Auftakt zum 6. White Ravens Festival für internationale Kinder- und Jugendliteratur

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(c) Literaturportal Bayern

Am 11. Juli begann das 6. White Ravens Festival für internationale Kinder- und Jugendliteratur im Schlosshof der Münchener Blutenburg. Eingeladen waren u.a. die White Ravens-Autorinnen und Autoren Margit Auer, die Erfinderin der „Schule der magischen Tiere“, Tuutikki Tolonen aus Finnland mit den Geschichten von der Monsternanny und Susan Kreller. Es gab poetische Shows, Pantomimen mit Jonglage, Akrobatik und Live-Musik. Friedrich Ulf Röhrer-Ertl war bei der Eröffnung vor Ort und hat sich für uns umgesehen.

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Im Nordwesten Münchens, umgeben von Wasser, Wiesen und tosendem Verkehr der immerlauten Großstadt liegt das alte Jagdschloss Blutenburg, der Sitz der Internationalen Jugendbibliothek. Kein zentral gelegener Ort, aber ein steingewordenes Credo. So wie das Schloss mit seinen Mäuerchen und Türmchen ein gebauter spätmittelalterlicher Rittertraum ist, so sind Kinderbücher, Jugendbücher, jedes einzelne, Einladungen in einen Traum der jeweiligen Autorin oder des jeweiligen Autors.

„Kultur ist not!“ – so könnte man das Credo auch der Kinder- und Jugendliteratur im Coronajahr 2021 beschreiben. Lockdowns, Home Schooling, Home Office… Wie das gesamte Kulturleben war auch das Bücherschloss in einen Dornröschenschlaf verfallen, aber wie das Dornröschen nicht in Vergessenheit geraten. Die Sehnsucht, der Bedarf nach Kultur, nach Literatur, ist in der Zeit der Abwesenheit nur größer geworden. Wer einen Beweis dafür brauchte, der musste nur zur Eröffnung des White Ravens Festivals kommen, das endlich mit einjähriger Verspätung vom 11.-15. Juli wieder stattfinden darf. Auch wenn sich weniger internationale Autorinnen und Autoren in der Blutenburg einfinden können als sonst, auch dieses Jahr ist das Festival eine hochkarätig besetzte Leuchtturmveranstaltung der Kinder- und Jugendliteratur.

Und nicht nur das, es ist auch eine ersehnte Leuchtturmveranstaltung. Nicht einmal das Wetter konnte die Besuchenden aufhalten. Fast wie eine Metapher für die gesamte Coronazeit regnete es noch bis wenige Minuten vor Veranstaltungsbeginn. Die großen und kleinen Besucherinnen und Besucher aber, sie kamen und kamen in Scharen. Der grauen Regentristesse von oben setzten sie im Schlosshof der Blutenburg Farben entgegen: weiße, rote, blaue, gelbe, rosa- und regenbogenfarbene Regenschirme, Regenmäntel, Friesennerze…

Es war fast wie ein kleines, passendes Wunder, als zur hinreißenden Musik des Duos Paprižka mit dem Beginn der Matinee erst der Regen aufhörte, dann sogar kurz der Himmel aufriss und sich über der Blutenburg ein geradezu barocker Freskenhimmel entfaltete. Regen, Wind, auch Kälte sollten immer wieder während der Veranstaltung zurückkehren, was leider manches Nebenprogramm, vor allem das Origami und das wunderbare japanische Papiertheater Kamishibai, einschränkten oder verhinderten.

Gleich nach den wohltuend kurzen Grußworten – richtigen und wichtigen Bekenntnissen zur Literatur und Reminiszenzen an die Geschichte der IJB, an deren Gründung durch Jella Lepman 1949 erinnert wurde – betrat mit Margit Auer die unangefochtene Lokalmatadorin die Bühne. Auer, deren Buchreihe von der „Schule der magischen Tiere“ seit 2013 so manches Kinderzimmer erobert hat, war wie allen Beteiligten die Lust, wieder live vor „echten“ Publikum aufzutreten, sichtbar anzumerken. Augenscheinlich waren die meisten der anwesenden Kinder vor allem für ihren Auftritt gekommen. Hochprofessionell führte Auer durch ihre Lesung als Mischung aus Texten, Fragen und einem Quiz. Das Publikum war begeistert, wie man auch im Anschluss an der langen Warteschlange vor dem Signiertisch sehen konnte.

Nach dem Zwischenprogramm (wunderbar verträumt, aber vielleicht mehr für Erwachsene geeignet: Mime en Mi Mineur) stellte die finnische Autorin Tuutikki Tolonen in ihrer Lesung (die Textpassagen wurden kongenial von Dascha von Waberer vorgetragen) ihre Bücher um die „Monsternanny“ Grah vor. Die Werke waren im Publikum unbekannt, kamen aber zu Recht sehr gut an. Leider sprach die Übersetzerin sehr viel mehr als die Autorin, mit der sie offenbar auch nur auf Englisch kommunizierte. So konnte diese Lesung nicht so gut wirken, wie sie es verdient hätte.

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Nach einem weiteren Intermezzo (Mr. Lo's Paper Show, die durch einsetzenden Regen stark beeinträchtigt wurde) durfte noch Susan Kreller ihr Buch vom Monster Schlinkepütz vorstellen. Die Autorin machte das Beste daraus, am Ende der Matinee mit Zeitdruck, kurzen Schauern und einem Publikum, das teilweise schon auf dem Sprung war, ihre Erzählungen vorzustellen. Man hätte ihr wie vor ihr Frau Tolonen von Herzen mehr Aufmerksamkeit gewünscht.

Insofern – wäre es nicht besser gewesen, die Reihenfolge der Lesungen zu drehen? Die letzte Lesung von Susan Kreller richtete sich an die jüngsten Kinder, die zu diesem Zeitpunkt oft schon gegangen oder ermüdet waren; auch hätte es den in Deutschland (und beim Publikum) wenig bekannten Kinderbüchern von Tuutikki Tolonen gut getan, wenn sie von den Kindern, die während ihrer Lesung noch für ein Autogramm von Margit Auer anstanden, wahrgenommen worden wären. Umgekehrt hätten die vielen Kinder, die für die Erfolgsautorin Auer gekommen waren, sicher auch noch etwas länger bis zu ihrem Auftritt gewartet.

Eine weitere Anregung: Während bei Margit Auer ein Mikrofon für Kinderfragen vorhanden war, fehlte es bei den späteren Lesungen. Auch hatte Tuutikki Tolonen kein eigenes Mikrofon. Eine einheitliche technische Ausstattung hätte insofern allen Lesungen gut getan.

Dies sind aber nur Kleinigkeiten. Was von der Matinee vor allem bleibt sind begeisterte Kinderaugen und Lust auf neue Geschichten. Der Satz von Jella Lepman „Lassen Sie uns bei den Kindern anfangen, um diese gänzlich verwirrte Welt langsam ins Lot zu bringen“ – passt er schließlich nicht auch in unsere Zeit? Die Auswirkungen des Coronavirus sind nicht mit den Schrecken des Krieges zu vergleichen… und doch, gerade für die Kinder gilt: Literatur ist not!

Das White Ravens Festival läuft noch bis zum 15. Juli 2021.