Kultur trotz Corona: „Im Bauch von ‚Moby-Dick‘“. Von Thomas Lang
Thomas Lang (* 1967 in Nümbrecht) lebt seit 1997 als Autor in München. 2002 erschien sein Roman Than, der mit dem Bayerischen Kunstförderpreis für Literatur und dem Marburger Literaturpreis ausgezeichnet wurde. 2005 erhielt Lang den Ingeborg-Bachmann-Preis für einen Auszug aus dem Roman Am Seil, der zudem für den Preis der Leipziger Buchmesse 2006 nominiert war. Als Stipendiat hielt Thomas Lang sich u.a. in Kanada, Italien (Casa Baldi), den USA (Villa Aurora) sowie der Schweiz auf. Neben dem fiktionalen Schreiben arbeitet er als freier Journalist, verfasst Essays und lehrt kreatives Schreiben. Zuletzt erschien sein Roman Freinacht (2019), der aus dem interaktiven Netzroman Der gefundene Tod hervorgegangen war.
Mit dem folgenden Themen-Essay beteiligt sich Thomas Lang an der Fortsetzung von „Kultur trotz Corona“, einem Projekt des Literaturportals Bayern zur Unterstützung bayerischer Literaturschaffender. Alle bisherigen Beiträge der Reihe finden Sie HIER.
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Im Bauch von Moby-Dick
Vor einigen Jahren wurde an der spanischen Küste der Kadaver eines Pottwals angetrieben. In seinem Bauch fand sich ein komplettes Gewächshaus, außerdem Teile einer Matratze, mehrere Kleiderbügel, eine Spülschüssel aus Plastik und ein Eisbecher. So berichtet es die australische Autorin Rebecca Giggs in ihrem Sachbuch Fathoms – The World in the Whale (auf Deutsch etwa: „Fadentiefen – Die Welt im Wal“). Der Guardian berichtete von 59 Plastikteilen, die Meeresbiologen in dem Kadaver fanden. Sie hätten kaum glauben können, dass der zehn Meter lange und viereinhalb Tonnen schwere Wal diese riesige Menge an Plastik gefressen habe. Die Teile verstopften den Magen des Tiers und führten schließlich zu seinem Tod.
Vor 170 Jahren, 1851, publizierte der amerikanische Schriftsteller Herman Melville seinen zunächst nicht besonders erfolgreichen Roman The Whale. Das Buch ist heute unter dem Titel der amerikanischen Edition Moby-Dick weltberühmt. In seinem Bauch finden sich eine Menge an Themen, Fantasien, Verrücktheiten, die uns bis heute begeistern können und zum Teil ebenso aktuell erscheinen wie damals. Denn die Probleme unserer industrialisierten Welt haben sich nicht verändert, sondern verschärft. Nachhaltigkeit, das Verhältnis von Mensch und Tier, Rache sind hier wichtige Stichworte.
Im Rahmen einer Recherche für meinen entstehenden Roman über Herman Melville nähere ich mich dem Bauch von Moby-Dick. Spielerisch und wild schnappe ich Begriffe und Motive auf, recherchiere, assoziiere. Dabei entsteht nach und nach ein Kompendium an, wie ich hoffe, schöpferischen Gedanken und Verknüpfungen, ein Weben hin und her vom einen zum anderen Ende eines unstillen Ozeans. Einige meiner Salti und Flugnummern stelle ich hiermit vor. Sie bilden einen Teil meiner Notate zum Autor Melville, seinem Roman Moby-Dick (Side-Kicks inbegriffen) und seiner Zeit (Gegenwart und Zukunft inbegriffen). Sie führen manchmal über den Rand des Realen und Realisierbaren hinaus. Seien Sie wohlgemut. Kein Schwindel kann hier zum Absturz führen.
Zum Themen-Essay: Im Bauch von Moby-Dick
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Thomas Lang (* 1967 in Nümbrecht) lebt seit 1997 als Autor in München. 2002 erschien sein Roman Than, der mit dem Bayerischen Kunstförderpreis für Literatur und dem Marburger Literaturpreis ausgezeichnet wurde. 2005 erhielt Lang den Ingeborg-Bachmann-Preis für einen Auszug aus dem Roman Am Seil, der zudem für den Preis der Leipziger Buchmesse 2006 nominiert war. Als Stipendiat hielt Thomas Lang sich u.a. in Kanada, Italien (Casa Baldi), den USA (Villa Aurora) sowie der Schweiz auf. Neben dem fiktionalen Schreiben arbeitet er als freier Journalist, verfasst Essays und lehrt kreatives Schreiben. Zuletzt erschien sein Roman Freinacht (2019), der aus dem interaktiven Netzroman Der gefundene Tod hervorgegangen war.
Mit dem folgenden Themen-Essay beteiligt sich Thomas Lang an der Fortsetzung von „Kultur trotz Corona“, einem Projekt des Literaturportals Bayern zur Unterstützung bayerischer Literaturschaffender. Alle bisherigen Beiträge der Reihe finden Sie HIER.
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Im Bauch von Moby-Dick
Vor einigen Jahren wurde an der spanischen Küste der Kadaver eines Pottwals angetrieben. In seinem Bauch fand sich ein komplettes Gewächshaus, außerdem Teile einer Matratze, mehrere Kleiderbügel, eine Spülschüssel aus Plastik und ein Eisbecher. So berichtet es die australische Autorin Rebecca Giggs in ihrem Sachbuch Fathoms – The World in the Whale (auf Deutsch etwa: „Fadentiefen – Die Welt im Wal“). Der Guardian berichtete von 59 Plastikteilen, die Meeresbiologen in dem Kadaver fanden. Sie hätten kaum glauben können, dass der zehn Meter lange und viereinhalb Tonnen schwere Wal diese riesige Menge an Plastik gefressen habe. Die Teile verstopften den Magen des Tiers und führten schließlich zu seinem Tod.
Vor 170 Jahren, 1851, publizierte der amerikanische Schriftsteller Herman Melville seinen zunächst nicht besonders erfolgreichen Roman The Whale. Das Buch ist heute unter dem Titel der amerikanischen Edition Moby-Dick weltberühmt. In seinem Bauch finden sich eine Menge an Themen, Fantasien, Verrücktheiten, die uns bis heute begeistern können und zum Teil ebenso aktuell erscheinen wie damals. Denn die Probleme unserer industrialisierten Welt haben sich nicht verändert, sondern verschärft. Nachhaltigkeit, das Verhältnis von Mensch und Tier, Rache sind hier wichtige Stichworte.
Im Rahmen einer Recherche für meinen entstehenden Roman über Herman Melville nähere ich mich dem Bauch von Moby-Dick. Spielerisch und wild schnappe ich Begriffe und Motive auf, recherchiere, assoziiere. Dabei entsteht nach und nach ein Kompendium an, wie ich hoffe, schöpferischen Gedanken und Verknüpfungen, ein Weben hin und her vom einen zum anderen Ende eines unstillen Ozeans. Einige meiner Salti und Flugnummern stelle ich hiermit vor. Sie bilden einen Teil meiner Notate zum Autor Melville, seinem Roman Moby-Dick (Side-Kicks inbegriffen) und seiner Zeit (Gegenwart und Zukunft inbegriffen). Sie führen manchmal über den Rand des Realen und Realisierbaren hinaus. Seien Sie wohlgemut. Kein Schwindel kann hier zum Absturz führen.
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