Die Autorin Dagmar Leupold über den Missbrauchsfall an der Schwedischen Akademie
Zugluft
Die Geschichte des Begriffs Akademie ist nicht uninteressant: Akademos war ein griechischer Heros, der – nach Plutarch – die blutjunge, von Theseus entführte Helena dadurch rettete, dass er ihren Brüdern, den Dioskuren, das Versteck verriet. Mit dieser Aktion bewahrte er auch Athen vor der von den Brüdern angedrohten Zerstörung und erhielt zum Dank einen heiligen Hain vor den Toren der Stadt. Dort gründete Platon um 388 v. Chr. für seine zahlreichen Schüler den „Philosophischen Garten“, nach Akademos Akademie benannt – die erste Gelehrtengesellschaft, der erste Schutzraum für freies Denken und Schöpfen.
Konstitutiver Teil des Gründungsmythos dieses ersten machtfreien Raums ist also eine seiner Einrichtung vorausgegangene gewalttätige Bemächtigung.
In der heutigen Terminologie: Missbrauch einer Minderjährigen, mit Theseus als pädophilem Straftäter und Akademos als verantwortungsbewusstem Bürger, der Zivilcourage beweist.
Nun sind die griechische Götterwelt und ihre mythologischen Gestalten nicht wirklich mit Akademiemitgliedern, Lehrern, Chorleitern, Dirigenten, Medienmogulen, Balletdirektoren (die Corps de Ballet missverstehen und die Körperpflege aufs ganze Ensemble ausdehnen) und Priestern der heutigen Zeit zu vergleichen, aber das Ausmaß an Willkür, an Selbstüberhebung, Machtmissbrauch und Gewaltbereitschaft ist durchaus olympisch. Lauter Erlkönige: und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.
Aus Freiräumen werden Freiwildräume
Ich will die Geschichte des Begriffs Akademie nicht überstrapazieren, doch etwas lässt sich daran aufzeigen: die Ambivalenz geschützter Räume, insbesondere wenn sie, anders als bei Platons Garten, öffentlich nicht einsehbar sind. Schutz gewähren sie insofern, als Manipulation von außen ausgeschlossen wird, eine Gefahr stellen sie dar insofern, als Kontrolle von außen ausgeschlossen wird.
Einerseits bieten diese Räume für Forschung, Lehre, Erziehung, Diskussionen, Austausch und Training ideale, weil störungsfreie Bedingungen, andererseits verhindern sie das Korrektiv Öffentlichkeit gewissermaßen qua Satzung. Aus Freiräumen werden so Freiwildräume.
Die Akademie, die in den vorangegangenen Tagen im Mittelpunkt der medialen Diskussion stand, ist eine der ehrwürdigsten: Es ist die Schwedische Akademie der Wissenschaften, 1786 von König Gustav, III. gegründet – da war Heinrich von Kleist neun Jahre alt und der Geheimrat siebenunddreißig – , und seit 1901 Ort der Nobelpreisverleihung.
Am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels, fand zum 116. Mal die Verleihung der Nobelpreise im Beisein der königlichen Familie statt, im prunkvollen blauen Saal des Stockholmer Konzerthauses. Die meisten von uns kennen die Zeremonie aus dem Fernsehen; das an die Preisverleihung sich anschließende Bankett und der große Ball wirken wie Szenen aus einem Film von Visconti. Tempi passati. Oder doch nicht? Ein triftiger Grund, hier über die Verwerfungen nachzudenken, die in letzter Zeit die Schlagzeilen beherrschen.
Die Fakten: Der Ehemann eines Mitglieds der Akademie soll die Nähe und die Infrastruktur der Einrichtung – zur Akademie gehören als Veranstaltungsorte genutzte Wohnungen in Stockholm und Paris – für sexuelle Übergriffe genutzt haben, deren Opfer Töchter, gelegentlich auch Partnerinnen anderer Mitglieder waren. Er versprach Zugang zu künstlerischen Kreisen und Karrieren oder drohte, bei Widerstand, mit der Verhinderung eben dieses Zugangs. All das ist seit zwei Jahrzehnten bekannt, angezeigt wurde nichts, erst jetzt, wohl im Zuge der weltweiten #metoo-Offensive, liegen Anzeigen vor.
Die höchste Auszeichnung, die man als Literat, als Sprachkünstler erhalten kann, der Literatur-Nobelpreis, wird vom König oder einem Mitglied der königlichen Familie überreicht, auch dies, wie die gesamte staatstragende Feierlichkeit, eine ziemlich anachronistische Angelegenheit. Das freie Wort richtet sich dem Wesen nach an eine selbstbestimmte Gemeinschaft und nicht an eine qua Dynastie ernannte Herrschaftselite.
Anachronistisch sind womöglich auch die Konstellationen, Institutionen und Dynamiken, innerhalb derer die in den letzten Monaten unter dem Hashtag #metoo angezeigten Übergriffe – bis hin zum strafrechtlich relevanten Tatbestand der Vergewaltigung – möglich waren, „normal“ waren, Geschäftsgrundlage waren. Anachronistisch insofern, als die Zusammensetzung der Akademien – die Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Hollywood eingeschlossen – nicht die Diversität und Heterogenität der Gesellschaften, in deren Mitte sie wirken, abbilden. Das gilt sowohl in Bezug auf Gender, als auch generationell und kulturell.
Es handelt sich bei den Mitgliedern in der Mehrzahl um ältere weiße Männer, in der Schwedischen Akademie beispielsweise waren von den ingesamt 188 Mitgliedern bislang nur acht Frauen; Vertreter jüngerer Generationen sind ebenso wenig präsent wie Repräsentanten der unterschiedlichen religiösen, ethnischen und kulturellen Gruppierungen. Wie in Formalin eingelegt, werden so hierarchische Strukturen und in anderen gesellschaftlichen Kontexten längst überwundene Diskriminierungen – aufgrund von Geschlechts-, Religions- oder nationaler Zugehörigkeit – konserviert.
Die #metoo-Offensive hat es geschafft, diese sklerotischen Machtverhältnisse in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken. Auch wenn, und das ist der Wermutstropfen, die betroffenen Frauen überwiegend als Beschwerdeträgerinnen und Opfer in Erscheinung getreten sind. Aber dies wird mittlerweile in der breiten und öffentlich geführten Diskussion und Analyse mitbedacht, darunter auch von vielen AutorInnen.
Bitte regelmäßig lüften
Machtgebäude haben eine heikle Statik; wenn die Machtträger – nur scheinbar sind diese Säulen aus Marmor, meist ist darunter lediglich Rigips – wanken, bröckeln die Mauern, welche die Eingeschlossenen vor Einsicht, Kritik und Korrektur schützen: es droht der Kollaps. Vielleicht liegt darin die Erklärung, warum so viele männliche Mitwisser – gelegentlich auch weibliche – die Täter schützen und verteidigen, wie man zuletzt auch am Beispiel der Schwedischen Akademie sehen kann. Horace Engdahl, langjähriger ehemaliger Ständiger Sekretär der Akademie, rühmte sich noch im vergangenen Jahr öffentlich der Freundschaft mit dem fraglichen Täter, weder er noch der zweite Ständige Sekretär Peter Englund traten von ihren Ämtern zurück beziehungsweise kündigten ihre Mitgliedschaft. Hätten sie die Offenlegung der Übergriffe und Straftaten mitbetrieben, mitgetragen, hätten sie sich der Parameter beraubt, innerhalb derer sie groß wurden.
Die gefühlte Größe, die Bedeutung der eigenen Person, kurz: die Statusfrage, steht und fällt mit der systemischen Luftabgeschlossenheit des Gebäudes, das unter solchermaßen künstlich gehaltenen Bedingungen Machtausübung auch ohne Legitimation ermöglicht – die wäre allein durch einen in einem transparenten Verfahren erzielten Konsens gegeben. Es scheint, dass der Gedanke an die eigene Ablösbarkeit – biologisch wie machtpolitisch – mit Gewalt ausgeblendet wird.
Im Normalfall müsste regelmäßiges Lüften ausreichen, um die gewünschte und notwendige Durchlässigkeit zu erreichen; fehlt dieses, helfen nur noch Outings. Allein so erreicht man die unter Sauerstoffmangel in Feudalherrenmanier zu grotesker Selbstüberschätzung neigenden Bosse. Nun mischt auf einmal das Draußen mit, ein Windstoß verrückt die schweren Ledersofas, und auf den Couchtischen zerklirren die kristallenen Cognacgläser. Futsch ist die schöne Rangordnung. Bei Tageslicht, die schweren Vorhänge aufgerissen, schrumpfen die selbsternannten Regenten ganz schnell zu Zaunkönigen.
Es zieht – endlich
Noch einmal: Geschützte Räume sind wichtig, um Künstlern, Wissenschaftlern, Forschern und Lernenden gedeihliche Bedingungen für ihre Vorhaben zu bieten, aber sie dürfen nicht zu einer Höhle verkommen, in der die Schatten für die Wirklichkeit herhalten müssen. Eine Öffnung nach außen, eine Delegation der Kontrolle sind von vitaler Bedeutung für die Integrität der im Innern getroffenen Entscheidungen. Erst wenn die Vielfalt der gesellschaftlichen Realität sich in der Zusammensetzung der Mitglieder einer Akademie (eines Internats, eines Vereins) spiegelt, kann die korrektive Kraft der Diversität von Interessen, Kulturen und Generationen wirken.
Hat das skandalöse Verhalten einiger Akademiemitglieder den wichtigsten Literaturpreis nachhaltig beschädigt? Sicherlich ist die Vorstellung schrecklich, dass ausgerechnet diejenigen, die unparteiisch ein von literarischer Sachkenntnis und profunder und weltumspannender Lektüre getragenes Urteil fällen sollen, in Bezug auf die Institution, der sie angehören, empörend unkritisch und befangen agieren – zum Schutze eines Gewalttäters und im Interesse ihres Machterhalts.
Aber die Türen stehen nun offen, es zieht: endlich.
Die Autorin Dagmar Leupold über den Missbrauchsfall an der Schwedischen Akademie>
Zugluft
Die Geschichte des Begriffs Akademie ist nicht uninteressant: Akademos war ein griechischer Heros, der – nach Plutarch – die blutjunge, von Theseus entführte Helena dadurch rettete, dass er ihren Brüdern, den Dioskuren, das Versteck verriet. Mit dieser Aktion bewahrte er auch Athen vor der von den Brüdern angedrohten Zerstörung und erhielt zum Dank einen heiligen Hain vor den Toren der Stadt. Dort gründete Platon um 388 v. Chr. für seine zahlreichen Schüler den „Philosophischen Garten“, nach Akademos Akademie benannt – die erste Gelehrtengesellschaft, der erste Schutzraum für freies Denken und Schöpfen.
Konstitutiver Teil des Gründungsmythos dieses ersten machtfreien Raums ist also eine seiner Einrichtung vorausgegangene gewalttätige Bemächtigung.
In der heutigen Terminologie: Missbrauch einer Minderjährigen, mit Theseus als pädophilem Straftäter und Akademos als verantwortungsbewusstem Bürger, der Zivilcourage beweist.
Nun sind die griechische Götterwelt und ihre mythologischen Gestalten nicht wirklich mit Akademiemitgliedern, Lehrern, Chorleitern, Dirigenten, Medienmogulen, Balletdirektoren (die Corps de Ballet missverstehen und die Körperpflege aufs ganze Ensemble ausdehnen) und Priestern der heutigen Zeit zu vergleichen, aber das Ausmaß an Willkür, an Selbstüberhebung, Machtmissbrauch und Gewaltbereitschaft ist durchaus olympisch. Lauter Erlkönige: und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt.
Aus Freiräumen werden Freiwildräume
Ich will die Geschichte des Begriffs Akademie nicht überstrapazieren, doch etwas lässt sich daran aufzeigen: die Ambivalenz geschützter Räume, insbesondere wenn sie, anders als bei Platons Garten, öffentlich nicht einsehbar sind. Schutz gewähren sie insofern, als Manipulation von außen ausgeschlossen wird, eine Gefahr stellen sie dar insofern, als Kontrolle von außen ausgeschlossen wird.
Einerseits bieten diese Räume für Forschung, Lehre, Erziehung, Diskussionen, Austausch und Training ideale, weil störungsfreie Bedingungen, andererseits verhindern sie das Korrektiv Öffentlichkeit gewissermaßen qua Satzung. Aus Freiräumen werden so Freiwildräume.
Die Akademie, die in den vorangegangenen Tagen im Mittelpunkt der medialen Diskussion stand, ist eine der ehrwürdigsten: Es ist die Schwedische Akademie der Wissenschaften, 1786 von König Gustav, III. gegründet – da war Heinrich von Kleist neun Jahre alt und der Geheimrat siebenunddreißig – , und seit 1901 Ort der Nobelpreisverleihung.
Am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels, fand zum 116. Mal die Verleihung der Nobelpreise im Beisein der königlichen Familie statt, im prunkvollen blauen Saal des Stockholmer Konzerthauses. Die meisten von uns kennen die Zeremonie aus dem Fernsehen; das an die Preisverleihung sich anschließende Bankett und der große Ball wirken wie Szenen aus einem Film von Visconti. Tempi passati. Oder doch nicht? Ein triftiger Grund, hier über die Verwerfungen nachzudenken, die in letzter Zeit die Schlagzeilen beherrschen.
Die Fakten: Der Ehemann eines Mitglieds der Akademie soll die Nähe und die Infrastruktur der Einrichtung – zur Akademie gehören als Veranstaltungsorte genutzte Wohnungen in Stockholm und Paris – für sexuelle Übergriffe genutzt haben, deren Opfer Töchter, gelegentlich auch Partnerinnen anderer Mitglieder waren. Er versprach Zugang zu künstlerischen Kreisen und Karrieren oder drohte, bei Widerstand, mit der Verhinderung eben dieses Zugangs. All das ist seit zwei Jahrzehnten bekannt, angezeigt wurde nichts, erst jetzt, wohl im Zuge der weltweiten #metoo-Offensive, liegen Anzeigen vor.
Die höchste Auszeichnung, die man als Literat, als Sprachkünstler erhalten kann, der Literatur-Nobelpreis, wird vom König oder einem Mitglied der königlichen Familie überreicht, auch dies, wie die gesamte staatstragende Feierlichkeit, eine ziemlich anachronistische Angelegenheit. Das freie Wort richtet sich dem Wesen nach an eine selbstbestimmte Gemeinschaft und nicht an eine qua Dynastie ernannte Herrschaftselite.
Anachronistisch sind womöglich auch die Konstellationen, Institutionen und Dynamiken, innerhalb derer die in den letzten Monaten unter dem Hashtag #metoo angezeigten Übergriffe – bis hin zum strafrechtlich relevanten Tatbestand der Vergewaltigung – möglich waren, „normal“ waren, Geschäftsgrundlage waren. Anachronistisch insofern, als die Zusammensetzung der Akademien – die Academy of Motion Picture Arts and Sciences in Hollywood eingeschlossen – nicht die Diversität und Heterogenität der Gesellschaften, in deren Mitte sie wirken, abbilden. Das gilt sowohl in Bezug auf Gender, als auch generationell und kulturell.
Es handelt sich bei den Mitgliedern in der Mehrzahl um ältere weiße Männer, in der Schwedischen Akademie beispielsweise waren von den ingesamt 188 Mitgliedern bislang nur acht Frauen; Vertreter jüngerer Generationen sind ebenso wenig präsent wie Repräsentanten der unterschiedlichen religiösen, ethnischen und kulturellen Gruppierungen. Wie in Formalin eingelegt, werden so hierarchische Strukturen und in anderen gesellschaftlichen Kontexten längst überwundene Diskriminierungen – aufgrund von Geschlechts-, Religions- oder nationaler Zugehörigkeit – konserviert.
Die #metoo-Offensive hat es geschafft, diese sklerotischen Machtverhältnisse in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zu rücken. Auch wenn, und das ist der Wermutstropfen, die betroffenen Frauen überwiegend als Beschwerdeträgerinnen und Opfer in Erscheinung getreten sind. Aber dies wird mittlerweile in der breiten und öffentlich geführten Diskussion und Analyse mitbedacht, darunter auch von vielen AutorInnen.
Bitte regelmäßig lüften
Machtgebäude haben eine heikle Statik; wenn die Machtträger – nur scheinbar sind diese Säulen aus Marmor, meist ist darunter lediglich Rigips – wanken, bröckeln die Mauern, welche die Eingeschlossenen vor Einsicht, Kritik und Korrektur schützen: es droht der Kollaps. Vielleicht liegt darin die Erklärung, warum so viele männliche Mitwisser – gelegentlich auch weibliche – die Täter schützen und verteidigen, wie man zuletzt auch am Beispiel der Schwedischen Akademie sehen kann. Horace Engdahl, langjähriger ehemaliger Ständiger Sekretär der Akademie, rühmte sich noch im vergangenen Jahr öffentlich der Freundschaft mit dem fraglichen Täter, weder er noch der zweite Ständige Sekretär Peter Englund traten von ihren Ämtern zurück beziehungsweise kündigten ihre Mitgliedschaft. Hätten sie die Offenlegung der Übergriffe und Straftaten mitbetrieben, mitgetragen, hätten sie sich der Parameter beraubt, innerhalb derer sie groß wurden.
Die gefühlte Größe, die Bedeutung der eigenen Person, kurz: die Statusfrage, steht und fällt mit der systemischen Luftabgeschlossenheit des Gebäudes, das unter solchermaßen künstlich gehaltenen Bedingungen Machtausübung auch ohne Legitimation ermöglicht – die wäre allein durch einen in einem transparenten Verfahren erzielten Konsens gegeben. Es scheint, dass der Gedanke an die eigene Ablösbarkeit – biologisch wie machtpolitisch – mit Gewalt ausgeblendet wird.
Im Normalfall müsste regelmäßiges Lüften ausreichen, um die gewünschte und notwendige Durchlässigkeit zu erreichen; fehlt dieses, helfen nur noch Outings. Allein so erreicht man die unter Sauerstoffmangel in Feudalherrenmanier zu grotesker Selbstüberschätzung neigenden Bosse. Nun mischt auf einmal das Draußen mit, ein Windstoß verrückt die schweren Ledersofas, und auf den Couchtischen zerklirren die kristallenen Cognacgläser. Futsch ist die schöne Rangordnung. Bei Tageslicht, die schweren Vorhänge aufgerissen, schrumpfen die selbsternannten Regenten ganz schnell zu Zaunkönigen.
Es zieht – endlich
Noch einmal: Geschützte Räume sind wichtig, um Künstlern, Wissenschaftlern, Forschern und Lernenden gedeihliche Bedingungen für ihre Vorhaben zu bieten, aber sie dürfen nicht zu einer Höhle verkommen, in der die Schatten für die Wirklichkeit herhalten müssen. Eine Öffnung nach außen, eine Delegation der Kontrolle sind von vitaler Bedeutung für die Integrität der im Innern getroffenen Entscheidungen. Erst wenn die Vielfalt der gesellschaftlichen Realität sich in der Zusammensetzung der Mitglieder einer Akademie (eines Internats, eines Vereins) spiegelt, kann die korrektive Kraft der Diversität von Interessen, Kulturen und Generationen wirken.
Hat das skandalöse Verhalten einiger Akademiemitglieder den wichtigsten Literaturpreis nachhaltig beschädigt? Sicherlich ist die Vorstellung schrecklich, dass ausgerechnet diejenigen, die unparteiisch ein von literarischer Sachkenntnis und profunder und weltumspannender Lektüre getragenes Urteil fällen sollen, in Bezug auf die Institution, der sie angehören, empörend unkritisch und befangen agieren – zum Schutze eines Gewalttäters und im Interesse ihres Machterhalts.
Aber die Türen stehen nun offen, es zieht: endlich.