Villa Waldberta
Als König Maximilian II. im März 1864 stirbt, hinterlässt er ein Grundstück in Feldafing am Starnberger See, auf dem er ein Schloss hatte errichten wollen. Sein Nachfolger, der legendäre König und Bauherr Ludwig II., hegt offensichtlich wenig Interesse für das Areal, so dass es 1897 an eine Baufirma aus München verkauft wird, die dort – ganz gemäß dem Trend der Zeit, der um 1900 die oberbayerischen Seen als Ort der „Sommerfrische“ für sich entdeckt – eine Villenkolonie für reiche Münchner Bürger plant. Als eines der ersten Häuser der sogenannten Höhenbergkolonie wird 1902 die „Villa Felsenheim“ des Bankiers und Hobby-Schriftstellers Bernhard Schuler fertig gestellt. Bereits ein Jahr später verkauft Schuler das Anwesen an den niederländischen Verleger Albertus Willem Sijthoff, der mit seiner Frau Waldine einzieht. Statt „Felsenheim“ heißt die Villa nun „Waldbert“ – was eine Kreuzung der Vornamen des Ehepaars darstellt.
1917, vier Jahre nach dem Tod von Albertus Sijthoff, erwirbt der Dresdner Kommerzienrat Carl Hugo Schmeil die Villa; in den Jahren, die er dort verlebt, arbeitet im nahe gelegenen „Villino“ des Verlegers Georg Martin Richter der Schriftsteller Thomas Mann an seinem Roman Der Zauberberg. Von 1925 bis 1933 lebt das Ehepaar Franz und Bertha Koempel in der Villa Waldbert. Auf diese Bewohner geht der heutige Name zurück: Sie fügen nur noch ein „a“ hinzu, so dass der Vorname der Hausherrin darin erklingt. Die Jahrzehnte der Sijthoffs und der (deutschstämmigen, in den USA lebenden) Koempels gelten allgemein als die glanzvollsten der frühen Geschichte; in dieser Zeit ist die Villa ein Treffpunkt für Künstler und Intellektuelle aus der ganzen Welt.
Inserat der Heilmann'schen Immobiliengesellschaft von 1899, Villa Waldbert um 1910 (Lichtdruck nach einer Fotografie / Bayerische Staatsbibliothek, Portrait- und Ansichtensammlung), heutiges Logo der Villa Waldberta
Nach dem Zweiten Weltkrieg dient die Villa Waldberta zunächst als Unterkunft für Displaced Persons, 1953 kehrt dann Bertha Koempel wieder – um das Anwesen 12 Jahre später, 1965, der Landeshauptstadt München zu stiften. Bis 1973 wohnt Willi Daume, damals als Präsident des Deutschen Olympischen Komitees mit der Vorbereitung der Spiele in München 1972 beschäftigt, in der Villa Waldberta. Während der zwei Wochen Laufzeit der Olympischen Spiele räumt er das Haus für den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt, der hier einquartiert wird und internationale, hochrangige Gäste empfängt. Nach Auszug der Familie Daume erfolgt eine Umbenennung in „Haus Feldafing“, das als Fortbildungszentrum und Begegnungsstätte eines Montessori-Vereins dient.
Erst 1982 wird die Villa Waldberta reaktiviert: als Künstlerhaus, das ab 1991 auch internationale Künstlerinnen und Künstler einlädt. Stipendiatinnen und Stipendiaten können hier bis zu drei Monate umsonst wohnen und arbeiten. Die Einladungen sind anfangs beschränkt auf Gäste aus der Literatur und Bildenden Kunst. Im Dezember 2004 stimmt der Stadtrat einer Öffnung des Hauses für alle Kunst- und Kultursparten zu, um die Vorteile interdisziplinären Denkens und Arbeitens nutzen zu können. Außerdem werden die Künstlerinnen und Künstler nur noch projektgebunden eingeladen: Sie müssen in ein Projekt der Stadt München und ihrer Kooperationspartner eingebunden sein, um so den städtischen Kulturaustausch und die internationale Kulturarbeit nachhaltig zu befördern.
Mahl, Tobias (2006): Kosmopolitentreff und Künstlerhaus. Die Villa Waldberta als Spiegel des 20. Jahrhunderts. Hg. vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München. München.
Externe Links:
„Landsitze Münchner Bürger (19./20. Jahrhundert)“ im Historischen Lexikon Bayerns
Als König Maximilian II. im März 1864 stirbt, hinterlässt er ein Grundstück in Feldafing am Starnberger See, auf dem er ein Schloss hatte errichten wollen. Sein Nachfolger, der legendäre König und Bauherr Ludwig II., hegt offensichtlich wenig Interesse für das Areal, so dass es 1897 an eine Baufirma aus München verkauft wird, die dort – ganz gemäß dem Trend der Zeit, der um 1900 die oberbayerischen Seen als Ort der „Sommerfrische“ für sich entdeckt – eine Villenkolonie für reiche Münchner Bürger plant. Als eines der ersten Häuser der sogenannten Höhenbergkolonie wird 1902 die „Villa Felsenheim“ des Bankiers und Hobby-Schriftstellers Bernhard Schuler fertig gestellt. Bereits ein Jahr später verkauft Schuler das Anwesen an den niederländischen Verleger Albertus Willem Sijthoff, der mit seiner Frau Waldine einzieht. Statt „Felsenheim“ heißt die Villa nun „Waldbert“ – was eine Kreuzung der Vornamen des Ehepaars darstellt.
1917, vier Jahre nach dem Tod von Albertus Sijthoff, erwirbt der Dresdner Kommerzienrat Carl Hugo Schmeil die Villa; in den Jahren, die er dort verlebt, arbeitet im nahe gelegenen „Villino“ des Verlegers Georg Martin Richter der Schriftsteller Thomas Mann an seinem Roman Der Zauberberg. Von 1925 bis 1933 lebt das Ehepaar Franz und Bertha Koempel in der Villa Waldbert. Auf diese Bewohner geht der heutige Name zurück: Sie fügen nur noch ein „a“ hinzu, so dass der Vorname der Hausherrin darin erklingt. Die Jahrzehnte der Sijthoffs und der (deutschstämmigen, in den USA lebenden) Koempels gelten allgemein als die glanzvollsten der frühen Geschichte; in dieser Zeit ist die Villa ein Treffpunkt für Künstler und Intellektuelle aus der ganzen Welt.
Inserat der Heilmann'schen Immobiliengesellschaft von 1899, Villa Waldbert um 1910 (Lichtdruck nach einer Fotografie / Bayerische Staatsbibliothek, Portrait- und Ansichtensammlung), heutiges Logo der Villa Waldberta
Nach dem Zweiten Weltkrieg dient die Villa Waldberta zunächst als Unterkunft für Displaced Persons, 1953 kehrt dann Bertha Koempel wieder – um das Anwesen 12 Jahre später, 1965, der Landeshauptstadt München zu stiften. Bis 1973 wohnt Willi Daume, damals als Präsident des Deutschen Olympischen Komitees mit der Vorbereitung der Spiele in München 1972 beschäftigt, in der Villa Waldberta. Während der zwei Wochen Laufzeit der Olympischen Spiele räumt er das Haus für den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt, der hier einquartiert wird und internationale, hochrangige Gäste empfängt. Nach Auszug der Familie Daume erfolgt eine Umbenennung in „Haus Feldafing“, das als Fortbildungszentrum und Begegnungsstätte eines Montessori-Vereins dient.
Erst 1982 wird die Villa Waldberta reaktiviert: als Künstlerhaus, das ab 1991 auch internationale Künstlerinnen und Künstler einlädt. Stipendiatinnen und Stipendiaten können hier bis zu drei Monate umsonst wohnen und arbeiten. Die Einladungen sind anfangs beschränkt auf Gäste aus der Literatur und Bildenden Kunst. Im Dezember 2004 stimmt der Stadtrat einer Öffnung des Hauses für alle Kunst- und Kultursparten zu, um die Vorteile interdisziplinären Denkens und Arbeitens nutzen zu können. Außerdem werden die Künstlerinnen und Künstler nur noch projektgebunden eingeladen: Sie müssen in ein Projekt der Stadt München und ihrer Kooperationspartner eingebunden sein, um so den städtischen Kulturaustausch und die internationale Kulturarbeit nachhaltig zu befördern.
Mahl, Tobias (2006): Kosmopolitentreff und Künstlerhaus. Die Villa Waldberta als Spiegel des 20. Jahrhunderts. Hg. vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München. München.