Info

Bayerns beste Independent Bücher 2024

Mit der Empfehlungsliste „Bayerns beste Independent Bücher“ werden zehn herausragende Neuerscheinungen von unabhängigen Verlagen aus Bayern gewürdigt. Erstmals gibt es einen Podcast mit der renommierten Literaturkritikerin Christine Knödler in 10 Folgen, die im Anschluss an die untenstehenden Titelporträts aufgerufen werden können. In zehn Einzelfolgen führt die Podcast-Spezialistin und Literaturvermittlerin Christine Knödler Gespräche mit den Verlegerinnen und Verlegern über die ausgezeichneten Titel.

 

Herr Niemand und die weiße Finsternis von Dora Kaprálová; Darja Čančíková (Ill.), Übersetzung von Nataša von Kopp, erschienen im Balaena Verlag, Landsberg am Lech (Kinder- und Jugendliteratur)
Nach einem schönen Herbsttag im Park kommen Mama und die Mädchen Isa und Lisa nach Hause zurück. Sie erwarten, dass Papa ihnen die Türe öffnet, aber der ist nicht da und kommt auch nicht. Ein furchtbares Unwetter setzt ein und taucht die Stadt B. in Dunkelheit. Anstelle von Papa klingelt der mysteriöse Herr Niemand an der Wohnungstür und macht sich unversehens in der Wohnung breit. Mit seiner widerlichen Erscheinung und der seltsamen Geschichte vom Land Nichts jagt er den Dreien gehörig Angst ein. Sie versuchen, sich durch ein cleveres Lügengebilde zu retten, doch das macht die Sache nur noch schlimmer. Erst als die kleine Lisa ihre Courage wiederfindet und laut ausspricht „Ich habe keine Angst!“, gelingt es ihnen, Herrn Niemand zu vertreiben.

Herr Niemand und die weiße Finsternis (Balaena Verlag)

Podcast: Christine Knödler im Gespräch mit Verlegerin Heike Birke

 

Der neue Antisemitismus von Jean Améry; Axel Wostry und Beate Himmelstoß (Sprecher), Claus Vester (Regie), erschienen bei cc-live, München (Hörbuch)
Jean Amérys Essays, die zwischen 1969 und 1976 geschrieben wurden, erschrecken geradezu durch ihre Aktualität. Sie lesen sich in ihrer Prägnanz, als wären sie für den heutigen Tag geschrieben. Ausgehend von seinem Judesein, das ihm von den Nürnberger Gesetzen aufgezwungen wurde, beschreibt Jean Améry seine existentielle Bindung an Israel, gleichzeitig ist seine Solidarität nicht bedingungslos. Und doch ist für ihn Israel das Land, das allen entrechteten Juden der Welt den aufrechten Gang gelehrt hat. Hier spricht sein Schmerz, weil er, von jeher ein Linker, die Neue Linke, die Israel als kolonialistisch betrachtet, nicht mehr erreichen kann: Ihr selbstgerechter Antizionismus steht ihm als unausrottbarer Antisemitismus klar vor Augen.

Der neue Antisemitismus (cc-live)

Podcast: Christine Knödler im Gespräch mit Verleger Carl Vester

 

Das Gefängnis im Himmel von Paul van Ostaijen; Anne Dingkuhn (Ill.), Übersetzung von Anna Eble, Andreas Lampert, erschienen in der Edition Hibana, Oberelchingen (Belletristik, Bibliophiles)
Voll guten Mutes begab sich Paul van Ostaijen 1918 in Berlin auf die Suche nach der Kunst, die der neuen Welt zu einer neuen Form verhelfen würde. Schon kurze Zeit später zeigte er sich desillusioniert: „Menschen sind keiner Kritik würdig. Sie eignen sich nur als Stoff für burleske Novellen.“ Die Grotesken von Paul van Ostaijen gehören zu den Geheimtipps der avantgardistischen Literatur. Mit pointiertem Humor und schonungsloser Logik hält der Bewunderer und Übersetzer von Franz Kafka und Mynona dem Bürgertum den Spiegel vor. So begegnen wir in diesem Band einem Gauner, für den die Freiheit die Hölle ist, einem Notar, der von der Gefährlichkeit des technischen Fortschritts so überzeugt ist, dass er in den eigenen Tod springt − und zwei konkurrierenden nationalistischen Bewegungen, die ihren Kampf nur durch ein internationalistisches Bündnis aufrechterhalten können.

Das Gefängnis im Himmel (Edition Hibana)

Podcast: Christine Knödler im Gespräch mit Verleger Florian Arnold

 

Der Morgen gehört uns von Davide Coppo, Übersetzung von Jan Schönherr, erschienen im Kjona Verlag, München (Belletristik)
Davide Coppo gibt uns einen intimen Einblick in den Faschismus unserer Gegenwart. Der 18-jährige Ettore lebt mit seinen Eltern, die verlernt haben, miteinander zu reden, in einem kleinen Ort bei Mailand. Der einzige Mensch, dem er sich anvertraut, ist seine Großmutter Elsa. Das ändert sich, als er die Schule wechselt. Dort lernt er den charismatischen Giulio kennen, der ihn in den Kreis der Federazione, einer faschistischen Jugendorganisation, aufnimmt. Gemeinsam gehen sie zum Demonstrieren auf die Straße und wirken an etwas Großem, Gerechten mit, wie Ettore denkt. Als es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung mit der Gegenseite kommt, ist er wie elektrisiert. Und verheimlicht Elsa erstmals etwas, aus Angst, dass der Weg, den andere für falsch halten, für ihn der einzig richtige sein könnte.

Der Morgen gehört uns (Kjona Verlag)

Podcast: Christine Knödler im Gespräch mit Verleger Lars Claßen

 

Kafkas Reise durch die bucklige Welt von Bernhard Setzwein, erschienen im lichtung verlag, Viechtach (Belletristik)
Was, wenn Kafka 1924 gar nicht gestorben wäre? Bernhard Setzwein betreibt ein schräges Gedankenspiel: Sein Franz Kafka taucht in den Nachkriegsjahren in Meran wieder auf. Die erfolglose Schriftstellerei hat er aufgegeben, stattdessen arbeitet er im Apollo Kino. Eines Nachts führt ihn der Zufall mit Marek Hłasko zusammen, einem jungen Schriftsteller aus Polen. Das ungleiche Paar organisiert sich ein Fahrzeug und bricht auf zu einer Reise. Ihr verwegener Roadtrip führt die beiden nach Graz, Wien und München. Die Gespräche mit Hłasko und die Abenteuer unterwegs wecken Erinnerungen bei Kafka. Setzwein legt einen amüsanten, rasanten Roman vor, der es schafft, aufs Neue die Lust auf Kafkas Werke und das Interesse für sein Leben zu wecken!

Kafkas Reise durch die bucklige Welt (lichtung verlag)

Podcast: Christine Knödler im Gespräch mit Verlegerin Kristina Pöschl

 

Sommer in der Tempelgasse von Sachiko Kashiwaba; Miho Satake (Ill.), Übersetzung von Luise Steggewentz, erschienen bei limbion, Dießen am Ammersee (Kinder- und Jugendliteratur)
Kazu ahnt, dass etwas Seltsames vor sich geht, als er mitten in der Nacht ein Mädchen in einem weißen Kimono aus seinem Haus schleichen sieht − hat er geträumt? Oder hat er einen Geist gesehen? Die Dinge werden noch merkwürdiger, als er am nächsten Tag in die Schule kommt und genau dieselbe Gestalt in seinem Klassenzimmer sitzen sieht. Als Kazus Sommerprojekt über den Kimyōtempel die Aufmerksamkeit seiner mysteriösen Nachbarin Frau Minakami auf sich zieht, erfährt Kazu bald, dass in seiner Heimatstadt nicht alles so ist, wie es scheint. Kazu stößt auf eine längst vergessene Legende, wonach im Kimyōtempel Tote wieder zum Leben erweckt werden können. Kazu und Akari verbünden sich, um die Quelle der Tempelkraft zu finden und zu schützen. Nur so kann Akari weiterleben. Währenddessen verschwören sich die Erwachsenen.

Sommer in der Tempelgasse (limbion)

Podcast: Christine Knödler im Gespräch mit Verlegerin Lisa Hammerl

 

Birkenschwester von Caro Van Thuyne; Anna Schilling (Ill.), Übersetzung von Lisa Mensing, erschienen im MaroVerlag, Augsburg (Belletristik)
Der Verlust, mit dem sich die Protagonistin Mari auseinandersetzt, ist der Tod ihrer kleinen Schwester Tully. Sie wurde mit dem Warfarin-Syndrom geboren; sie kam blind und taub zur Welt. Als ihre Trauer zu viel Raum einnimmt, lässt Mari ihren Mann Felix zurück und macht sich auf den Weg. Während sie versucht, sich von ihrem Schmerz freizuwandern und einen neuen Pfad für ihr Leben zu finden, baut Felix einen Ort, an dem sich Mari vielleicht irgendwann wieder zu Hause fühlen kann. In Birkenschwester zeichnet Caro Van Thuyne das Portrait einer Frau, die sich einem großen Verlust stellt. Ein Roman über den Prozess des Trauerns, die Beziehung zwischen zwei Schwestern, und über die Liebe eines Paares, das nicht aufgibt. Der Roman wurde 2021 mit dem Preis De Bronzen Uil für das beste niederländischsprachige Debüt ausgezeichnet.

Birkenschwester (MaroVerlag)

Podcast: Christine Knödler im Gespräch mit Verlegerin Sarah Käsmayr

 

Weiße Tränen von Kathrin Schrocke, erschienen im Mixtvision Verlag, München (Kinder- und Jugendliteratur)
Seit dem Kindergarten sind Lenni und Serkan beste Freunde – bis ein neuer Schüler an der Schule im verschlafenen Schwarzwald auftaucht, dem beliebtesten Lehrer offen Rassismus unterstellt und fast die Theater-AG sprengt. Darf er das? Eine erbitterte Debatte beginnt und plötzlich muss Lenni Stellung beziehen – aber für wen? Und wer hat hier eigentlich recht? Seite für Seite holt Kathrin Schrocke ihren Protagonisten Lenni aus der Komfortzone weißer Privilegien heraus, aus der glücklichen, „selbstzufriedenen Realität, in der Menschen leben dürfen, die sich wegen ihrer weißen Hautfarbe nie über Rassismus Gedanken machen müssen.“ Weiße Tränen ist keine Heldengeschichte, aber gerade deshalb so nahbar – und hochaktuell.

Weiße Tränen (Mixtvision Verlag)

Podcast: Christine Knödler im Gespräch mit Verleger Sebastian Zembol und Stv. Verlagsleiterin Lena Frenzel

 

Goldstein – ein phantastisches Leben von Anja Scherz, erschienen in der Stroux edition, München (Belletristik)
Goldstein – ein phantastisches Leben von Anja Scherz erzählt über einen Menschen, der für sich die fiktive Biographie entwarf, spät festgestellt zu haben, adoptiert worden zu sein, Sohn einer Auschwitz-Überlebenden, Sohn von Otto Frank und Halbbruder von Anne Frank zu sein. Das Buch setzt sich zusammen aus der von Raphael-Maria Goldstein (Norbert Burger) verfassten „Autobiographie“ (mit Briefen an seine „Schwester“ Anne Frank) und der literarischen Recherche. Anja Scherz erzählt ihre Recherche als Fiktion. Ihre Erzählung und ihre Erkenntnisse zu „Schein und Sein“, zum „biographischen Gedächtnis“ und zur Rolle der Phantasie innerhalb der biographischen Erinnerung setzen sich in diesem Werk zu einem faszinierenden Puzzle zusammen.

Goldstein – ein phantastisches Leben (Stroux edition)

Podcast: Christine Knödler im Gespräch mit Verlegerin Annette Stroux

 

Kirschen fürs Kamel – Begriffe des Zusammenlebens von Susanna & Johannes Rieder; Arinda Crăciun, Carsten Aermes (Ill.), erschienen im Susanna Rieder Verlag, München (Kinder- und Jugendliteratur, Kunst-/Sachbuch, Bibliophiles)
Kirschen fürs Kamel ist ein Buch über das Zusammenleben: 24 Begriffe, die für einen verständnisvollen Umgang miteinander elementar sind, werden in einem kurzen, gut verständlichen Text erklärt und jeweils durch eine Illustration ergänzt. Die Auswahl der Begriffe entstand über den Bezug zu aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen: Was sind die derzeit drängendsten Herausforderungen im sozialen Miteinander? Worüber müssen wir nachdenken, um gemeinsam weiterzukommen? Begriffe wie Würde, Geduld, Gastfreundschaft, Zivilcourage, Vertrauen, Kompromiss oder Respekt werden klar und präzise, beinahe lakonisch beschrieben und durch den Text-Bild-Bezug veranschaulicht.

Kirschen fürs Kamel (Susanna Rieder Verlag)

Podcast: Christine Knödler im Gespräch mit Verlegerin Susanna Rieder

Externe Links:

Empfehlungsliste 2024 (Inhaltsangaben und Jurybewertungen)