Logen-Blog [3]: Über romantische und späte Wagestücke
Er habe, schreibt er, erst relativ spät seinen ersten Roman geschrieben: mit 30 Jahren, nachdem er sich ein Jahrneunt mit Satiren befasst habe. Der Kommentar verweist auf Goethes Wilhelm Meister, auf Fielding, Rousseau, Richardson; ich denke an Fontane, der mit 59 Vor dem Sturm veröffentlichte, an Joyce, der mit 38 seinen ersten Roman herausgab. Meist sind diese späten Debütanten fleißige Schreiber, die, bevor sie sich auf das Feld des Romans begeben, schon die „Kurzprosa“ beherrschen – und alle sind sie geblieben, wenn ihre Bücher auch nicht immer zu jenen Longsellern gerieten, die ihren Namen so populär machten wie den Goethes oder Rousseaus (aber auch der Meister und Emile sind heute, unterm Strich, unbekannte Hauptwerke; die Meinung weniger Philologen ist nicht ausschlaggebend für die Bekanntheit „berühmter“ Bücher, die oft nur Titel sind, bestenfalls Extrakte. Der Selbstdenker Heinz Schlaffer hat einmal während einer Bayreuther Jean-Paul-Tagung, 1991 war das, gefragt, wer denn wirklich vielgenannte Romane wie den Don Quijote „kenne“? Die restlichen Anmerkungen der anwesenden Professoren habe ich inzwischen leider alle vergessen). Bei Jean Paul ist es nicht anders, der sich in seiner „satirischen Essigfabrik“ tummelte, wo er witzige und weniger witzige Essenzen sammelte, bevor er, wie er schreibt, „den seligen Übertritt in die unsichtbare Loge nahm“.
„Ach! Man sollte alles Beste, zumal des Gefühls, nur einmal aussprechen!“, sagt Jean Paul und weist auf den offensichtlich implodierten Gehalt jener Zeit hin, in der der Roman reifte. So geriet ihm, meint er 1821, das „romantische Wagstück“ zu einer Erfahrungssache, die unmöglich früher zu geben war als im 28ten Jahr. Einem Autor, der gerade den Wutz geschrieben hat, darf der Leser allerdings schon einiges zutrauen.
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Er habe, schreibt er, erst relativ spät seinen ersten Roman geschrieben: mit 30 Jahren, nachdem er sich ein Jahrneunt mit Satiren befasst habe. Der Kommentar verweist auf Goethes Wilhelm Meister, auf Fielding, Rousseau, Richardson; ich denke an Fontane, der mit 59 Vor dem Sturm veröffentlichte, an Joyce, der mit 38 seinen ersten Roman herausgab. Meist sind diese späten Debütanten fleißige Schreiber, die, bevor sie sich auf das Feld des Romans begeben, schon die „Kurzprosa“ beherrschen – und alle sind sie geblieben, wenn ihre Bücher auch nicht immer zu jenen Longsellern gerieten, die ihren Namen so populär machten wie den Goethes oder Rousseaus (aber auch der Meister und Emile sind heute, unterm Strich, unbekannte Hauptwerke; die Meinung weniger Philologen ist nicht ausschlaggebend für die Bekanntheit „berühmter“ Bücher, die oft nur Titel sind, bestenfalls Extrakte. Der Selbstdenker Heinz Schlaffer hat einmal während einer Bayreuther Jean-Paul-Tagung, 1991 war das, gefragt, wer denn wirklich vielgenannte Romane wie den Don Quijote „kenne“? Die restlichen Anmerkungen der anwesenden Professoren habe ich inzwischen leider alle vergessen). Bei Jean Paul ist es nicht anders, der sich in seiner „satirischen Essigfabrik“ tummelte, wo er witzige und weniger witzige Essenzen sammelte, bevor er, wie er schreibt, „den seligen Übertritt in die unsichtbare Loge nahm“.
„Ach! Man sollte alles Beste, zumal des Gefühls, nur einmal aussprechen!“, sagt Jean Paul und weist auf den offensichtlich implodierten Gehalt jener Zeit hin, in der der Roman reifte. So geriet ihm, meint er 1821, das „romantische Wagstück“ zu einer Erfahrungssache, die unmöglich früher zu geben war als im 28ten Jahr. Einem Autor, der gerade den Wutz geschrieben hat, darf der Leser allerdings schon einiges zutrauen.