Kultur trotz Corona: Schullektüre und Junges Lesen (9). Von Leander Steinkopf
Die Corona-Krise hat das Sozialleben gerade junger Menschen stark beeinträchtigt. Darüber hinaus wurde ihre Schulbildung ins Digitale verlagert, wo manches auf der Strecke blieb. Gerade in sozialer Isolation kann Literatur eine Stütze sein, die einem hilft mit den Problemen des Lebens klarzukommen. Somit ist es ein guter Zeitpunkt, um sich mit der Frage zu befassen, welche Literatur in der Jugend gebraucht wird – und was Schullektüre leisten könnte. Dazu soll diese Interviewreihe einen Beitrag leisten.
Im Interview: Janine Adomeit wurde 1983 in Köln geboren. Sie studierte Anglistik und Germanistik als Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes. Seit 2008 veröffentlicht sie regelmäßig in Zeitschriften und Anthologien; 2021 erschien ihr Debütroman Vom Versuch einen silbernen Aal zu fangen (dtv). Sie lebt in Flensburg.
Interviewer: Leander Steinkopf (*1985) lebt nach Stationen in Mannheim, Berlin, Sarajevo und Plovdiv seit einigen Jahren in München. Von ihm erschienen verschiedene Bücher, u.a. der Roman Stadt der Feen und Wünsche bei Hanser Berlin. Er ist Herausgeber der Anthologie Neue Schule: Prosa für die nächste Generation bei Claassen.
Mit der folgenden zehnteiligen Interviewreihe beteiligt sich Leander Steinkopf an der Fortsetzung von „Kultur trotz Corona“, einem Projekt des Literaturportals Bayern zur Unterstützung bayerischer Literaturschaffender. Alle bisherigen Beiträge der Reihe finden Sie HIER.
*
Wie kamst Du zum Schreiben?
Wie wahrscheinlich die meisten Autor*innen übers Lesen. Bei uns im Keller stand außerdem eine alte Schreibmaschine, auf der habe ich Tippen geübt und meine ersten eigenen Texte geschrieben, das muss mit etwa acht Jahren gewesen sein. Das war ein großes Freiheitsgefühl.
Wann und wodurch entstand Dein Interesse für Literatur?
Bücher waren für mich das, was man heute vielleicht eine Art „Safe Space“ nennen würde. Ich war beim Lesen immer in meiner Welt. Und ich habe dann auch früh begonnen, mich zu fragen, ob und wie man mehr „Welten“ erschaffen und sie ggf. auch mit anderen teilen kann.
Was kann Literatur, was Serien und Filme nicht können?
Es gibt mehr Leerstellen in der Literatur, weil ein Text erst beim bzw. mit dem Lesen entsteht. Die Handlung, die Figuren, die Orte entstehen alle in der Phantasie der Lesenden. Das heißt, jedes Buch, das Du liest, ist automatisch „Dein“ Buch, ein Spiegel Deiner Selbst.
Hat Dir Schullektüre im Leben weitergeholfen?
Vielleicht nicht so sehr die Lektüre an sich, sondern mehr das Sprechen darüber. Mit anderen über ein Buch zu sprechen, kann sehr lehrreich sein auf der sozialen Ebene. Man lernt das Gegenüber besser kennen und sich selbst auch.
Wenn Du Deutschlehrerin wärst, welches Buch würdest Du Deine Schüler lesen lassen? Und warum?
Einen konkreten Vorschlag habe ich nicht. Basierend auf meiner eigenen Erfahrung glaube ich aber, dass Schüler*innen bei einem Buch einen Bezug zur Gegenwart und zu ihren eigenen Leben herstellen können müssen. Das kann auch mit einem Roman oder Drama aus dem 17., 18. Jahrhundert funktionieren. Aber sie brauchen eben Bezugspunkte, zu denen man sie manchmal vielleicht auch sanft hinbegleiten muss. Wenn sie die Bezugspunkte nicht schnell entdecken, verlieren sie jedenfalls die Geduld und die Lektüre wird nicht mehr angefasst. Ich glaube, Jugendliche möchten eigentlich sehr gerne von Literatur lernen, aber es wird ihnen oft schwer gemacht.
Warst Du eine gute Schülerin?
Ja, ich bin allerdings eher ungern zur Schule gegangen.
Wurde in Deiner Familie viel gelesen?
Die Lokalzeitung ja, aber keine Romane.
Was war die schönste Unterrichtslektüre Deiner Schulzeit?
Die besten Lektüren waren die, bei denen die jeweilige Lehrkraft den Stoff durch passende Theater- und Museumsbesuche oder Filme ergänzt hat. Deswegen kann ich mich bis heute gut an Leben des Galilei von Bertolt Brecht und an Fräulein Else von Arthur Schnitzler erinnern, denn in beiden Fällen haben wir die entsprechenden Theaterstücke besucht.
Hat Dir Literatur im Leben weitergeholfen?
Ja, ich kann mir mein Leben ohne Literatur nicht vorstellen. Immer wieder zu Büchern zurückkehren zu können, ist eine große Stütze, für alles eigentlich.
Janine, danke Dir für das Interview!
Kultur trotz Corona: Schullektüre und Junges Lesen (9). Von Leander Steinkopf>
Die Corona-Krise hat das Sozialleben gerade junger Menschen stark beeinträchtigt. Darüber hinaus wurde ihre Schulbildung ins Digitale verlagert, wo manches auf der Strecke blieb. Gerade in sozialer Isolation kann Literatur eine Stütze sein, die einem hilft mit den Problemen des Lebens klarzukommen. Somit ist es ein guter Zeitpunkt, um sich mit der Frage zu befassen, welche Literatur in der Jugend gebraucht wird – und was Schullektüre leisten könnte. Dazu soll diese Interviewreihe einen Beitrag leisten.
Im Interview: Janine Adomeit wurde 1983 in Köln geboren. Sie studierte Anglistik und Germanistik als Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes. Seit 2008 veröffentlicht sie regelmäßig in Zeitschriften und Anthologien; 2021 erschien ihr Debütroman Vom Versuch einen silbernen Aal zu fangen (dtv). Sie lebt in Flensburg.
Interviewer: Leander Steinkopf (*1985) lebt nach Stationen in Mannheim, Berlin, Sarajevo und Plovdiv seit einigen Jahren in München. Von ihm erschienen verschiedene Bücher, u.a. der Roman Stadt der Feen und Wünsche bei Hanser Berlin. Er ist Herausgeber der Anthologie Neue Schule: Prosa für die nächste Generation bei Claassen.
Mit der folgenden zehnteiligen Interviewreihe beteiligt sich Leander Steinkopf an der Fortsetzung von „Kultur trotz Corona“, einem Projekt des Literaturportals Bayern zur Unterstützung bayerischer Literaturschaffender. Alle bisherigen Beiträge der Reihe finden Sie HIER.
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Wie kamst Du zum Schreiben?
Wie wahrscheinlich die meisten Autor*innen übers Lesen. Bei uns im Keller stand außerdem eine alte Schreibmaschine, auf der habe ich Tippen geübt und meine ersten eigenen Texte geschrieben, das muss mit etwa acht Jahren gewesen sein. Das war ein großes Freiheitsgefühl.
Wann und wodurch entstand Dein Interesse für Literatur?
Bücher waren für mich das, was man heute vielleicht eine Art „Safe Space“ nennen würde. Ich war beim Lesen immer in meiner Welt. Und ich habe dann auch früh begonnen, mich zu fragen, ob und wie man mehr „Welten“ erschaffen und sie ggf. auch mit anderen teilen kann.
Was kann Literatur, was Serien und Filme nicht können?
Es gibt mehr Leerstellen in der Literatur, weil ein Text erst beim bzw. mit dem Lesen entsteht. Die Handlung, die Figuren, die Orte entstehen alle in der Phantasie der Lesenden. Das heißt, jedes Buch, das Du liest, ist automatisch „Dein“ Buch, ein Spiegel Deiner Selbst.
Hat Dir Schullektüre im Leben weitergeholfen?
Vielleicht nicht so sehr die Lektüre an sich, sondern mehr das Sprechen darüber. Mit anderen über ein Buch zu sprechen, kann sehr lehrreich sein auf der sozialen Ebene. Man lernt das Gegenüber besser kennen und sich selbst auch.
Wenn Du Deutschlehrerin wärst, welches Buch würdest Du Deine Schüler lesen lassen? Und warum?
Einen konkreten Vorschlag habe ich nicht. Basierend auf meiner eigenen Erfahrung glaube ich aber, dass Schüler*innen bei einem Buch einen Bezug zur Gegenwart und zu ihren eigenen Leben herstellen können müssen. Das kann auch mit einem Roman oder Drama aus dem 17., 18. Jahrhundert funktionieren. Aber sie brauchen eben Bezugspunkte, zu denen man sie manchmal vielleicht auch sanft hinbegleiten muss. Wenn sie die Bezugspunkte nicht schnell entdecken, verlieren sie jedenfalls die Geduld und die Lektüre wird nicht mehr angefasst. Ich glaube, Jugendliche möchten eigentlich sehr gerne von Literatur lernen, aber es wird ihnen oft schwer gemacht.
Warst Du eine gute Schülerin?
Ja, ich bin allerdings eher ungern zur Schule gegangen.
Wurde in Deiner Familie viel gelesen?
Die Lokalzeitung ja, aber keine Romane.
Was war die schönste Unterrichtslektüre Deiner Schulzeit?
Die besten Lektüren waren die, bei denen die jeweilige Lehrkraft den Stoff durch passende Theater- und Museumsbesuche oder Filme ergänzt hat. Deswegen kann ich mich bis heute gut an Leben des Galilei von Bertolt Brecht und an Fräulein Else von Arthur Schnitzler erinnern, denn in beiden Fällen haben wir die entsprechenden Theaterstücke besucht.
Hat Dir Literatur im Leben weitergeholfen?
Ja, ich kann mir mein Leben ohne Literatur nicht vorstellen. Immer wieder zu Büchern zurückkehren zu können, ist eine große Stütze, für alles eigentlich.
Janine, danke Dir für das Interview!