Literaturhaus Allgäu – Stadtbücherei Immenstadt
Im Jahr 1565 erwirbt Johann Jacob von Königsegg die Grafschaft Rothenfels im Allgäu, Immenstadt wird zum Hauptsitz des Adelsgeschlechts. Dort wird, angelehnt an die mittelalterliche Stadtmauer, um 1600, spätestens aber im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts, ein gräfliches Brauhaus errichtet. Als Bauherren gelten heute Johann Jacobs Sohn Georg und dessen Sohn Hugo, die beide durch ihren ausgeprägten Sinn fürs gute Geschäft von sich reden machen. Aktenkundig wird das Brauhaus allerdings erst ein wenig später: Da es sich schnell zum beliebten Treffpunkt auch der städtischen Honoratioren entwickelt und der Alkohol vermutlich das Übrige leistet, wird 1666 ein Ratsherr namens Hans Haintzler ins Gefängnis geworfen, da er in der Schenke den Gemeindepräsidenten und ein paar Kollegen beleidigt hat.
Fast genau 100 Jahre später, im Jahr 1765, brennt das Gebäude bis auf die Grundmauern ab. Das Brauhaus wird auf der gegenüberliegenden Straßenseite neu aufgebaut. Vom Brand verschont geblieben sind einzig die mächtigen Gewölbekeller, einst Lagerstätte für die Bierfässer. Darüber lässt Christian Moritz zu Königsegg-Rothenfels 1774 ein Gebäude errichten, das als Hofreitschule dient. Nach dem Ende der Grafschaft Königsegg gelangt das Anwesen zunächst in österreichischen, dann in bayerischen Staatsbesitz. 1807 wird es durch Franz Anton Höß erworben, der es über mehrere Jahre hinweg der Immenstädter Schauspielergesellschaft für ihre Theatervorstellungen überlässt, ab 1851 befindet sich dann wieder eine Mälzerei darin. Im Jahr 1895 erwirbt die Familie Kaiser das Anwesen, seither wird dort das Kaiserbräu gebraut, beinahe 100 Jahre lang. Erst 1990 endet die Geschichte der Brauerei, die Stadt kauft das Haus, veräußert es allerdings schnell weiter. Die Familie Kaiser gründet mit dem Erlös die Kaiser-Sigwart-Stiftung, die Oberallgäuer Vereine und Organisationen unterstützt.
Im Jahr 2003 klingelt im damaligen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst – der neue Minister Thomas Goppel ist gerade den dritten Tag im Amt – das Telefon: Es ist der Immenstädter Bürgermeister Gerd Bischoff, der ein ehrgeiziges Projekt im Sinn hat, wofür er bereits die Aussage „Kommt gar nicht in Frage“ geerntet hat. Doch Bischoff setzt sich am Ende durch, und so kauft Immenstadt zwei Jahre später das dringend sanierungsbedürftige Brauhaus zurück. Die Renovierungsmaßnahmen sind umfangreich und kostenintensiv: Das Gelände um das Haus wird abgesenkt, an einer der Stirnseiten erfolgt ein so großer Aushub, dass ein Innenhof entsteht und zugleich Licht in das Kellergewölbe fällt, das fortan als Raum für literarische und andere Veranstaltungen genutzt wird. Auf den gläsernen Anbau, der vom Volksmund bereits als „Bücherturm“ betitelt wird, muss aus finanziellen Gründen jedoch verzichtet werden. Als historisches Zitat dient eine Wand in der Bücherei, die die Fortsetzung der Immenstädter Stadtmauer darstellt.
Erdgeschoß und erster Stock (c) Stadtbücherei Immenstadt
Mit einer Verzögerung von einem halben Jahr wird das Literaturhaus Allgäu im Juni 2008 mit einem großen Fest eröffnet. Seither finden dort Ausstellungen, Vorträge, Poetry Slams, Buchpräsentationen und Lesungen bekannter Autorinnen und Autoren, darunter Hamed abdel Samad, Lena Gorelik, Peter Orths, Michael Altmann und viele mehr, sowie literarische Sonntagsmatinéen, die Autoren der Region und der angrenzenden Regionen Baden-Württembergs vorstellen, statt. Zudem erhält im Literaturhaus Allgäu auch die Stadtbücherei, nachdem sie 25 Jahre im Immenstädter Stadtschloss beheimatet war, eine neue, barrierefreie und vor allem ausreichend große Bleibe. Damit ist ein weiterer Schritt bei der vor Jahren eingeleiteten Erneuerung des Immenstädter Bräuhaus-Viertels getan. Auch die Kritik an der aufwendigen Sanierung verstummt bald: Sowohl die neue Stadtbücherei und deren aktuelles und attraktives Angebot als auch die Veranstaltungen des Literaturhauses werden von der Bevölkerung sehr gut angenommen, wie nicht zuletzt die stetig steigenden Besucherzahlen beweisen.
Ausstellung im Gewölbe (c) Literaturhaus Allgäu
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Im Jahr 1565 erwirbt Johann Jacob von Königsegg die Grafschaft Rothenfels im Allgäu, Immenstadt wird zum Hauptsitz des Adelsgeschlechts. Dort wird, angelehnt an die mittelalterliche Stadtmauer, um 1600, spätestens aber im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts, ein gräfliches Brauhaus errichtet. Als Bauherren gelten heute Johann Jacobs Sohn Georg und dessen Sohn Hugo, die beide durch ihren ausgeprägten Sinn fürs gute Geschäft von sich reden machen. Aktenkundig wird das Brauhaus allerdings erst ein wenig später: Da es sich schnell zum beliebten Treffpunkt auch der städtischen Honoratioren entwickelt und der Alkohol vermutlich das Übrige leistet, wird 1666 ein Ratsherr namens Hans Haintzler ins Gefängnis geworfen, da er in der Schenke den Gemeindepräsidenten und ein paar Kollegen beleidigt hat.
Fast genau 100 Jahre später, im Jahr 1765, brennt das Gebäude bis auf die Grundmauern ab. Das Brauhaus wird auf der gegenüberliegenden Straßenseite neu aufgebaut. Vom Brand verschont geblieben sind einzig die mächtigen Gewölbekeller, einst Lagerstätte für die Bierfässer. Darüber lässt Christian Moritz zu Königsegg-Rothenfels 1774 ein Gebäude errichten, das als Hofreitschule dient. Nach dem Ende der Grafschaft Königsegg gelangt das Anwesen zunächst in österreichischen, dann in bayerischen Staatsbesitz. 1807 wird es durch Franz Anton Höß erworben, der es über mehrere Jahre hinweg der Immenstädter Schauspielergesellschaft für ihre Theatervorstellungen überlässt, ab 1851 befindet sich dann wieder eine Mälzerei darin. Im Jahr 1895 erwirbt die Familie Kaiser das Anwesen, seither wird dort das Kaiserbräu gebraut, beinahe 100 Jahre lang. Erst 1990 endet die Geschichte der Brauerei, die Stadt kauft das Haus, veräußert es allerdings schnell weiter. Die Familie Kaiser gründet mit dem Erlös die Kaiser-Sigwart-Stiftung, die Oberallgäuer Vereine und Organisationen unterstützt.
Im Jahr 2003 klingelt im damaligen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst – der neue Minister Thomas Goppel ist gerade den dritten Tag im Amt – das Telefon: Es ist der Immenstädter Bürgermeister Gerd Bischoff, der ein ehrgeiziges Projekt im Sinn hat, wofür er bereits die Aussage „Kommt gar nicht in Frage“ geerntet hat. Doch Bischoff setzt sich am Ende durch, und so kauft Immenstadt zwei Jahre später das dringend sanierungsbedürftige Brauhaus zurück. Die Renovierungsmaßnahmen sind umfangreich und kostenintensiv: Das Gelände um das Haus wird abgesenkt, an einer der Stirnseiten erfolgt ein so großer Aushub, dass ein Innenhof entsteht und zugleich Licht in das Kellergewölbe fällt, das fortan als Raum für literarische und andere Veranstaltungen genutzt wird. Auf den gläsernen Anbau, der vom Volksmund bereits als „Bücherturm“ betitelt wird, muss aus finanziellen Gründen jedoch verzichtet werden. Als historisches Zitat dient eine Wand in der Bücherei, die die Fortsetzung der Immenstädter Stadtmauer darstellt.
Erdgeschoß und erster Stock (c) Stadtbücherei Immenstadt
Mit einer Verzögerung von einem halben Jahr wird das Literaturhaus Allgäu im Juni 2008 mit einem großen Fest eröffnet. Seither finden dort Ausstellungen, Vorträge, Poetry Slams, Buchpräsentationen und Lesungen bekannter Autorinnen und Autoren, darunter Hamed abdel Samad, Lena Gorelik, Peter Orths, Michael Altmann und viele mehr, sowie literarische Sonntagsmatinéen, die Autoren der Region und der angrenzenden Regionen Baden-Württembergs vorstellen, statt. Zudem erhält im Literaturhaus Allgäu auch die Stadtbücherei, nachdem sie 25 Jahre im Immenstädter Stadtschloss beheimatet war, eine neue, barrierefreie und vor allem ausreichend große Bleibe. Damit ist ein weiterer Schritt bei der vor Jahren eingeleiteten Erneuerung des Immenstädter Bräuhaus-Viertels getan. Auch die Kritik an der aufwendigen Sanierung verstummt bald: Sowohl die neue Stadtbücherei und deren aktuelles und attraktives Angebot als auch die Veranstaltungen des Literaturhauses werden von der Bevölkerung sehr gut angenommen, wie nicht zuletzt die stetig steigenden Besucherzahlen beweisen.
Ausstellung im Gewölbe (c) Literaturhaus Allgäu