Logen-Blog [123]: Die Zerstoßung harter Schalen koketter Insekten
Erinnert sich noch jemand an Philippine? Philippine – das ist nun schon 44 Einträge her. Weiß noch jemand, dass es sich dabei um die Schwester „Jean Pauls“ handelt? Die als literarische Figur so echt ist wie „Hermina“, die Ehefrau „Jean Pauls“ in den Palingenesien? Philippine steht „im giftigen Hüttenrauche des Hofes“, schreibt der Schulmeister Jean Paul in seinem winzigen „Palais“ in Schwarzenbach, bevor er daran geht, die Höfe zu erkunden. Fenk warnt davor, Beata dieser Hofluft auszusetzen, wo sie, die reich Empfindende, zu einem „koketten Insekt“ werden könnte. Er findet dafür Worte, die man insgesamt zitieren muss:
Jetzt in der Einsamkeit ist mir ein kokettes Insekt, eine kokette Krebsin, die bald vor-, bald rückwärts kriecht, die ihre große und kleine Scheren immer aufsperrt und sie immer wieder erzeugt, wenn man sie abgerissen, die in der Brust statt des Herzens einen Magen trägt und doch kaltblütig ist wie alle Insekten, eine solche inkrustierte Krebsin ist mir widerlicher als eine schalenlose in der Mause der Empfindsamkeit, die zu weich ist und aus der Romanschreiber die empfindsame Krebsbutter machen.
Und dann schiebt er einen Aphorismus nach:
Empfindelei bessert sich mit den Jahren, Koketterie verschlimmert sich mit den Jahren.
Krebsbutter? Was es alles gibt! Wer bei Wiki nachschaut, findet die Erklärung dafür, die in Zusammenhang mit Beata einen tieferen Sinn erhält: „Krebsbutter (Beurre d’ecrevisse) ist eine Mischung aus Butter und zerstoßenen Schalen von Krebsen. Sie dient vor allem zur Verfeinerung von Gerichten auf Basis von Fischen und Meeresfrüchten. Auf traditionelle Weise wird Krebsbutter hergestellt, indem zuerst die Schalen gekochter Krebse sehr fein zermörsert und mit etwa dem gleichen Gewichtsanteil Butter vermischt erhitzt werden, bis die Butter aufschäumt. Anschließend wird die Mischung durch ein Sieb in einen Topf mit Wasser gegeben und nach dem vollständigen Erkalten die fest gewordene Krebsbutter abgehoben. Nach moderneren Rezepten wird auf das Erhitzen verzichtet und die kalte Krebs-Butter-Mischung direkt durch ein Haarsieb gestrichen.
Krebsbutter ist auch als Handelsware erhältlich.“
Krebsbutter als empfindsames Produkt einer Zerstoßung harter Schalen, vermischt mit Butter und „als Handelsware erhältlich“: man muss sich diese literarische Krebsbutter auf der Zunge zergehen lassen, um zu begreifen, wie dialektisch Dr. Fenk hier argumentiert – weil er die Tatsache außer Acht lässt, dass Krebsbutter aus den Schalen der Tiere besteht. Wenn Beata aber noch keine harte, ja nicht einmal eine weiche Schale, sondern nur ein weiches, ungeschütztes, unverpanzertes Innenleben besitzt: dann muss die Butter aus ihrem Fleisch bestehen.
Auch kein schöner Gedanke.
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Erinnert sich noch jemand an Philippine? Philippine – das ist nun schon 44 Einträge her. Weiß noch jemand, dass es sich dabei um die Schwester „Jean Pauls“ handelt? Die als literarische Figur so echt ist wie „Hermina“, die Ehefrau „Jean Pauls“ in den Palingenesien? Philippine steht „im giftigen Hüttenrauche des Hofes“, schreibt der Schulmeister Jean Paul in seinem winzigen „Palais“ in Schwarzenbach, bevor er daran geht, die Höfe zu erkunden. Fenk warnt davor, Beata dieser Hofluft auszusetzen, wo sie, die reich Empfindende, zu einem „koketten Insekt“ werden könnte. Er findet dafür Worte, die man insgesamt zitieren muss:
Jetzt in der Einsamkeit ist mir ein kokettes Insekt, eine kokette Krebsin, die bald vor-, bald rückwärts kriecht, die ihre große und kleine Scheren immer aufsperrt und sie immer wieder erzeugt, wenn man sie abgerissen, die in der Brust statt des Herzens einen Magen trägt und doch kaltblütig ist wie alle Insekten, eine solche inkrustierte Krebsin ist mir widerlicher als eine schalenlose in der Mause der Empfindsamkeit, die zu weich ist und aus der Romanschreiber die empfindsame Krebsbutter machen.
Und dann schiebt er einen Aphorismus nach:
Empfindelei bessert sich mit den Jahren, Koketterie verschlimmert sich mit den Jahren.
Krebsbutter? Was es alles gibt! Wer bei Wiki nachschaut, findet die Erklärung dafür, die in Zusammenhang mit Beata einen tieferen Sinn erhält: „Krebsbutter (Beurre d’ecrevisse) ist eine Mischung aus Butter und zerstoßenen Schalen von Krebsen. Sie dient vor allem zur Verfeinerung von Gerichten auf Basis von Fischen und Meeresfrüchten. Auf traditionelle Weise wird Krebsbutter hergestellt, indem zuerst die Schalen gekochter Krebse sehr fein zermörsert und mit etwa dem gleichen Gewichtsanteil Butter vermischt erhitzt werden, bis die Butter aufschäumt. Anschließend wird die Mischung durch ein Sieb in einen Topf mit Wasser gegeben und nach dem vollständigen Erkalten die fest gewordene Krebsbutter abgehoben. Nach moderneren Rezepten wird auf das Erhitzen verzichtet und die kalte Krebs-Butter-Mischung direkt durch ein Haarsieb gestrichen.
Krebsbutter ist auch als Handelsware erhältlich.“
Krebsbutter als empfindsames Produkt einer Zerstoßung harter Schalen, vermischt mit Butter und „als Handelsware erhältlich“: man muss sich diese literarische Krebsbutter auf der Zunge zergehen lassen, um zu begreifen, wie dialektisch Dr. Fenk hier argumentiert – weil er die Tatsache außer Acht lässt, dass Krebsbutter aus den Schalen der Tiere besteht. Wenn Beata aber noch keine harte, ja nicht einmal eine weiche Schale, sondern nur ein weiches, ungeschütztes, unverpanzertes Innenleben besitzt: dann muss die Butter aus ihrem Fleisch bestehen.
Auch kein schöner Gedanke.