Logen-Blog [20]: Über Lärm und Illuminationen
Wir erfahren von Jean Paul – der es von Lawrence Sterne hat [1] –, was „nicht natürliche Dinge“ sind: Wachen und Schlafen, Essen und Trinken, Bewegung, Atmen, Ausleerungen, Leidenschaften. Auf eine derartige Klassifikation kann man wohl nur in der Aufklärung kommen. Erstaunlich auch, dass „Jean Paul“ von Chalons nach Straßburg fährt, dann nach Flörzhübel (dem ersten Marktflecken seiner Grafschaft) – so träumt sich ein Mann in seiner Stube in die Welt hinaus, wo ihn eine schräge Kapelle – „16 Mann besoffener Ausschuß“ – lärmend empfängt.
Es ist schon virtuos, wie der Autor die „natürlichen Dinge“ auf das Begrüßungsprocedere anwendet. Er macht das systematisch, als Ausfluss seiner früheren satirischen Tätigkeit, in der er, lese ich, die Witze bis zum Gehtnichtmehr auspresste, bis sie nicht mehr witzig waren. Hier aber ist's wirklich witzig: der Reichs-Erb-Kasperl wird von seinen Leuten empfangen und würde gern auf diesen Empfang verzichten, auf diese Unsitten des 18. Jahrhunderts: Übertreibungen in devotionellem Aspik.
Der Schluss dieses „ersten Extrablatts“ aber hat es wieder mit dem fiktiven Konjunktiv zu tun, denn „da ich aufwachte: dacht' ich anfangs, es wär' ein Traum; aber bei mehrem Aufwachen merkt' ich, daß es, die Namen ausgenommen, die gestohlne Geschichte meiner Nachbarschaft war. Freilich ärgert michs so gut, als würde die Illumination und der musikalische Lärm meinetwegen veranstaltet, daß die Untertanen beide bloß in der boshaften Absicht machen, ihren großen oder kleinen Regenten durch Ekel und Plage wieder auf seine Reise zurückzujagen.“ Das ist klar – aber was meint er mit der „gestohlnen Geschichte meiner Nachbarschaft“? Jean Paul dürfte auf den Empfang anspielen, den der Rittmeister von Falkenberg in seinem Auenthal zu erleiden hat – womit das Auenthal in unmittelbarer Nähe zu Schwarzenbach liegt, wo der Dichter gerade in seiner Stube sitzt und sich in eine gräfliche Existenz hinein träumt, die freilich ihre zeitweiligen Nachteile hat.
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Wir erfahren von Jean Paul – der es von Lawrence Sterne hat [1] –, was „nicht natürliche Dinge“ sind: Wachen und Schlafen, Essen und Trinken, Bewegung, Atmen, Ausleerungen, Leidenschaften. Auf eine derartige Klassifikation kann man wohl nur in der Aufklärung kommen. Erstaunlich auch, dass „Jean Paul“ von Chalons nach Straßburg fährt, dann nach Flörzhübel (dem ersten Marktflecken seiner Grafschaft) – so träumt sich ein Mann in seiner Stube in die Welt hinaus, wo ihn eine schräge Kapelle – „16 Mann besoffener Ausschuß“ – lärmend empfängt.
Es ist schon virtuos, wie der Autor die „natürlichen Dinge“ auf das Begrüßungsprocedere anwendet. Er macht das systematisch, als Ausfluss seiner früheren satirischen Tätigkeit, in der er, lese ich, die Witze bis zum Gehtnichtmehr auspresste, bis sie nicht mehr witzig waren. Hier aber ist's wirklich witzig: der Reichs-Erb-Kasperl wird von seinen Leuten empfangen und würde gern auf diesen Empfang verzichten, auf diese Unsitten des 18. Jahrhunderts: Übertreibungen in devotionellem Aspik.
Der Schluss dieses „ersten Extrablatts“ aber hat es wieder mit dem fiktiven Konjunktiv zu tun, denn „da ich aufwachte: dacht' ich anfangs, es wär' ein Traum; aber bei mehrem Aufwachen merkt' ich, daß es, die Namen ausgenommen, die gestohlne Geschichte meiner Nachbarschaft war. Freilich ärgert michs so gut, als würde die Illumination und der musikalische Lärm meinetwegen veranstaltet, daß die Untertanen beide bloß in der boshaften Absicht machen, ihren großen oder kleinen Regenten durch Ekel und Plage wieder auf seine Reise zurückzujagen.“ Das ist klar – aber was meint er mit der „gestohlnen Geschichte meiner Nachbarschaft“? Jean Paul dürfte auf den Empfang anspielen, den der Rittmeister von Falkenberg in seinem Auenthal zu erleiden hat – womit das Auenthal in unmittelbarer Nähe zu Schwarzenbach liegt, wo der Dichter gerade in seiner Stube sitzt und sich in eine gräfliche Existenz hinein träumt, die freilich ihre zeitweiligen Nachteile hat.