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München, Feilitzschstraße: Wedekindplatz

Fotografie (Bayerische Staatsbibliothek München/Porträtsammlung). Brunnensockel mit Wedekind-Gravur (c) Literaturportal Bayern

Für den Dichter Frank Wedekind gibt es einen eigenen Gedenkort in München: den Wedekindplatz in der Feilitzschstraße, für den der Bildhauer Ferdinand Filler (1902-1977) eine auf einem Sockel sitzende Brunnenfigur aus Fränkischem Muschelkalk errichtet hat. Laut Tilly Wedekind stellt sie eine griechische Nymphe dar, die sich mit einer Hand an die Stirn greift und mit der anderen eine Lyra hält. Man kann darin aber auch eine Symbolfigur Wedekinds sehen; die sinnend an die Stirn gelegte Hand und der Schriftzug mögen den Dichter, die Leier den Liedersänger, die Maske den Schauspieler Wedekind verdeutlichen.

Auf der Vorderseite des Sockels ist die erste Strophe des Gedichts „Bajazzo“ aus Wedekinds Drama König Nicolo oder So ist das Leben eingemeißelt. Auf der Rückseite steht: „Dem Andenken des Dichters Frank Wedekind.“

Die eingemeißelten Worte vorne spielen auf Alma an, Tochter des Königs Nicolo. Beide sind aus ihrem Land Umbrien vertrieben worden und müssen sich auf dem Jahrmarkt verdingen, wo Alma sich als jugendlicher Bajazzo anpreist, auf einen Felsen steigt und folgende Verse deklamiert:

Seltsam sind des Glückes Launen,
Wie kein Hirn sie noch ersann,
Daß ich meist vor lauter Staunen
Lachen nicht  noch weinen kann!
Aber freilich steht auf festen
Füßen selbst der Himmel kaum,
Drum schlägt auch der Mensch am besten
Täglich seinen Purzelbaum.
Wem die Beine noch geschmeidig,
Noch die Arme schmiegsam sind,
Den stimmt Unheil auch so freudig,
Daß er's innig liebgewinnt!

Eingeweiht wird der Platz am 10. Juli 1959. Zur Enthüllung kommen neben den offiziellen Akteuren u.a. die Mitglieder des Seerosen-Kreises und der Katakombe, Maler, Dichter, Bildhauer sowie Kabarettisten. Der Münchner Schriftsteller und Journalist Rolf Flügel schreibt dazu:

Die „Elf Scharfrichter“ mit Beil, Kerzenleuchten und Fackeln, auferstanden aus dem ersten Lokal in der Türkenstraße, erschienen in feierlichem Umzug und sangen die berühmten Verse aus König Nicolo. Der Maler Hermann Geiseler feierte den „schönsten Platz Schwabings“, der nur noch im Place du Tertre auf dem Montmartre ein Gegenstück habe. Dann begann Artur Kutscher mit dem Jahr 1911, als er als erster, gegen den Einspruch der Fakultät, Wedekind vorlesungswürdig machte und jenem Dramatiker zu akademischer Anerkennung verhalf, der als Stilschöpfer seinen unverwechselbaren Platz in der deutschen Literatur einnimmt. (Rolf Flügel, Münchner Merkur 13.7.1959. In: Unsterbliches München, S. 321)

Wedekindplatz heute (c) Literaturportal Bayern


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Verfasst von: Monacensia Literaturarchiv und Bibliothek / Dr. Peter Czoik

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