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20.12.2018, 12:49 Uhr
Lena Gorelik
Gespräche
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Lena Gorelik im Gespräch über ihr Performance-Stück „Everday Life With Monster Girls“

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"Everyday Life with Monster Girls" von Lena Gorelik © Andrea Huber

Premiere im doppelten Sinne feierte die in München lebende Autorin Lena Gorelik: Everday Life With Monster Girls, das am 24. Oktober 2018 im The Lovelace uraufgeführt wurde, ist nämlich ihr erstes Theaterstück. Bisher hat die vielfach ausgezeichnete Autorin belletristische und journalistische Texte sowie Reiseliteratur veröffentlicht. Ihr bislang letzter Roman Mehr Schwarz als Lila wurde 2017 veröffentlicht und war für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. 2018 erhielt sie das Arbeitsstipendium für Autor*innen der Stadt München.

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Everyday With Monster Girls orientiert sich lose an der japanischen Anime-Reihe Monmusu. Diese beschreibt den Alltag von weiblichen Monstern, die im Rahmen eines Kulturaustauschprogrammes der Regierung in Wohngemeinschaften mit Menschen untergebracht werden. Die verschiedenen Monster verlieben sich in ihre menschlichen Gastgeber, was einiges Konfliktpotenzial birgt, da intergalaktische Beziehungen strengstens verboten sind.

Lena Goreliks Everday Life With Monster Girls verbindet diesen eher leichten Stoff mit realen Erlebnissen der Schauspieler*innen und aktuellen gesellschaftlichen Debatten um Geschlechterrollen und -erwartungen. Lena Gorelik und ihrem Ensemble gelingt es, vor diesem Hintergrund ein besonderes Theatererlebnis zu schaffen. Mit der Autorin sprach Judith Bauer.

 

Literaturportal Bayern: Everyday Life With Monster Girls ist Ihr erstes Theaterstück. War Ihre Herangehensweise eine andere als bei Prosatexten?  Was waren besondere Herausforderungen?

Lena Gorelik: Ich wusste erst einmal gar nicht, wie ich an die Sache herangehen soll, wo ich beginnen soll. Das war vielleicht die größte Herausforderung: Nicht zu wissen, was man da tut. Auch nicht einschätzen zu können, ob das, was man schreibt, einen Sinn auf einer Bühne  bzw. in dem Fall im performativen Kontext  ergibt. Zum Glück habe ich nicht allein, sondern mit zwei großartigen Schauspielerinnen und Dramaturginnen, Judith Huber und Angelika Krautzberger, gearbeitet. Wir haben das Konzept zusammen erarbeitet, und dann habe ich mich hingesetzt und geschrieben. Und dann umgeschrieben. Und noch mal umgeschrieben. Und noch mal.

 

Die Performance verbindet viele verschiedene Elemente: Lesung, Rezension, Theater, Event. Was war Ihre Motivation bei diesem Ansatz?

Ich glaube, es gab gar keine Motivation. Es ist so entstanden: Die Idee war, dass das Stück nicht an einem Schreibtisch entsteht, sondern aus uns heraus, aus unseren Geschichten, Ideen, Improvisationen. Wir saßen wochenlang zusammen, haben Geschichten ausgetauscht, ausprobiert, Gegenstände und Fotografien gezeigt, angeschaut, haben diskutiert, Ideen gesammelt; alles ist in irgendeiner  und in sehr verschiedener Form eingeflossen. Wir wollten weg vom klassischen Geschehen, das auf einer Bühne gezeigt wird.

 

Ein zentrales inhaltliches und methodisches Element von Everyday Life With Monster Girls ist das Thema Rollenerwartung und Rollenidentität. Was war Ihnen dabei besonders wichtig?

Mit Rollen zu spielen. Nicht eindimensional zu sein. Nicht ein feministisches Stück zu schreiben, in dem ganz klar fest gelegt ist, wer die Guten und wer die Bösen sind. Sondern sich selbst und jede Position bis zum letzten Moment in Frage zu stellen.

 

Im Stück spricht Mrs. Smith die Problematik an, Literatur im Zeitalter von #MeToo aus weiblicher Perspektive zu schaffen. Inwiefern hat Sie die Debatte inspiriert und beeinflusst? Inwiefern können Feminismus-Debatten auch einschränkend wirken?

Ich glaube, dass diese Debatte in bestimmter Weise die Wahrnehmung von uns allen und die Art, wie wir miteinander und übereinander sprechen, durchgeschüttelt hat. Letztens sagte jemand, „Ich hatte einen #MeToo-Moment“, und alle wussten sofort, wovon die Rede ist. Es wurde nicht geflüstert und nicht „anvertraut“, sondern erzählt. Das habe ich in dieser Form als neu empfunden. In Everyday Life With Monster Girls thematisieren wir, inwiefern diese Selbstwahrnehmung  ich als Frau, ich als schreibende Frau  eine Rolle beim Schaffen spielt; wann sie eine Autorin ausbremst und wann sie hilfreich ist; auch ob diese Gedanken und Fragen aus mir selbst entstehen oder aus der Gesellschaft an mich herangetragen werden.

 

Besonders beeindruckend fand ich die Einbeziehung des Publikums während der gesamten Performance. Mit welchen Ideen, Gedanken und Einstellungen soll das Publikum aus dem Stück herausgehen?

Es sollte auf keinen Fall eine „pädagogische“ Performance sein, nach der die Zuschauer*innen mit einer Botschaft hinausgehen. Vor allem ging es uns darum, das Publikum zum Nachdenken anzuregen, sie im besten Fall ihre eigenen Bilder und festgefahrenen Vorstellungen in Frage stellen zu lassen. Und sie dabei dennoch gut zu unterhalten  weil das eine das andere nicht ausschließen muss.

 

Ein paar Eindrücke von der Premiere © Andrea Huber

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