-Art-Cover, dessen kusshandwerfende Hausfrau aus den 50er- oder 60er-Jahren eindeutig erotisch aufgeladen ist, fragt man sich dennoch, welches Frauenbild hier impliziert wird. Ob die Kuss-Wortspielerei und ein leicht verschobenes Z genügen, um dieses Unbehagen auszuhebeln, bleibt für mich als Frau einer jüngeren Generation mehr als fraglich.
Schimpfwörter in Kusz‘ Gedichten sind hier natürlich weniger problematisch, da sie inhärent zur Mundart dazugehören. Dem Lyrischen du wird auch mal derb über den Mund gefahren, freilich. Der bayerische Grantler wird auf sympathische Weise ausgestellt, wenn er zum Beispiel die Sonne beschimpft: suä bläidä sunnä suä bläidä, bis ihm die Sprache wegbleibt.
Insgesamt muss hier betont werden, dass sich viele Texte klar gegen Bequemlichkeit, Verbortheit und politische Müdigkeit positionieren. mach wos dägeeng, rufen sie immer wieder zum Handeln auf. Ohne die unbehaglichen Momente ganz zu überdecken, tun diese Aussagen gut.
Erwartungsfrohe Gemütlichkeit
Der beste Kusz ist ein Best-of zum Blättern und Reinschmökern, das immer wieder überrascht – aber eben auch problematische Stellen hat, die gar nicht gehen! Das verschriftlichte Fränkisch lädt ein, sich wie bei einem Magischen Auge zurückzulehnen, die Augenmuskeln zu entspannen und schon kippt die Schrift wie ein optisches Bild. Was sich zeigt, sind aufblitzende Wahrheiten. Diese Texte klingen nach, lassen belustigt und im besten Sinne beunruhigt zurück. Unwillkürlich versetzen sie in die eigene Kindheit, ihre Sprache und immer wiederkehrenden Dialoge. Sie erinnern an regenreiche Sonntage, die erwartungsfrohe Gemütlichkeit beim Kaffeekränzchen mit der Oma, die nicht ganz diesen Dialekt gesprochen hat. Oder klang es vielleicht doch ä bisslä suä?
Fitzgerald Kusz: Der beste Kusz. Die schönsten Gedichte aus 50 Jahren Kusz. ars vivendi verlag, Cadolzburg, 256 S., ISBN 978-3-7472-0629-4, 20,00 €
Rezension der Anthologie „Der beste Kusz“ zum 80. Geburtstag von Fitzgerald Kusz>
Diesen November feierte der Dichter und Dramatiker Fitzgerald Kusz seinen 80. Geburtstag. Seit den 70er-Jahren ist der Nürnberger für seine mittelfränkische Mundartlyrik bekannt. Anlässlich dieses Jubiläums erschienen bei ars vivendi im August 2024 seine „schönsten Gedichte aus 50 Jahren“ im Sammelband. Der beste Kusz ist eine von Kusz selbst kuratierte Zusammenstellung aus pointierten Alltagsbeobachtungen, die mit provinziellen Klischees spielen, den Kipppunkten in unserem Denken nachspüren und mit scharfzüngigem Witz immer wieder unsere Engstirnigkeit entlarven. Sophia Klink hat den Band für uns gelesen.
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gedichde senn wolkn, manchmall bleims ä weil hängä, einen Augenblick, einen wolkigen Tag lang. Bei Fitzgerald Kusz sind es fünfzig Jahre Regenwetter geworden. So lange türmt der Nürnberger Dichter nun schon die schönsten Wolken auf, um für diesen Gedichtband aus vollen wassäbfidschn zu schöpfen. Die chronologisch angeordneten Texte stammen aus vierzehn Gedichtbänden, für die Kusz deutschlandweit bekannt wurde, 2017 den Bayerischen Dialektpreis und 2024 den Bayerischen Verdienstorden verliehen bekam. Schließlich ist es eine vom Aussterben bedrohte Sprache, die Kusz auf brillante Weise zum Leben erweckt.
Von Wasserpfützen bis Kapitalismuskritik
Kusz‘ Gedichte führen in eine zeitlose Alltagswelt. Es geht um den Wetterbericht, Spatzen, die Schweigende Mehrheit, blasdikdiidn (Plastiktüten), den foäbloon der Eisenbahn, die Kluft zwischen Wunsch und Realität. Auf zweihundertfünfzig Seiten versammeln sich Haikus, Kinder- und Liebesgedichte, Nicht-Sonette und Lamenti. Man kann sich mit dem Lyrischen iich über Politikverdrossenheit und Schnelllebigkeit aufregen oder einfach in dä wassäbfidschn umänandäkwaadschn. Kusz‘ Gedichte sind scharfsinnige Beobachtungen, die auf menschliches Unvermögen verweisen und dieses mit bissigem Humor auf den Punkt bringen: die schildkrödn hamms goud / wemmä blouß halb su schnell weän / weämä weidä.
Die Lust an der Lautlichkeit
Für die Leserin ohne fränkisch-dialektale Vorbildung wirken Kusz‘ Gedichte auf den ersten Blick wunderlich enigmatisch. Jedes Wort erscheint wie ein kleines Rätsel voller ä und d und g. Konsonanten kollidieren, zwei Worte raffen sich ungewohnt zu einem neuen zusammen. Aber schon auf den zweiten Blick erschließt sich der Sinn. Die Worte müssen nur auf die Zunge gelegt werden, um leicht wie die besagte Wolke zu werden. Sie wollen gemurmelt und laut gesprochen werden. Es macht Spaß, das Bekannte in diesen nur scheinbar fremden Buchstabenkombinationen zu finden. umänandälaafm entpuppt sich als herumlaufen, errberr als Arbeit, koung als Kuchen, bäbiä als Papier.
Manchmal entstehen Doppeldeutigkeiten. Es sind lustvolle Momente, sauäschdoff kurz als „sau-arsch-doof“ zu lesen, bevor der Sauerstoff in ihm erkenntlich wird. Wenn das Leben als lehm wortwörtlich die Erde mit ins Gedicht bringt. Manche Gedichte muten dadaistisch an, ohne auf einen Inhalt zu verzichten. Sie spüren der Lautlichkeit nach, Musik schwingt immer in ihnen mit. Melancholischen Blues liebt Fitzgerald Kusz mit ganzem Herzen, wie das Nachwort verrät. Schon längst hat man da erspürt, dass die Sprache swingt und groovt, wie es vielleicht nur die Mundart kann.
Den Funken suchen
Kusz‘ Gedichte suchen nach zwischenmenschlichen Fallstricken und verwickeln sich absichtlich und selbstironisch in ihnen. Ständig passiert ein Vorbeigehen, Verpassen, sich nicht Erkennen. manchmall binni blouß / annä vo di laid / wou an miä vobeigängä heißt es im Gedicht „Selbstportrait“. Das iich läuft durch die Fußgängerzone und vergisst vor suä haffn laid, was es kaufen wollte. Oft braucht Kusz nur drei oder vier Verse, um den Finger auf eine absurde Verschiebung zu legen. Jedes Wort scheint hier bewusst gesetzt, auf seinen Kern reduziert, um Raum für den ungesagten Hintersinn zu lassen. Kusz‘ Gedichte steuern auf eine Pointe zu, suchen diesen einen funkelnden Moment, in dem sich etwas Altbekanntes in neuem Licht präsentiert. Die Suche nach diesem Neuem steht in wohltuendem Kontrast zur fränkischen Mundart. Dabei gelingt es dem Autor, Betulichkeiten zu umschiffen und dem altertümelnden Klang der Sprache aktuelle Gedanken entgegenzusetzen.
Mit Wiederholungen entlarven
Oft bestehen die Gedichte aus alltäglichen Dialogen, die sich im Kreis drehen, voller Fragen und Misskommunikation. Ein iich spricht ein du an oder argumentiert mit sich selbst, bis die scheinbar logischen Gedankengänge unlogisch werden. Redewendungen werden wiederholt und abgewandelt, bis sie sich als leere Floskeln offenbaren. Gute Ratschläge fallen auf das iich zurück, wie wenn es rät: lern wos / nou wersd wos / lern wos / nou hasd wos / lernsd nix / wersd nix /… / schaumi doch oo. Nicht selten steht am Ende des Gedichts eine Frage, ein großes Schweigen oder Nichts im Raum: obbä nix gwiiß waaßmä ned, wos wolldi edz soong?, iich sooch aa nix, des hoaßd zwoä nix / obbä des bassd. Auch Vorurteile werden so entlarvt: dem Lehrer glauben wir, dem Arzt glauben wir, der Putzfrau glauben wir nicht. Allein durch diese Gegenüberstellung weist das Gedicht über seinen Inhalt hinaus und übt ungesagt Kritik am Schubladendenken.
Haltung problematisch unmarkiert
Die Haltung des Lyrischen iichs wird dabei nicht weiter kommentiert, die moralische Einsicht der Leserin ergibt sich gerade aus dieser Offenheit. Dadurch bleibt sie an manchen Stellen aber auch in der Schwebe. Gerade bei den politischen Gedichten über Krieg und Faschismus beschleicht mich ein Unbehagen, stellenweise bin ich schockiert. So ist zum Beispiel das Gedicht „Gedenkstein“ den Opfern des Nationalsozialismus gewidmet, endet aber in der mehr als geschmacklosen Pointe: su hamms ghaaßn / obbä gnudzd / houds innern nix. Einmal schlägt das Herz links an der richtigen Stelle, dann wieder drächds ä richdigä daidschä am rechdn flegg. Bestimmt ist hier richtig, statt rechts gemeint. Mich schaudert es trotzdem. Kusz’ stand der 68er-Bewegung nahe und engagierte sich lange Zeit politisch für Gleichheit und Gerechtigkeit. Diese Information sollte aber nicht notwendig sein, um die politische Haltung einiger Gedichte zu verstehen.
Auch was das Frauenbild angeht, keimen beim Lesen Zweifel auf. Eine Liebesszene im Gras liest sich als nicht einvernehmlich, gar bedrohlich: ach räiä di ned … / diä finnä di ned … / iich schdreichl di. Dann wieder wird ein vermeintlich männlicher Blick auf naggede weibä durch einen Perspektivwechsel unerwartet aufgelöst. Kusz‘ Liebeslyrik fokussiert sich auf Zwischenmenschliches, sodass sie schönerweise ohne Schlüpfrigkeiten auskommt. Zusammen mit dem Pop-Art-Cover, dessen kusshandwerfende Hausfrau aus den 50er- oder 60er-Jahren eindeutig erotisch aufgeladen ist, fragt man sich dennoch, welches Frauenbild hier impliziert wird. Ob die Kuss-Wortspielerei und ein leicht verschobenes Z genügen, um dieses Unbehagen auszuhebeln, bleibt für mich als Frau einer jüngeren Generation mehr als fraglich.
Schimpfwörter in Kusz‘ Gedichten sind hier natürlich weniger problematisch, da sie inhärent zur Mundart dazugehören. Dem Lyrischen du wird auch mal derb über den Mund gefahren, freilich. Der bayerische Grantler wird auf sympathische Weise ausgestellt, wenn er zum Beispiel die Sonne beschimpft: suä bläidä sunnä suä bläidä, bis ihm die Sprache wegbleibt.
Insgesamt muss hier betont werden, dass sich viele Texte klar gegen Bequemlichkeit, Verbortheit und politische Müdigkeit positionieren. mach wos dägeeng, rufen sie immer wieder zum Handeln auf. Ohne die unbehaglichen Momente ganz zu überdecken, tun diese Aussagen gut.
Erwartungsfrohe Gemütlichkeit
Der beste Kusz ist ein Best-of zum Blättern und Reinschmökern, das immer wieder überrascht – aber eben auch problematische Stellen hat, die gar nicht gehen! Das verschriftlichte Fränkisch lädt ein, sich wie bei einem Magischen Auge zurückzulehnen, die Augenmuskeln zu entspannen und schon kippt die Schrift wie ein optisches Bild. Was sich zeigt, sind aufblitzende Wahrheiten. Diese Texte klingen nach, lassen belustigt und im besten Sinne beunruhigt zurück. Unwillkürlich versetzen sie in die eigene Kindheit, ihre Sprache und immer wiederkehrenden Dialoge. Sie erinnern an regenreiche Sonntage, die erwartungsfrohe Gemütlichkeit beim Kaffeekränzchen mit der Oma, die nicht ganz diesen Dialekt gesprochen hat. Oder klang es vielleicht doch ä bisslä suä?
Fitzgerald Kusz: Der beste Kusz. Die schönsten Gedichte aus 50 Jahren Kusz. ars vivendi verlag, Cadolzburg, 256 S., ISBN 978-3-7472-0629-4, 20,00 €