Albert Camus am Königssee
Der französische Schriftsteller Albert Camus hält sich im August 1936 auf einer Reise von Lyon nach Prag mehrere Tage in Berchtesgaden auf, wo er mit seiner Ehefrau Simone und seinem Freund Bourgeois zum Entsetzen des Wirts ein Zimmer zu dritt mietet. Camus besichtigt den Königssee und die Kapelle Sankt Bartholomä, bevor er nach Salzburg weiterreist. Die verschneiten Berge kommen ihm dabei feindselig und unendlich vor:
Er drang jeden Tag weit ins Gebirge vor und kehrte stumm zurück, das Haar voller Gräser und am Körper die Schrammen eines ganzen Tages. Und jedes Mal war es dieselbe Eroberung ohne Verführung. Nach und nach bezwang er den Widerstand dieses feindseligen Landes. Es gelang ihm, so zu werden wie die runden weißen Wolken hinter der einzigen Tanne, die sich auf einem Kamm abhob, so zu werden wie die Felder mit ihren rosa Weidenröschen, ihren Ebereschen und ihren Glockenblumen. Er fügte sich ganz in diese duftende und felsige Welt ein. Wenn er den fernen Gipfel erreichte, kam in ihm angesichts der sich plötzlich darbietenden unendlichen Landschaft nicht die Liebe zur Ruhe, sondern die Bereitschaft zu einer Art inneren Paktes entstand, den er mit dieser fremden Natur schloss: der Waffenstillstand, der zwischen zwei harten, verbissenen Gesichtern zustande kommt, die Vertrautheit zweier Gegner, nicht die Hingabe zweier Freunde. (Zit. aus: Albert Camus: Tagebuch. Mai 1935 – Februar 1942. Dt. Übers. von Guido G. Meister. Reinbek bei Hamburg 1963, S. 50f. © Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1963)
Sekundärliteratur:
Tworek, Elisabeth (2011): Literarische Sommerfrische. Künstler und Schriftsteller im Alpenvorland. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 177, S. 248.
Weitere Kapitel:
Der französische Schriftsteller Albert Camus hält sich im August 1936 auf einer Reise von Lyon nach Prag mehrere Tage in Berchtesgaden auf, wo er mit seiner Ehefrau Simone und seinem Freund Bourgeois zum Entsetzen des Wirts ein Zimmer zu dritt mietet. Camus besichtigt den Königssee und die Kapelle Sankt Bartholomä, bevor er nach Salzburg weiterreist. Die verschneiten Berge kommen ihm dabei feindselig und unendlich vor:
Er drang jeden Tag weit ins Gebirge vor und kehrte stumm zurück, das Haar voller Gräser und am Körper die Schrammen eines ganzen Tages. Und jedes Mal war es dieselbe Eroberung ohne Verführung. Nach und nach bezwang er den Widerstand dieses feindseligen Landes. Es gelang ihm, so zu werden wie die runden weißen Wolken hinter der einzigen Tanne, die sich auf einem Kamm abhob, so zu werden wie die Felder mit ihren rosa Weidenröschen, ihren Ebereschen und ihren Glockenblumen. Er fügte sich ganz in diese duftende und felsige Welt ein. Wenn er den fernen Gipfel erreichte, kam in ihm angesichts der sich plötzlich darbietenden unendlichen Landschaft nicht die Liebe zur Ruhe, sondern die Bereitschaft zu einer Art inneren Paktes entstand, den er mit dieser fremden Natur schloss: der Waffenstillstand, der zwischen zwei harten, verbissenen Gesichtern zustande kommt, die Vertrautheit zweier Gegner, nicht die Hingabe zweier Freunde. (Zit. aus: Albert Camus: Tagebuch. Mai 1935 – Februar 1942. Dt. Übers. von Guido G. Meister. Reinbek bei Hamburg 1963, S. 50f. © Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1963)
Tworek, Elisabeth (2011): Literarische Sommerfrische. Künstler und Schriftsteller im Alpenvorland. Ein Lesebuch. Allitera Verlag, München, S. 177, S. 248.