Logen-Blog [117]: Zum Ausschneiden und an die Wand Heften
Jean Paul verstand sich darauf, im Sinne der literarischen Tradition Charaktere zu zeichnen. Man könnte das Kapitel über Herrn Röper ausschneiden und an die Wand heften: eventuell als Spiegel, denn man mag sich selber fragen, wie viel vom Geizhals, Dieb und Titelkäufer in einem selber drinsteckt – vom Mann, dessen Charakter in furchtbaren Paradoxien besteht: „Seine Begriffe von Freundschaft waren zu edel und hoch und verlangten die reinste uneigennützigste Liebe und Aufopferung vom Freunde“, Beutelschneider mag er nicht, daher und weil er „einen solchen Eigennutz nicht einmal vor sich sehen konnte“, verzichtet er gleich darauf, Fremde in sein Haus zu lassen. Stoiker ist er in dem Sinne, als dass er die weltlichen Güter zugleich verachtet und begehrt; Jean Paul begründet, warum das eine mit dem anderen zusammenhängt. Die Frage wäre an dieser Stelle vielleicht nicht, ob es derartige Charaktere gibt, sondern ob sie bei Jean Paul gut gebaut sind. Beides dürfte der Fall sein, weil es auf dieser Welt naturgemäß mehr unvollkommene als vollkommene Charaktere gibt.
Dass er einmal am Jüngsten Tage werde befragt werden, ob er mit seinen Pfunden (Sterling) gewuchert: beim Zustand der Kirche und den Machenschaften der Vatikanbank (von denen aus man aufs sogenannte Jenseitige schließen muss) steht es zu befürchten, dass Röper tatsächlich – wäre das, was man „Gott“ zu nennen pflegt, beweisbar und also existent – sich einmal inquisitorisch über seine Geldgeschäfte befragen lassen müsste. Ostern ist vorbei, das Osterhäschen hat seine Schuldigkeit getan, die Auferstehung ist wieder einmal vorüber. Charaktere wie Röper warten wohl – anders als der junge Gustav, der aus seinem Grabe auferstand – vergeblich auf sie, da er keinen metaphysischen Gott, nur physische Götter hat.
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Jean Paul verstand sich darauf, im Sinne der literarischen Tradition Charaktere zu zeichnen. Man könnte das Kapitel über Herrn Röper ausschneiden und an die Wand heften: eventuell als Spiegel, denn man mag sich selber fragen, wie viel vom Geizhals, Dieb und Titelkäufer in einem selber drinsteckt – vom Mann, dessen Charakter in furchtbaren Paradoxien besteht: „Seine Begriffe von Freundschaft waren zu edel und hoch und verlangten die reinste uneigennützigste Liebe und Aufopferung vom Freunde“, Beutelschneider mag er nicht, daher und weil er „einen solchen Eigennutz nicht einmal vor sich sehen konnte“, verzichtet er gleich darauf, Fremde in sein Haus zu lassen. Stoiker ist er in dem Sinne, als dass er die weltlichen Güter zugleich verachtet und begehrt; Jean Paul begründet, warum das eine mit dem anderen zusammenhängt. Die Frage wäre an dieser Stelle vielleicht nicht, ob es derartige Charaktere gibt, sondern ob sie bei Jean Paul gut gebaut sind. Beides dürfte der Fall sein, weil es auf dieser Welt naturgemäß mehr unvollkommene als vollkommene Charaktere gibt.
Dass er einmal am Jüngsten Tage werde befragt werden, ob er mit seinen Pfunden (Sterling) gewuchert: beim Zustand der Kirche und den Machenschaften der Vatikanbank (von denen aus man aufs sogenannte Jenseitige schließen muss) steht es zu befürchten, dass Röper tatsächlich – wäre das, was man „Gott“ zu nennen pflegt, beweisbar und also existent – sich einmal inquisitorisch über seine Geldgeschäfte befragen lassen müsste. Ostern ist vorbei, das Osterhäschen hat seine Schuldigkeit getan, die Auferstehung ist wieder einmal vorüber. Charaktere wie Röper warten wohl – anders als der junge Gustav, der aus seinem Grabe auferstand – vergeblich auf sie, da er keinen metaphysischen Gott, nur physische Götter hat.