Die Schriftstellerin Alina Herbing über falsche Land-Idylle, Rechtspopulismus und Sexismus im Literaturbetrieb
Alina Herbing, geboren 1984 in Lübeck, aufgewachsen in Mecklenburg-Vorpommern, lebt heute in Berlin. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Greifswald, Neuere deutsche Literatur in Berlin sowie Kulturjournalismus und Literarisches Schreiben in Hildesheim. Sie war u.a. Teilnehmerin des open mike 2012 sowie des Klagenfurter Literaturkurses 2014. In ihrem Romandebüt Niemand ist bei den Kälbern erzählt sie vom Leben auf einem Bauernhof in Nordwestmecklenburg. Doch idyllische Klischeebilder zeigt die Autorin nicht. Stattdessen: vernachlässigte Kälber, übervolle Fliegenfänger an Küchendecken, tradierte Geschlechterrollen. Und über alldem schwebt die ständige Frage, wie man aus dem Dorf den Absprung in die Freiheit schaffen kann.
Vor wenigen Tagen wurde der Roman für den Aspekte-Literaturpreis für das beste Debüt 2017 nominiert. Zurecht.
*
Literaturportal Bayern: Man kann nur entmystifizieren, was man in Wahrheit liebt. Sie zeigen in Ihrem Roman die unterschätzten Härten des Landlebens. Entgegen mancher Darstellung ist der Roman aber keine Abrechnung, sondern gewinnt seine Wucht gerade durch Ambivalenzen.
Alina Herbing: Ich habe den Roman nie als Abrechnung gedacht. Vieles entspricht vielleicht nicht den üblichen Klischees des Dorflebens, aber ich wollte nicht noch ein Buch damit füllen. Es hat mich anfangs überrascht, dass mein Roman von manchen Menschen als Provokation empfunden wird, aber wenn man sich die Bedeutung bewusst macht, die dem Landleben zukommt, ist es gar nicht so überraschend. Das Land als idyllischen Rückzugsort zu idealisieren, ist eine lange Tradition, sei es in der Malerei oder eben in der Literatur. Gerade Menschen aus der Stadt möchten sich ihre Vorstellungen vom Land oft nicht kaputt machen lassen. Für viele ist es ein Ort der Entspannung und Entschleunigung, ein Gegenpol zur urbanen Schnelllebigkeit.
Bei meinen Lesungen begegne ich aber auch immer wieder Menschen, die dankbar dafür sind, dass in meinem Roman Dinge zur Sprache kommen, unter denen auch sie gelitten haben oder die sie sogar dazu gebracht haben, ihre Heimatorte zu verlassen.
Die Hauptfigur Christin ist faszinierend. Man leidet mit ihren buchstäblichen Eskapaden mit, aber denkt dabei auch häufig: „Jetzt stell Dich doch nicht so an! Das ist doch larmoyantes Jammern auf hohem Niveau, Erwachsenwerden ist halt nirgends besonders toll.“ Oft wirkt sie nicht besonders sympathisch, aber man hängt dennoch an ihr. Eine perfekte literarische Figur. Wie haben Sie das gemacht?
Erstmal wollte ich diese Frau einfach begleiten, und dabei habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht, wie sympathisch sie irgendjemand finden könnte. Ich wollte von einer Figur erzählen, die ganz anders ist als ich. Während des Schreibens habe ich dann auch mal Schlager gehört, Frauenzeitschriften gelesen und mir Modetipps im Internet angeschaut. Ich wollte die Konfrontation mit einer eigenständigen Gedankenwelt. Das war eine Herausforderung, aber es hat mir auch Spaß gemacht, und ich habe gehofft, dass es den Lesenden auch so gehen würde.
Die omnipräsente Bedrohung, das Ineinander von Schönheit und kühler Gleichgültigkeit, von Sehnsucht und Einsamkeit als natürliches Prinzip – man spürt das fast stärker zwischen den Zeilen, als wenn es drastisch auserzählt wird. Auch unterscheidet sich die Sprache je nach Figur. Wie haben Sie sich die Sprache für den Roman erschlossen?
Da gibt es zum einen die Gedankenwelt von Christin, die den Roman erzählt. Dabei war es mir wichtig, eine einfache, der Figur angemessene Sprache zu finden, die nicht zu mündlich und unterkomplex ist, aber auch nicht alles dem Regelwerk entsprechend richtig macht. Daran habe ich immer wieder und noch bis kurz vor Drucklegung gefeilt. Bei der mündlichen Rede habe ich versucht, für jede Figur individuelle Spracheigenheiten zu entwickeln, die Wortwahl, die Aussprache und die Grammatik betreffend. Das hat mir die Charaktere auch selbst noch mal klarer gemacht.
Man kann Ihren Roman in eine lange Tradition stellen. Haben große Vorbilder der Land- und Naturliteratur bei der Entstehung des Romans eine Rolle gespielt?
Ich habe schon eine Zeit lang nach Landwirtschaft und Landleben in Romanen gesucht, nicht so sehr nach Naturliteratur. Tolstoi war da wichtig für mich, aber auch ganz aktuelle Literatur, etwa von Reinhard Kaiser-Mühlecker oder Judith Zander; Texte, in denen es auch um die härteren Seiten des Landlebens geht, die Arbeit und das Schweigen. Wichtig waren aber auch Flauberts Madame Bovary und Fontanes Effi Briest, Frauen, die sich auf dem Land sehr langweilen. Gerade bei Madame Bovary habe ich ich mich oft gefragt, was sie im Jahr 2015 gemacht hätte.
Die (Selbst-)Gefährdungen der Hauptfigur stehen im Vordergrund. Man sollte aber nicht vergessen, dass auch das Landleben selbst bedroht ist. Tatsächlich veröden heute ganze Landstriche, die Bedingungen werden immer schwieriger. Derweil entdecken hippe Städter ihren grünen Daumen – und halten ein bisschen Urban Gardening für achtsame Naturverbundenheit. Die Marginalisierung der Landbevölkerung steigert das jedoch eher noch. Wie retten wir das Land?
Das Landleben ist von Region zu Region sehr unterschiedlich. Es gibt die wachsenden Dörfer mit guter Infrastruktur, dann die, die die Möglichkeit haben, auf Tourismus zu setzen, und solche, die eben immer kleiner werden. In jedem Fall ist es wichtig, auch Menschen auf dem Land mehr Aufmerksamkeit zu schenken und deren Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen. Nicht nur über die Gentrifizierung in Berlin zu sprechen, sondern auch über die auf Hiddensee. Ich bin nicht die Expertin für das Landleben, dafür wohne ich zu lange in der Stadt, trotzdem wird meist von mir erwartet, für die Dorfbevölkerung zu sprechen, weil ich mehr Aufmerksamkeit bekomme. Ich würde mir wünschen, dass die Fragen, die ich oft nicht beantworten kann, denen gestellt werden, die sie stärker betreffen.
Sie sind eine der Autorinnen, die sich bei der jüngsten Debatte um Sexismus an Schreibschulen hervorgetan haben. Es gibt da eine Verbindung zu Ihrem Roman, denn auch das von Ihnen beschriebene Dorfleben gehorcht eher alten Macht- und Dominanzstrukturen sowie wiedererstarkenden gesellschaftspolitischen Ansichten, die man längst überkommen glaubte. In den USA haben die sogenannten „Abgehängten“ angeblich Trump an die Macht gebracht. Auch bei uns steigt in vielen ländlichen Regionen der Frust. Haben unsere politischen Diskurse das Land zu lange ausgeblendet?
Menschen, die weniger teilhaben an öffentlichen Diskursen und deren Bedürfnisse darum auch eher übersehen werden, gibt es auch in der Stadt. Nur sind viele ländliche Lebenswelten meist weiter weg von den städtischen des Bildungsbürgertums, das in einer überregionalen Öffentlichkeit mehr Macht ausübt und stärker meinungsbildend wirkt. Trotzdem kann man den Rechtspopulismus nicht auf die Landbevölkerung abschieben.
Manchmal macht es die „Hildesheim-Diskussion“ schwierig, dass viele auf unterschiedlichen Ebenen argumentieren. Das beginnt schon bei der Definition sexistischen Verhaltens. Welcher Punkt in der Debatte ist Ihnen persönlich besonders wichtig?
Es geht mir nicht darum, einzelnen Personen sexistisches Verhalten vorzuwerfen. Auch ich bin oft ungewollt oder unbewusst sexistisch. Viele Rollenbilder sind einfach so tief im Denken verankert, dass man sie nicht von heute auf morgen ablegen kann. Mir ist es aber wichtig, dass Menschen ihr Verhalten und ihr Denken öfter hinterfragen, sich bewusst machen, wie Macht in unserer Gesellschaft verteilt wird, wie Zuschreibungen funktionieren. Oft werden Hierarchien sehr subtil hergestellt, auf kaum sichtbaren Mikroebenen. Gerade die Menschen, die zu den Ausgegrenzten gehören, empfinden Diskriminierung stärker als die, die mit mehr Privilegien ausgestattet sind. Da wünsche ich mir mehr Sensibilität, mehr Zuhören, Verständnis und die Bereitschaft, sich aus der Komfortzone zu begeben und Routinen aufzubrechen.
Wie würden Sie Verlauf und Stand der Diskussion einschätzen?
Die Debatte hat sich von der Universität Hildesheim über den Blog des Merkur relativ schnell auch auf andere Medien und Portale ausgeweitet und wird dort nun weitergeführt, was ich sehr schön finde. In den Texten, die im Rahmen des Dossiers erschienen sind, wurden viele ganz unterschiedliche Aspekte von Diskriminierung aufgegriffen und nicht nur Schreibschulen, sondern auch Kunsthochschulen sowie der Theater- und Literaturbetrieb thematisiert. So haben Menschen in den unterschiedlichsten Bereichen begonnen, über Machtstrukturen nachzudenken, sich darüber auszutauschen und zu überlegen, wie man etwas ändern könnte.
Die Schriftstellerin Alina Herbing über falsche Land-Idylle, Rechtspopulismus und Sexismus im Literaturbetrieb>
Alina Herbing, geboren 1984 in Lübeck, aufgewachsen in Mecklenburg-Vorpommern, lebt heute in Berlin. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Greifswald, Neuere deutsche Literatur in Berlin sowie Kulturjournalismus und Literarisches Schreiben in Hildesheim. Sie war u.a. Teilnehmerin des open mike 2012 sowie des Klagenfurter Literaturkurses 2014. In ihrem Romandebüt Niemand ist bei den Kälbern erzählt sie vom Leben auf einem Bauernhof in Nordwestmecklenburg. Doch idyllische Klischeebilder zeigt die Autorin nicht. Stattdessen: vernachlässigte Kälber, übervolle Fliegenfänger an Küchendecken, tradierte Geschlechterrollen. Und über alldem schwebt die ständige Frage, wie man aus dem Dorf den Absprung in die Freiheit schaffen kann.
Vor wenigen Tagen wurde der Roman für den Aspekte-Literaturpreis für das beste Debüt 2017 nominiert. Zurecht.
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Literaturportal Bayern: Man kann nur entmystifizieren, was man in Wahrheit liebt. Sie zeigen in Ihrem Roman die unterschätzten Härten des Landlebens. Entgegen mancher Darstellung ist der Roman aber keine Abrechnung, sondern gewinnt seine Wucht gerade durch Ambivalenzen.
Alina Herbing: Ich habe den Roman nie als Abrechnung gedacht. Vieles entspricht vielleicht nicht den üblichen Klischees des Dorflebens, aber ich wollte nicht noch ein Buch damit füllen. Es hat mich anfangs überrascht, dass mein Roman von manchen Menschen als Provokation empfunden wird, aber wenn man sich die Bedeutung bewusst macht, die dem Landleben zukommt, ist es gar nicht so überraschend. Das Land als idyllischen Rückzugsort zu idealisieren, ist eine lange Tradition, sei es in der Malerei oder eben in der Literatur. Gerade Menschen aus der Stadt möchten sich ihre Vorstellungen vom Land oft nicht kaputt machen lassen. Für viele ist es ein Ort der Entspannung und Entschleunigung, ein Gegenpol zur urbanen Schnelllebigkeit.
Bei meinen Lesungen begegne ich aber auch immer wieder Menschen, die dankbar dafür sind, dass in meinem Roman Dinge zur Sprache kommen, unter denen auch sie gelitten haben oder die sie sogar dazu gebracht haben, ihre Heimatorte zu verlassen.
Die Hauptfigur Christin ist faszinierend. Man leidet mit ihren buchstäblichen Eskapaden mit, aber denkt dabei auch häufig: „Jetzt stell Dich doch nicht so an! Das ist doch larmoyantes Jammern auf hohem Niveau, Erwachsenwerden ist halt nirgends besonders toll.“ Oft wirkt sie nicht besonders sympathisch, aber man hängt dennoch an ihr. Eine perfekte literarische Figur. Wie haben Sie das gemacht?
Erstmal wollte ich diese Frau einfach begleiten, und dabei habe ich mir keine Gedanken darüber gemacht, wie sympathisch sie irgendjemand finden könnte. Ich wollte von einer Figur erzählen, die ganz anders ist als ich. Während des Schreibens habe ich dann auch mal Schlager gehört, Frauenzeitschriften gelesen und mir Modetipps im Internet angeschaut. Ich wollte die Konfrontation mit einer eigenständigen Gedankenwelt. Das war eine Herausforderung, aber es hat mir auch Spaß gemacht, und ich habe gehofft, dass es den Lesenden auch so gehen würde.
Die omnipräsente Bedrohung, das Ineinander von Schönheit und kühler Gleichgültigkeit, von Sehnsucht und Einsamkeit als natürliches Prinzip – man spürt das fast stärker zwischen den Zeilen, als wenn es drastisch auserzählt wird. Auch unterscheidet sich die Sprache je nach Figur. Wie haben Sie sich die Sprache für den Roman erschlossen?
Da gibt es zum einen die Gedankenwelt von Christin, die den Roman erzählt. Dabei war es mir wichtig, eine einfache, der Figur angemessene Sprache zu finden, die nicht zu mündlich und unterkomplex ist, aber auch nicht alles dem Regelwerk entsprechend richtig macht. Daran habe ich immer wieder und noch bis kurz vor Drucklegung gefeilt. Bei der mündlichen Rede habe ich versucht, für jede Figur individuelle Spracheigenheiten zu entwickeln, die Wortwahl, die Aussprache und die Grammatik betreffend. Das hat mir die Charaktere auch selbst noch mal klarer gemacht.
Man kann Ihren Roman in eine lange Tradition stellen. Haben große Vorbilder der Land- und Naturliteratur bei der Entstehung des Romans eine Rolle gespielt?
Ich habe schon eine Zeit lang nach Landwirtschaft und Landleben in Romanen gesucht, nicht so sehr nach Naturliteratur. Tolstoi war da wichtig für mich, aber auch ganz aktuelle Literatur, etwa von Reinhard Kaiser-Mühlecker oder Judith Zander; Texte, in denen es auch um die härteren Seiten des Landlebens geht, die Arbeit und das Schweigen. Wichtig waren aber auch Flauberts Madame Bovary und Fontanes Effi Briest, Frauen, die sich auf dem Land sehr langweilen. Gerade bei Madame Bovary habe ich ich mich oft gefragt, was sie im Jahr 2015 gemacht hätte.
Die (Selbst-)Gefährdungen der Hauptfigur stehen im Vordergrund. Man sollte aber nicht vergessen, dass auch das Landleben selbst bedroht ist. Tatsächlich veröden heute ganze Landstriche, die Bedingungen werden immer schwieriger. Derweil entdecken hippe Städter ihren grünen Daumen – und halten ein bisschen Urban Gardening für achtsame Naturverbundenheit. Die Marginalisierung der Landbevölkerung steigert das jedoch eher noch. Wie retten wir das Land?
Das Landleben ist von Region zu Region sehr unterschiedlich. Es gibt die wachsenden Dörfer mit guter Infrastruktur, dann die, die die Möglichkeit haben, auf Tourismus zu setzen, und solche, die eben immer kleiner werden. In jedem Fall ist es wichtig, auch Menschen auf dem Land mehr Aufmerksamkeit zu schenken und deren Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen. Nicht nur über die Gentrifizierung in Berlin zu sprechen, sondern auch über die auf Hiddensee. Ich bin nicht die Expertin für das Landleben, dafür wohne ich zu lange in der Stadt, trotzdem wird meist von mir erwartet, für die Dorfbevölkerung zu sprechen, weil ich mehr Aufmerksamkeit bekomme. Ich würde mir wünschen, dass die Fragen, die ich oft nicht beantworten kann, denen gestellt werden, die sie stärker betreffen.
Sie sind eine der Autorinnen, die sich bei der jüngsten Debatte um Sexismus an Schreibschulen hervorgetan haben. Es gibt da eine Verbindung zu Ihrem Roman, denn auch das von Ihnen beschriebene Dorfleben gehorcht eher alten Macht- und Dominanzstrukturen sowie wiedererstarkenden gesellschaftspolitischen Ansichten, die man längst überkommen glaubte. In den USA haben die sogenannten „Abgehängten“ angeblich Trump an die Macht gebracht. Auch bei uns steigt in vielen ländlichen Regionen der Frust. Haben unsere politischen Diskurse das Land zu lange ausgeblendet?
Menschen, die weniger teilhaben an öffentlichen Diskursen und deren Bedürfnisse darum auch eher übersehen werden, gibt es auch in der Stadt. Nur sind viele ländliche Lebenswelten meist weiter weg von den städtischen des Bildungsbürgertums, das in einer überregionalen Öffentlichkeit mehr Macht ausübt und stärker meinungsbildend wirkt. Trotzdem kann man den Rechtspopulismus nicht auf die Landbevölkerung abschieben.
Manchmal macht es die „Hildesheim-Diskussion“ schwierig, dass viele auf unterschiedlichen Ebenen argumentieren. Das beginnt schon bei der Definition sexistischen Verhaltens. Welcher Punkt in der Debatte ist Ihnen persönlich besonders wichtig?
Es geht mir nicht darum, einzelnen Personen sexistisches Verhalten vorzuwerfen. Auch ich bin oft ungewollt oder unbewusst sexistisch. Viele Rollenbilder sind einfach so tief im Denken verankert, dass man sie nicht von heute auf morgen ablegen kann. Mir ist es aber wichtig, dass Menschen ihr Verhalten und ihr Denken öfter hinterfragen, sich bewusst machen, wie Macht in unserer Gesellschaft verteilt wird, wie Zuschreibungen funktionieren. Oft werden Hierarchien sehr subtil hergestellt, auf kaum sichtbaren Mikroebenen. Gerade die Menschen, die zu den Ausgegrenzten gehören, empfinden Diskriminierung stärker als die, die mit mehr Privilegien ausgestattet sind. Da wünsche ich mir mehr Sensibilität, mehr Zuhören, Verständnis und die Bereitschaft, sich aus der Komfortzone zu begeben und Routinen aufzubrechen.
Wie würden Sie Verlauf und Stand der Diskussion einschätzen?
Die Debatte hat sich von der Universität Hildesheim über den Blog des Merkur relativ schnell auch auf andere Medien und Portale ausgeweitet und wird dort nun weitergeführt, was ich sehr schön finde. In den Texten, die im Rahmen des Dossiers erschienen sind, wurden viele ganz unterschiedliche Aspekte von Diskriminierung aufgegriffen und nicht nur Schreibschulen, sondern auch Kunsthochschulen sowie der Theater- und Literaturbetrieb thematisiert. So haben Menschen in den unterschiedlichsten Bereichen begonnen, über Machtstrukturen nachzudenken, sich darüber auszutauschen und zu überlegen, wie man etwas ändern könnte.