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Nürnberger Ausstellung zu fränkischen Kirchen ab 19.4.

In der Ausstellungsversion seines Buches 111 Kirchen in Franken, die man gesehen haben muss (Emons Verlag) lädt Martin Droschke vom 19.04. bis 17.06. alle Nichtgläubigen und Gläubigen zu einer Rundreise zu kunsthistorischen Schatzhäusern, versteckten Kuriositäten und pittoresken Kapellen ein. Bild-Text-Paare fügen sich zu einem Mosaik, das alle Facetten der fränkischen Religiosität umfasst und der Kunstfertigkeit, gern aber auch der Bauernschläue huldigt, mit der unsere Ahnen Gott ein Haus bauten.

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Auch wenn mittlerweile die Mehrheit der Menschen den Glaubensinstitutionen den Rücken zugekehrt hat: Das Erbe der beiden großen Konfessionen, das sich sichtbar in den unzähligen, über die Städte, Dörfer und über die Felder und in den Wäldern verteilten, großen und kleinen Kirchenbauten manifestiert, wird noch lange nachhallen. Die Nachnutzung von geistlichen Einrichtungen und Gebäuden – sei es kulturell oder gar kommerziell – wird uns in der Zukunft beschäftigen. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema ist am Ausstellungsort in der Stadtbibliothek Nürnberg spürbar: Die Bild-Text-Paare sind im wiedererrichteten Kreuzgang des ehemaligen Katharinenklosters zu besichtigen, das im Spätmittelalter ein Reformzentrum mit einer der größten dokumentierten deutschsprachigen Bibliotheken gewesen ist. Nach der Aufhebung des Klosters 1596 nutzten die Räumlichkeiten ein Anatomisches Theater, die Akademie der Bildenden Künste und die Volkshochschule. Seit dem Wiederaufbau nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg bieten sie der Stadtbibliothek ein Zuhause.

Martin Droschke, geboren 1972 in Augsburg, lebt nach einigen Jahren in Nürnberg und Fürth in Coburg. Er betreibt dort nebenbei mit Oliver Heß das Kunstlabel „Verwertungsgesellschaft“ und arbeitete als Herausgeber mehrerer Literaturzeitschriften. Als Journalist und Literaturkritiker war er unter anderem für die Nürnberger Nachrichten, den Tagesspiegel, die taz und die Süddeutsche Zeitung tätig. Droschke ist Autor mehrerer Bücher über die Bierkulturen Böhmens, Frankens und Bayerns.

Martin Droschke zum Untertitel der Ausstellung „Wo es jeder anders weiß: So wünscht sich Gott sein Haus“

„Dieser spielt natürlich auf eine der (aus meiner Sicht) prägendsten Eigenwilligkeiten Frankens an, die noch heute deutlich spürbare Zerrissenheit – um nicht zu sagen: Feindschaft – zwischen den Konfessionen. Die Überzeugung, als einziger eine Art Patentrezept für die wahre Kirchenarchitektur zu haben, findet sich in einer Unzahl der im Buch beschriebenen Kirchen (von der Reformation bis heute). Sie ist natürlich absurd und kippt in eine Karikatur ihrer selbst, wenn man sich diese Kirchen aus dem heutigen Stand der Dinge heraus ansieht. Beispiele sind natürlich zuallererst die Markgrafenkirchen, bei denen sich immer das Wappen des weltlichen Herrschers am Hauptaltar – quasi als das, was das Volk anbetet – befindet und die mit ihren Logen eine streng hierarchische Sitzordnung eingeführt haben, die den Kontakt zwischen den Bevölkerungsschichten unterbindet (eigene Eingänge). Begründet natürlich mit: Gott will es so.

Auf katholischer Seite wäre da zum Beispiel die in der Gegenreformation gebaute Dettelsbacher Wallfahrtskirche, für die ein Wunder hermusste, welches sich dankbarerweise auch fand, und die zu besuchen den evangelischen als Alternative zur Ausweisung aus der Region angeboten wurde. Diese konfessionelle Zerrissenheit hat auch viele Individuallösungen nach sich gezogen – evangelische Kirchen, deren zwangsumkonfessionalisierte Gemeinde sich nicht von einer wundertätigen Madonna oder ihren 14 Nothelfern trennen wollte, weshalb entsprechende Statuen/Bilder einfach dablieben. Dörfer, die sich nach ihrem Gusto ihre eigene Kirche (aus Eigenmitteln) gebaut haben.

Oder – nochmal im Katholischen – diverse sehr widersprüchliche architektonische Antworten auf ein Wunder (heruntergefallene Hostie in Burgwindheim, die zum Bau einer winzigen Kapelle und einer Quellfassung führt; während das kleinere Wunder, die Escheinung der Nothelfer, in Lichtenfels eine gigantische „Kathedrale“ auslöst – nicht logisch, aber beide Male „Gottes Wille“). Die fulminant danebengegangene ökumenische Gemeinschaftskirche in Nürnberg-Langwasser und der in den 1960ern errichtete katholische Stachel im bis dahin vom Katholizismus befreiten Fürth bezeugen, dass dieser Wettbewerb um mehr Wissensnähe zu Gottes Willen noch immer mindestens schwelt. Das mag jetzt wie eine kritische, ja böse Interpretation von Architektur klingen, ist aber als neutrale Beobachtung gemeint. Denn es kann natürlich nicht anders sein, als dass eine Kirche immer dem zur Bauzeit aktuellen Wissens-Überzeugungsstand der Bauherren entsprach, diesen spiegelt – und sich dieser überholt hat. So banal diese Beobachtung auch sein mag, so wichtig finde ich es, sie herauszuarbeiten.“

Alle Informationen auf einen Blick

Öffnungszeiten: 19. April bis 17. Juni 2023

Mo-Fr 11 bis 19 Uhr, Sa 11 bis 16 Uhr

Stadtbibliothek Zentrum, Ebene K2, Gewerbemuseumplatz 4, 90403 Nürnberg

Eintritt frei