Logen-Blog [238]: Amour, Cour und Spitzbübereien
Visitenräder, Besuch-Prozessionen: auch dies sind schöne Worte – und Bedingungen, unter denen Gustav leiden mag. Zumindest fühlt er sich inmitten des Getriebes im Schlosse „toten-allein“. Gustav lernt aber vielleicht – er möchte ja Politiker werden –, wie man „Briefe und Herzen aufmacht“, wie man „Weiber und Berichte dechiffriert“, wie man „Amour, Cour und Spitzbübereien macht“ – aber lernt er es wirklich?
Warum sollte er nicht das höfische Handwerk des erotischen Spiels erlernen? Der Hof und die Politik haben noch die Besten verdorben[1]; wir werden sehen, was nach diesem Lehrgang der Diplomatie und des Herzens vom guten Gustav übrig bleiben wird. Tatsache ist: Der Erzähler selbst weiß, dass Gustav eben dies nicht lernen wird, nur kamen ihm gerade die Begriffe zupass, die heute nicht mehr unmittelbar verstanden werden können. „Wessen Name im öffentlichen Instrument, das an drei Potenzen kommt, zuerst steht“: Ist eine allmächtige Person gemeint, die in einer vor Gericht abgefassten Urkunde die Bedingungen erfüllt, welche Karl Friedrich Gottlob Wetzel einmal in einem Gedicht beschrieben hat?
Philosophische Poesie
In allen Dingen walten drei Potenzen,
Unendlich, endlich, ewig sind die Namen,
Woraus das All besteht auf Ja und Amen,
Als Indifferenz der Differenzen.
Vor G- macht die gehör'gen Reverenzen,
Denn Er, das große A, ist ja der Samen,
Daraus so schöne Redensarten kamen,
Contractions-Expansions-Tendenzen.
Doch nicht nur oben in der Sphären Läufen
Will die Identität sich offenbaren,
Dem Organismus auch kömmt was zu Gute.
Und dass wir Licht und Schwerkraft ganz begreifen,
So hat ein Pol den andern bei den Haaren,
Im kleinsten Winde bläst das Absolute.
Man hätte es wieder einmal auch einfacher ausdrücken können... aber dann hätte ich nicht das Gedicht Herrn Wetzels entdeckt, der übrigens in Bamberg lebte und hier den Fränkischen Merkur redigierte, der just seit 1791 erschien. Im Jahre 1807 war ein gewisser Hegel Chefredakteur dieser Zeitung.
So kommt mal wieder Alles zu Allem.
---------
[1] Nein, dies soll keine Schelte auf die Politiker sein – allzu oft muss man Mitleid mit dieser gehetzten Spezies haben – und dies selbst in der Stunde ihres „größten Triumphs“ (spätere Historiker werden vielleicht, wenn sie diesen Blog lesen – falls sie ihn lesen –, recherchieren, unter welchen zeitpolitischen Umständen dieser Blogeintrag geschrieben wurde. Ein Tipp: Die Bundestagswahl war letzten Sonntag).
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Visitenräder, Besuch-Prozessionen: auch dies sind schöne Worte – und Bedingungen, unter denen Gustav leiden mag. Zumindest fühlt er sich inmitten des Getriebes im Schlosse „toten-allein“. Gustav lernt aber vielleicht – er möchte ja Politiker werden –, wie man „Briefe und Herzen aufmacht“, wie man „Weiber und Berichte dechiffriert“, wie man „Amour, Cour und Spitzbübereien macht“ – aber lernt er es wirklich?
Warum sollte er nicht das höfische Handwerk des erotischen Spiels erlernen? Der Hof und die Politik haben noch die Besten verdorben[1]; wir werden sehen, was nach diesem Lehrgang der Diplomatie und des Herzens vom guten Gustav übrig bleiben wird. Tatsache ist: Der Erzähler selbst weiß, dass Gustav eben dies nicht lernen wird, nur kamen ihm gerade die Begriffe zupass, die heute nicht mehr unmittelbar verstanden werden können. „Wessen Name im öffentlichen Instrument, das an drei Potenzen kommt, zuerst steht“: Ist eine allmächtige Person gemeint, die in einer vor Gericht abgefassten Urkunde die Bedingungen erfüllt, welche Karl Friedrich Gottlob Wetzel einmal in einem Gedicht beschrieben hat?
Philosophische Poesie
In allen Dingen walten drei Potenzen,
Unendlich, endlich, ewig sind die Namen,
Woraus das All besteht auf Ja und Amen,
Als Indifferenz der Differenzen.
Vor G- macht die gehör'gen Reverenzen,
Denn Er, das große A, ist ja der Samen,
Daraus so schöne Redensarten kamen,
Contractions-Expansions-Tendenzen.
Doch nicht nur oben in der Sphären Läufen
Will die Identität sich offenbaren,
Dem Organismus auch kömmt was zu Gute.
Und dass wir Licht und Schwerkraft ganz begreifen,
So hat ein Pol den andern bei den Haaren,
Im kleinsten Winde bläst das Absolute.
Man hätte es wieder einmal auch einfacher ausdrücken können... aber dann hätte ich nicht das Gedicht Herrn Wetzels entdeckt, der übrigens in Bamberg lebte und hier den Fränkischen Merkur redigierte, der just seit 1791 erschien. Im Jahre 1807 war ein gewisser Hegel Chefredakteur dieser Zeitung.
So kommt mal wieder Alles zu Allem.
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[1] Nein, dies soll keine Schelte auf die Politiker sein – allzu oft muss man Mitleid mit dieser gehetzten Spezies haben – und dies selbst in der Stunde ihres „größten Triumphs“ (spätere Historiker werden vielleicht, wenn sie diesen Blog lesen – falls sie ihn lesen –, recherchieren, unter welchen zeitpolitischen Umständen dieser Blogeintrag geschrieben wurde. Ein Tipp: Die Bundestagswahl war letzten Sonntag).