Die jungen Autorinnen Luise Maier und Lara Hampe bloggen einen Briefroman
Zwei vielversprechende Nachwuchsautorinnen schreiben sich Briefe – über ihr literarisches Schaffen und ihre Lektüren, über Einflüsse, Zweifel und Euphorie. Kann man die Schriftstellerei überhaupt lernen? Und worüber schreiben, wenn man doch noch nicht seinen eigenen Platz in der Welt gefunden hat? Wie früh soll man sich in die Öffentlichkeit wagen? Luise Maier und Lara Hampe, die an den Literaturinstituten in Biel und Leipzig studierten bzw. studieren, bloggen einen modernen Briefroman, der uns direkt und ungeschliffen mitverfolgen lässt, wie zwei junge Menschen zu Schriftstellerinnen reifen. Den Anfang macht Luise Maier, geboren 1991 in Oberösterreich, aufgewachsen in Niederbayern. Heute lebt sie in Biel. Ihren ersten Roman hat sie eben abgeschlossen. Im Juni 2015 war sie Stipendiatin des Literaturkurses in Klagenfurt. Dort lernte sie auch Lara Hampe kennen.
*
21.10.2015
Meine liebe Lara,
Ich freue mich sehr, dass unser Briefwechsel nun endlich zustande kommt, aber ich muss auch gestehen: ich bin etwas nervös, weil ich weiß, dass nicht nur du meine Zeilen lesen wirst. Ich frage mich, ob sich dadurch mein Schreiben ändert – und deswegen will ich mir vor Augen halten, dass ich in erster Linie Briefe an dich schreibe, weil sonst womöglich mein Schreiben ins Stocken gerät.
Aber das ist sowieso schon passiert. Ich bin ziemlich aus der Übung geraten, was das Schreiben betrifft. Zum einen wegen des Drüsenfiebers, aber natürlich auch, weil ich ja meinen Text im Juni abgeschlossen habe. Was mich irritiert: ich male zurzeit mehr, als dass ich schreibe. Dass ich male, wenn ich aus einer langen Krankheit herauskomme, kenne ich von mir, weil ich die aufgestaute Kraft, die sich bei mir nun über Monate im Liegen angesammelt hat, in Bildern besser und vor allem schneller zum Ausdruck bringen kann als in Texten. Dabei entstehen normalerweise ein paar Skizzen auf irgendwelchen Notizblättern – diesmal ist es anders, ich habe innerhalb der letzten drei Wochen an die 50 Bilder produziert. Es fühlt sich komisch an, morgens aufzuwachen und Formen und Farben im Kopf zu haben statt Worte und Sätze. Ich muss immer wieder an Friederike Kretzen denken, die mir in Klagefurt sagte, dass ein Text Zeit braucht, um aufgebaut zu werden, aber auch, um wieder abgebaut zu werden. Da bin ich wohl gerade dran: den Text wieder abzubauen, und plötzlich muss ich mir neue Aufgaben suchen, weil es nicht mehr selbstverständlich ist, morgens in mein Atelier zu gehen, um an meinem Text zu arbeiten. Meinen Atelierplatz habe ich seit etwa vier Monaten leer gelassen. Natürlich habe ich auch Angst, dass ich nie wieder etwas Gescheites aufs Papier bringe; dadurch, dass mein Text ja sehr viele autobiografische Züge trägt, weiß ich nun nicht, was da noch in mir ist, dass ich anzapfen könnte, um wieder eine Geschichte zu schreiben.
Woraus speist sich dein Schreiben, was glaubst du?
Ich tue mich schwer, etwas zu schreiben, wenn ich das Gefühl habe, gerade nichts zu sagen zu haben. Dann ist es besser, das Blatt leer zu lassen, denn auch wenn ich es mit Buchstaben fülle, würden diese nichts bedeuten.
Und trotzdem, obwohl ich zurzeit an nichts Bestimmtem schreibe, habe ich jetzt meinen Job gekündigt. In mir sträubt sich einfach alles, wenn ich in einem Angestellten-Verhältnis bin. Das habe ich schon gemerkt, als ich im April den Job zugesagt habe. Im Übrigen bin ich immer krank geworden, wenn ich irgendwo fest angestellt war. Woher ich jetzt mein Geld bekomme, keine Ahnung. Ich warte in diesen Tagen auf Antwort auf meinen Antrag zu einem Werkbeitrag der Stadt Biel; von dem Geld könnte ich gut ein halbes Jahr in der Schweiz leben. Ich hoffe wirklich, dass es klappt.
Liebe Lara, an was schreibst du gerade? Findest du nach deiner Sommerpause leicht ins Arbeiten zurück? Und, was hat es mit deinem neuen Job auf sich?
Ich freue mich auf deine Antwort und verbleibe bis dahin mit
Grüßen und Küssen:
Luise
Die jungen Autorinnen Luise Maier und Lara Hampe bloggen einen Briefroman>
Zwei vielversprechende Nachwuchsautorinnen schreiben sich Briefe – über ihr literarisches Schaffen und ihre Lektüren, über Einflüsse, Zweifel und Euphorie. Kann man die Schriftstellerei überhaupt lernen? Und worüber schreiben, wenn man doch noch nicht seinen eigenen Platz in der Welt gefunden hat? Wie früh soll man sich in die Öffentlichkeit wagen? Luise Maier und Lara Hampe, die an den Literaturinstituten in Biel und Leipzig studierten bzw. studieren, bloggen einen modernen Briefroman, der uns direkt und ungeschliffen mitverfolgen lässt, wie zwei junge Menschen zu Schriftstellerinnen reifen. Den Anfang macht Luise Maier, geboren 1991 in Oberösterreich, aufgewachsen in Niederbayern. Heute lebt sie in Biel. Ihren ersten Roman hat sie eben abgeschlossen. Im Juni 2015 war sie Stipendiatin des Literaturkurses in Klagenfurt. Dort lernte sie auch Lara Hampe kennen.
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21.10.2015
Meine liebe Lara,
Ich freue mich sehr, dass unser Briefwechsel nun endlich zustande kommt, aber ich muss auch gestehen: ich bin etwas nervös, weil ich weiß, dass nicht nur du meine Zeilen lesen wirst. Ich frage mich, ob sich dadurch mein Schreiben ändert – und deswegen will ich mir vor Augen halten, dass ich in erster Linie Briefe an dich schreibe, weil sonst womöglich mein Schreiben ins Stocken gerät.
Aber das ist sowieso schon passiert. Ich bin ziemlich aus der Übung geraten, was das Schreiben betrifft. Zum einen wegen des Drüsenfiebers, aber natürlich auch, weil ich ja meinen Text im Juni abgeschlossen habe. Was mich irritiert: ich male zurzeit mehr, als dass ich schreibe. Dass ich male, wenn ich aus einer langen Krankheit herauskomme, kenne ich von mir, weil ich die aufgestaute Kraft, die sich bei mir nun über Monate im Liegen angesammelt hat, in Bildern besser und vor allem schneller zum Ausdruck bringen kann als in Texten. Dabei entstehen normalerweise ein paar Skizzen auf irgendwelchen Notizblättern – diesmal ist es anders, ich habe innerhalb der letzten drei Wochen an die 50 Bilder produziert. Es fühlt sich komisch an, morgens aufzuwachen und Formen und Farben im Kopf zu haben statt Worte und Sätze. Ich muss immer wieder an Friederike Kretzen denken, die mir in Klagefurt sagte, dass ein Text Zeit braucht, um aufgebaut zu werden, aber auch, um wieder abgebaut zu werden. Da bin ich wohl gerade dran: den Text wieder abzubauen, und plötzlich muss ich mir neue Aufgaben suchen, weil es nicht mehr selbstverständlich ist, morgens in mein Atelier zu gehen, um an meinem Text zu arbeiten. Meinen Atelierplatz habe ich seit etwa vier Monaten leer gelassen. Natürlich habe ich auch Angst, dass ich nie wieder etwas Gescheites aufs Papier bringe; dadurch, dass mein Text ja sehr viele autobiografische Züge trägt, weiß ich nun nicht, was da noch in mir ist, dass ich anzapfen könnte, um wieder eine Geschichte zu schreiben.
Woraus speist sich dein Schreiben, was glaubst du?
Ich tue mich schwer, etwas zu schreiben, wenn ich das Gefühl habe, gerade nichts zu sagen zu haben. Dann ist es besser, das Blatt leer zu lassen, denn auch wenn ich es mit Buchstaben fülle, würden diese nichts bedeuten.
Und trotzdem, obwohl ich zurzeit an nichts Bestimmtem schreibe, habe ich jetzt meinen Job gekündigt. In mir sträubt sich einfach alles, wenn ich in einem Angestellten-Verhältnis bin. Das habe ich schon gemerkt, als ich im April den Job zugesagt habe. Im Übrigen bin ich immer krank geworden, wenn ich irgendwo fest angestellt war. Woher ich jetzt mein Geld bekomme, keine Ahnung. Ich warte in diesen Tagen auf Antwort auf meinen Antrag zu einem Werkbeitrag der Stadt Biel; von dem Geld könnte ich gut ein halbes Jahr in der Schweiz leben. Ich hoffe wirklich, dass es klappt.
Liebe Lara, an was schreibst du gerade? Findest du nach deiner Sommerpause leicht ins Arbeiten zurück? Und, was hat es mit deinem neuen Job auf sich?
Ich freue mich auf deine Antwort und verbleibe bis dahin mit
Grüßen und Küssen:
Luise