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05.07.2013, 08:17 Uhr
Frank Piontek
Jean-Paul-Reihe
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Jean Paul selbst nannte seinen Debütroman eine „geborne Ruine“: Frank Piontek liest „Die unsichtbare Loge“ von Jean Paul, Tag für Tag, von der ersten bis zur letzten Seite, und bloggt darüber.

Logen-Blog [193]: Ohne ihn ist alles doof. Ohne Bier auch.

Kulmbacher Bier-Brief

Kulmbach! Kein Jean Paul – nirgends! Nur Bier, Bier, Bier (denn Kulmbach ist als Bierstadt bekannt). Ganz Kulmbach scheint eine jeanpaulfreie Zone. Endlich!

Aber ach – da fällt dem Reisenden ein Werbeblättchen in die Hand... Es geht nicht ohne den Meister, auch hier nicht. Um ein bekanntes Sprüchlein aufzunehmen: Ohne ihn ist alles doof. Und was bietet Kulmbach in jeanpaulischer Hinsicht? Immerhin drei bis vier Veranstaltungen im Herbst und im Historischen Badhaus (und auf der Plassenburg): zwei Lesungen eines Berliner Rezitators, der hier seit 20 Jahren für den Dichter wirbt, die Ausstellung eines Graphikers, dessen Arbeiten zu Jean Paul inzwischen zahlreich und bekannt sind, eine Ausstellung des Kunstvereins: mit Sekundärarbeiten. Im November wird es einen Nachklang geben, wenn die Städtische Musikschule „musikalische Reminiszenzen“ an Jean Paul zum Besten gibt. Und gerade war der Blogger hier, um über Jean Pauls Glauben zu sprechen; er ist zufrieden mit dem Zuspruch bei den Tutzinger Freunden[1], auch wenn er sich wundert, dass offensichtlich kein einziges der nicht weniger als 83 Mitglieder des Kulmbacher Literaturvereins erschienen ist, um sich etwas über den Jubilar erzählen zu lassen, um zu erkunden, was sie noch nicht wussten, was sie noch nicht kannten, was sie noch nicht schmeckten. Schade – sie hätten vielleicht einen schönen Abend mit Jean Paul gehabt; sie hätten schöne, bedenkenswerte, literarisch einfach gute Texte hören und eine weltliterarische, durchaus nicht biedermännische Wirklichkeit erfahren können. Wirklich schade.

Naja, Jean Paul war ja (vermutlich) nie in Kulmbach, was soll's?

Er war nie in Kulmbach? Mag sein – aber die Kulmbacher müssten sich dafür bedanken, dass Jean Paul ihr Bier mochte und verewigte. Man kann's ja nachlesen, wenn man denn lesen kann und die richtigen Texte, die wirklich guten belletristischen Sachen in die Hand nimmt:

Ich lies wieder den Brief von der Post holen, weil mir Schwendler den herrlichen Rath gab, diese zu bitten, von Kulmbach aus, einen Boten – der der Hize und des Bieres wegen immer in der Nacht fahren müßte – mit Kulmbacher und Bayreuther Bier hieher schicken möchte. Emanuel, nur einen Nachtboten mit einem Karren stat der Post! Von wo aus, womit, wofür, wie theuer – das ist eins.

Dies schreibt er am 30. Juli 1802 an Freund Emanuel Osmund aus Meiningen. Man findet die Zeilen in einer hübschen Bier-Anthologie mit dem eindeutigen Titel „Bier Bier Bier, wie es auch komme“. Jean Paul und das Bier, die heuer aus gegebenem Anlass wieder gedruckt wurde. Ausgestattet hat das gute Bändchen – jener Graphiker, von dem oben die Rede ist, und der sich verdient gemacht hat um Jean Pauls Erzählungen und Gestalten: Stephan Klenner-Otto.

PS: Das Bierbild zeigt, analog zu den Mitgliedern des lokalen Literaturvereins, kein Kulmbacher Bier, denn das örtliche, nun ja: „glänzte“ diesmal durch Abwesenheit. Das fotografierte Bier, das übrigens aus einem kleinen Ort ganz in der Nähe von P. stammt, wurde hier „nur“ auf den Tisch gestellt – und mundete köstlich.

[Fotos: Frank Piontek, 4.7. 2013.]

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[1] Die Freunde der Evangelischen Akademie Tutzing sind Jeanpaulianer, wie der Jeanpaulianer sie sich wünscht, auch wenn nicht immer Bier und Kartoffeln mit Quark auf den Tisch gestellt wird.

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