Ein Münchner ist neuer Deutscher Meister im Poetry Slam! Alex Burkhard im Gespräch
Slam 2017 – Die jährlich stattfindenden deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften sind das größte Live-Literatur-Festival Europas. Im Oktober 2017 verwandelten sie Hannover für fünf Tage in die Metropole des Spoken Word. Die besten Slam-Poeten ermittelten ihre Meister im Einzel- und Teamwettbewerb. Gewinner des 21. Einzelwettbewerbs ist der Münchner Slammer Alex Burkhard. Es setzte sich im Finale in der ausverkauften Staatsoper gegen Fabian Navarro und Yannick Sellmann durch.
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Literaturportal Bayern: Herzlichen Glückwunsch zur Deutschen Meisterschaft im Poetry Slam! Es soll ein packendes Finale gewesen sein. Wie haben Sie die Dramaturgie des Abends erlebt?
Alex Burkhard: Vielen Dank! Um ehrlich zu sein, habe ich außer meinen beiden Auftritten und der Siegerehrung kaum etwas mitbekommen. Während der anderen Auftritte lag ich mit Ohrstöpseln und einer Playlist hinter der Bühne. Ich brauchte an dem Abend den Tunnel, sonst hätte ich mich von der Qualität der anderen Beiträge und eben der Dramaturgie nur verrückt machen lassen.
Wie kamen Sie überhaupt zum Poetry Slam?
Ein Schulfreund hat mich für die Bühne verpflichtet, als er in meinem Abijahr einen Slam an der Schule organisiert hat. „Du schreibst doch so traurige Liebesgedichte. Lies die mal vor!“ Ich habe dann etwas anderes vorgelesen, aber es hat Spaß gemacht, und ich bin dabei geblieben.
In Deutschland dauerte es eine Weile – anders als z.B. in den USA – bis der Slam als literarische Gattung angemessen anerkannt wurde. Dabei weiß jeder, der einmal einen guten erlebt hat: Das ist ganz große Kunst. Wann ist für Sie ein Slam-Auftritt perfekt?
Aus meiner Künstlersicht: Wenn ich die Verbindung zu den Zuhörer*innen in jedem Moment spüren kann. Wenn ich auf den Punkt konzentriert bin und die Verbindung schaffe aus professionellem Auftritt (Stimme, Körpersprache, Souveränität) und dem eigenen Genießen der Bühnenminuten.
München hat seit 20 Jahren eine sehr lebendige Slam-Szene, etliche Bühnen behaupten sich nebeneinander. Wie hat es gerade München zur Hochburg geschafft?
München hat eine sehr gute Nachwuchsförderung. Für junge Poet*innen gibt es sowohl Workshops, wo sie Ideen und Texte mit Gleichgesinnten und erfahrenen Slammer*innen austauschen können, als auch zahlreiche Bühnen, auf denen sie sich ausprobieren können.
Außerdem hat sich in München eine rege Lesebühnenszene entwickelt, mit sehr vielen monatlichen Veranstaltungen, die die erfahreneren Poet*innen anspornen, regelmäßig neue Texte zu schreiben und auszuprobieren.
Im digitalen Zeitalter wurden Live-Lesungen schon öfters totgesagt. Tatsächlich ist aber das Gegenteil der Fall: Performative Formen der Literatur boomen, nicht nur beim Slam, sondern auch z.B. in Kombination mit Musik, etwa bei Ulrike Almut Sandig. Selbst die gute alte Wasserglaslesung hält sich wacker. Wie erklären Sie sich das?
Ich kann nur von den Veranstaltungen sprechen, die ich selbst kenne, und bei denen ist die Kombination aus der Qualität der Beiträge und der Verbindung zum Publikum das Erfolgsgeheimnis. Durch die Regelmäßigkeit der Veranstaltungen gibt es viele Stammbesucher*innen. Durch Poetry Slams und Lesebühnen wird Sprache in den besten Fällen direkt und emotional erlebbar gemacht. Und ich glaube, dass der Mensch trotz der Netflix-Bequemlichkeit doch häufig den Kontakt mit anderen Menschen schätzt und diese Formate ein gutes Angebot dafür bieten.
Der Poetry Slam ist eine junge Form. Viele Slammer wenden sich früher oder später der klassischen Literatur zu – Nora Gomringer hat z.B. mit einem Prosatext den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen, Pierre Jarawan mit seinem Debütroman einen Bestseller gelandet. Auch Sie haben Ihre Texte schon in Buchform veröffentlicht. Wo steuern Sie literarisch hin?
Momentan fokussiere ich mich auf die Bühne. Ich habe gerade ein neues abendfüllendes Programm geschrieben und bin eben viel bei Slam Shows und Lesebühnen gebucht. Ich versuche, das so lange zu machen, wie es mir Spaß macht, und ich glaube, das wird noch eine Weile gehen.
Der fertige Roman, den ich – wie so viele – in der Schublade habe, wird dort noch ein bisschen liegenbleiben; momentan habe ich nicht die Ruhe, ihn gut zu überarbeiten. Und weitere Ideen sind da – aber ich glaube, dass ich die nächsten Jahre die meiste Zeit für die Bühne aufbringen werde. Momentan mag ich die Form der Kurzprosa sehr gerne, im Stile eines David Sedaris beispielsweise. Aber die Ruhe und Gelassenheit, die ich für einen wirklich guten Roman bräuchte, wird kommen.
***
Bayern boomt! Bayern slamt!
Neben Poetry Slam-Meister Alex Burkhard (qualifiziert über die Landesmeisterschaft Bayern), Fabian Navarro und Yannik Sellmann (von den Slams in Würzburg und Ansbach nominiert) die das Finale im Einzelwettbewerb bestritten, wurden noch viele weitere Poetinnen und Poeten von Bühnen und Institutionen der bayerischen Slam-Szene zum Wort-Wettkampf nach Hannover geschickt: Mit dabei waren unter anderem Julius Althoetmar (von Kiezmeisterschaft München nominiert), Simeon Buß (Fürther Poetry Slam), Bybercap (e-Poetry Erlangen), Julian Kalks (Revolte Slam Erlangen), Björn H. Katzur (Wortgefecht Nürnberg), Hinnerk Köhn (Bamberg ist Slamberg), Mo! (Poetry Slam Passau), Philipp Potthast (Substanz Poetry Slam München), Teresa Reichl (Mälzeslam Regensburg), Julia Szymik (Poetry Slam Bayreuth) und Ezgi Zengin (Grand Slam Augsburg).
Den Teamwettbewerb entschieden Julian Heun und David Friedrich alias Heun & Söhne für sich. Pauline Füg und Tobias Heyel waren als Großraumdichten mit dabei.
2018 ist Zürich Austragungsort der 22. deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften. Zum ersten Mal dürfen dann auch Poetinnen und Poeten aus Südtirol teilnehmen.
Ein Münchner ist neuer Deutscher Meister im Poetry Slam! Alex Burkhard im Gespräch>
Slam 2017 – Die jährlich stattfindenden deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften sind das größte Live-Literatur-Festival Europas. Im Oktober 2017 verwandelten sie Hannover für fünf Tage in die Metropole des Spoken Word. Die besten Slam-Poeten ermittelten ihre Meister im Einzel- und Teamwettbewerb. Gewinner des 21. Einzelwettbewerbs ist der Münchner Slammer Alex Burkhard. Es setzte sich im Finale in der ausverkauften Staatsoper gegen Fabian Navarro und Yannick Sellmann durch.
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Literaturportal Bayern: Herzlichen Glückwunsch zur Deutschen Meisterschaft im Poetry Slam! Es soll ein packendes Finale gewesen sein. Wie haben Sie die Dramaturgie des Abends erlebt?
Alex Burkhard: Vielen Dank! Um ehrlich zu sein, habe ich außer meinen beiden Auftritten und der Siegerehrung kaum etwas mitbekommen. Während der anderen Auftritte lag ich mit Ohrstöpseln und einer Playlist hinter der Bühne. Ich brauchte an dem Abend den Tunnel, sonst hätte ich mich von der Qualität der anderen Beiträge und eben der Dramaturgie nur verrückt machen lassen.
Wie kamen Sie überhaupt zum Poetry Slam?
Ein Schulfreund hat mich für die Bühne verpflichtet, als er in meinem Abijahr einen Slam an der Schule organisiert hat. „Du schreibst doch so traurige Liebesgedichte. Lies die mal vor!“ Ich habe dann etwas anderes vorgelesen, aber es hat Spaß gemacht, und ich bin dabei geblieben.
In Deutschland dauerte es eine Weile – anders als z.B. in den USA – bis der Slam als literarische Gattung angemessen anerkannt wurde. Dabei weiß jeder, der einmal einen guten erlebt hat: Das ist ganz große Kunst. Wann ist für Sie ein Slam-Auftritt perfekt?
Aus meiner Künstlersicht: Wenn ich die Verbindung zu den Zuhörer*innen in jedem Moment spüren kann. Wenn ich auf den Punkt konzentriert bin und die Verbindung schaffe aus professionellem Auftritt (Stimme, Körpersprache, Souveränität) und dem eigenen Genießen der Bühnenminuten.
München hat seit 20 Jahren eine sehr lebendige Slam-Szene, etliche Bühnen behaupten sich nebeneinander. Wie hat es gerade München zur Hochburg geschafft?
München hat eine sehr gute Nachwuchsförderung. Für junge Poet*innen gibt es sowohl Workshops, wo sie Ideen und Texte mit Gleichgesinnten und erfahrenen Slammer*innen austauschen können, als auch zahlreiche Bühnen, auf denen sie sich ausprobieren können.
Außerdem hat sich in München eine rege Lesebühnenszene entwickelt, mit sehr vielen monatlichen Veranstaltungen, die die erfahreneren Poet*innen anspornen, regelmäßig neue Texte zu schreiben und auszuprobieren.
Im digitalen Zeitalter wurden Live-Lesungen schon öfters totgesagt. Tatsächlich ist aber das Gegenteil der Fall: Performative Formen der Literatur boomen, nicht nur beim Slam, sondern auch z.B. in Kombination mit Musik, etwa bei Ulrike Almut Sandig. Selbst die gute alte Wasserglaslesung hält sich wacker. Wie erklären Sie sich das?
Ich kann nur von den Veranstaltungen sprechen, die ich selbst kenne, und bei denen ist die Kombination aus der Qualität der Beiträge und der Verbindung zum Publikum das Erfolgsgeheimnis. Durch die Regelmäßigkeit der Veranstaltungen gibt es viele Stammbesucher*innen. Durch Poetry Slams und Lesebühnen wird Sprache in den besten Fällen direkt und emotional erlebbar gemacht. Und ich glaube, dass der Mensch trotz der Netflix-Bequemlichkeit doch häufig den Kontakt mit anderen Menschen schätzt und diese Formate ein gutes Angebot dafür bieten.
Der Poetry Slam ist eine junge Form. Viele Slammer wenden sich früher oder später der klassischen Literatur zu – Nora Gomringer hat z.B. mit einem Prosatext den Ingeborg-Bachmann-Preis gewonnen, Pierre Jarawan mit seinem Debütroman einen Bestseller gelandet. Auch Sie haben Ihre Texte schon in Buchform veröffentlicht. Wo steuern Sie literarisch hin?
Momentan fokussiere ich mich auf die Bühne. Ich habe gerade ein neues abendfüllendes Programm geschrieben und bin eben viel bei Slam Shows und Lesebühnen gebucht. Ich versuche, das so lange zu machen, wie es mir Spaß macht, und ich glaube, das wird noch eine Weile gehen.
Der fertige Roman, den ich – wie so viele – in der Schublade habe, wird dort noch ein bisschen liegenbleiben; momentan habe ich nicht die Ruhe, ihn gut zu überarbeiten. Und weitere Ideen sind da – aber ich glaube, dass ich die nächsten Jahre die meiste Zeit für die Bühne aufbringen werde. Momentan mag ich die Form der Kurzprosa sehr gerne, im Stile eines David Sedaris beispielsweise. Aber die Ruhe und Gelassenheit, die ich für einen wirklich guten Roman bräuchte, wird kommen.
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Bayern boomt! Bayern slamt!
Neben Poetry Slam-Meister Alex Burkhard (qualifiziert über die Landesmeisterschaft Bayern), Fabian Navarro und Yannik Sellmann (von den Slams in Würzburg und Ansbach nominiert) die das Finale im Einzelwettbewerb bestritten, wurden noch viele weitere Poetinnen und Poeten von Bühnen und Institutionen der bayerischen Slam-Szene zum Wort-Wettkampf nach Hannover geschickt: Mit dabei waren unter anderem Julius Althoetmar (von Kiezmeisterschaft München nominiert), Simeon Buß (Fürther Poetry Slam), Bybercap (e-Poetry Erlangen), Julian Kalks (Revolte Slam Erlangen), Björn H. Katzur (Wortgefecht Nürnberg), Hinnerk Köhn (Bamberg ist Slamberg), Mo! (Poetry Slam Passau), Philipp Potthast (Substanz Poetry Slam München), Teresa Reichl (Mälzeslam Regensburg), Julia Szymik (Poetry Slam Bayreuth) und Ezgi Zengin (Grand Slam Augsburg).
Den Teamwettbewerb entschieden Julian Heun und David Friedrich alias Heun & Söhne für sich. Pauline Füg und Tobias Heyel waren als Großraumdichten mit dabei.
2018 ist Zürich Austragungsort der 22. deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften. Zum ersten Mal dürfen dann auch Poetinnen und Poeten aus Südtirol teilnehmen.