November

https://www.literaturportal-bayern.de/images/lpbblogs/Aufs%20Jahr%20geschaut/Wieland_Nov_1_500.jpg#joomlaImage://local-images/lpbblogs/Aufs Jahr geschaut/Wieland_Nov_1_500.jpg?width=500&height=325
Alle Bilder (c) Birgit Müller-Wieland

Zur Reihe: In Aufs Jahr geschaut widmet sich jeweils eine Autorin oder ein Autor des Literaturportals Bayern auf literarisch-künstlerische Weise einer Jahreszeit und gewinnt dieser im Format eines monatlichen Beitrags poetische, politische, alltagssensibel-lyrische oder bildhafte Reflektionen ab, welche die Leserschaft einmal ganz anders „aufs Jahr schauen“ lässt. In den Monaten Oktober, November und Dezember „blickt“ für uns auf den Herbst die Autorin Birgit Müller-Wieland. 

*

Zweiter November

für Ahoo Daryaei     (in Solidarität und Bewunderung)

 

Über einen Campus spaziert eine junge Frau mit offenem langem Haar 
als sei das so in ihrem Land so fast salopp nur flache Schuhe Slip und BH 

Sie hatte es so satt das Schleier leier geeier satt satt satt die Schergen irgendwelcher Sitten die ihre Kleidung rissen na gut na gut das habt ihr so gewollt dann also gleich fast nackt schaut her ich renne nicht davon schlender herum geh auf der Straße grüß das Kutscherpferd das Auto wird gleich ah die Reifen quietschen schon und schwarze Männer hallo quellen da hervor ich wehr mich schrei sie stopfen mich zurück in Zukunft blutdumpf gotttrumpf mordsumpf klick jetzt bin ich zwei mein Körper männerbegraben klick da unten klick mein Herz Geist Seele hin zu euch verschwunden Schwestern liebe Schwestern 
hab mich nur ein bisschen     kleines bisschen         selbst             verrückt 

 

 

Vierter November

 

Es ist der Tag davor                     die Bäume brennen

nicht         durchs Fenster         wirkts 
nur so beim schnellen Blick
hinaus 
atmen         einfach ruhig         weiter
atmen                         meinen Karnickelatem

raus ins schlängelnde Orangegold        braun

 

 

Fünfter November

 

Morgens ist der eine gewählt abends 
löst der andere die Regierung 

auf dem Mars – die Frage bald an jeden Stein: 
wollt ihr das wirklich?

Wirklich die toto taleale Kolonienienie sein?

 

 

Novembermitte

 

Kristallgezuckertes Dächerweiß 
zerglitzerte Siedlung versprüht
H au ch von etwas         früher 
aus dem Kind    sein     weht             was 

 

 

Saugstelle Wald

 

Wir schaffen sie ab 
steht in der Zeitung das klingt zu wahr 
um schön zu sein – also ab ab ab

in den WIRKLICHKEITswald! 

Flotten Schritts die Lungen füllen Modergedüftel Moosgeschnüffel 
die Sonne sprenkelt sich ins Bächlein rein biegt Mundwinkel hoch 
munter bäumeln wir den Sonnentag entlang

ach, was für ein Verzweigen! Belauben! Umrinden!

 

 

Ausklingender November

 

Auf das Verschwinden können wir uns verlassen
auch wenn sonst nichts mehr gilt
verschwinden geht immer

Durch den nassen Abend rudern wir
Traumspuren hinterher
schau: das kleine Glück dort! Das wird uns erhaschen