Reichstagsbrand im Münchner Fasching
Als am Rosenmontag 1933 die Vorstellung in der Bonbonniere begann, ahnte noch niemand, dass damit die Münchner Ära der Pfeffermühle für immer beendet sein würde. Immer noch befand sich Bayern gegenüber den meisten anderen deutschen Landesteilen in einer Sondersituation mit seiner Ablehnung gegen Reichskanzler Hitler. Während die NSDAP Anfang der 1920er-Jahre in Bayern sehr einflussreich gewesen war, gehörte es ab 1930 zu den Ländern, in denen Hitler die niedrigsten Wahlerfolge verzeichnen konnte. Besonders die Stadt, die dessen Aufstieg und den Hitlerputsch aus nächster Nähe miterlebt hatte, stand ihm trotzig und feindselig gegenüber und feierte wie jedes Jahr ausgiebig seinen Fasching mit unzähligen Bällen. Mittendrin öffnete die Pfeffermühle allabendlich ihren Vorhang. Am Rosenmontag war die Vorstellung überfüllt. Das Publikum erschien fast ausnahmslos verkleidet: Indianer, Zigeunerinnen, Rokoko-Damen und Herren bevölkerten den Zuschauerraum. Anschließend trafen sich alle auf dem Faschingsball der Kammerspiele, der im Regina-Palast-Hotel stattfand. Die Münchner Künstler, Schriftsteller und Schauspieler ließen dort die rauschenden Feste der Schwabinger Bohème wieder auferstehen.
In die Ausgelassenheit hatte sich allerdings mittlerweile Misstrauen gemischt: Dazu trug die allgemeine Kostümierung bei. Keiner wusste, ob sich nicht vielleicht hinter den Masken Nazi-Spitzel verbargen. Ein Clown forderte Erika zum Tanzen auf, als die Kapelle einen Tango anstimmte, und Erika war entzückt, einen Tänzer gefunden zu haben, der diesen Tanz glänzend beherrschte und genoss. Als ihre Köpfe ganz nah beieinander waren, raunte er ihr ins Ohr: „Der Reichstag brennt!“ Um sie herum erscholl plötzlich aus vielen Mündern im Rhythmus der Musik: „Der Reichstag brennt! Der Reichstag brennt!“
Es dauerte eine Weile, bis die Nachricht bei den Feiernden angekommen und ihre Bedeutung begriffen worden war. Aus der Menge der Maskierten trat plötzlich ein auffällig korrekt gekleideter unbekannter Mann heraus und teilte der Menge mit, dass es die Kommunisten gewesen seien, die den Reichstag angesteckt hätten. Man habe sie bereits festgenommen. In diesem Moment hörte die Musik auf zu spielen. Auf die Nachfrage: „Die Kommunisten?“ antwortete der Fremde mit einem verächtlichen Lachen: „Ja, natürlich. Wer denn wohl sonst?“
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In die Ausgelassenheit hatte sich allerdings mittlerweile Misstrauen gemischt: Dazu trug die allgemeine Kostümierung bei. Keiner wusste, ob sich nicht vielleicht hinter den Masken Nazi-Spitzel verbargen. Ein Clown forderte Erika zum Tanzen auf, als die Kapelle einen Tango anstimmte, und Erika war entzückt, einen Tänzer gefunden zu haben, der diesen Tanz glänzend beherrschte und genoss. Als ihre Köpfe ganz nah beieinander waren, raunte er ihr ins Ohr: „Der Reichstag brennt!“ Um sie herum erscholl plötzlich aus vielen Mündern im Rhythmus der Musik: „Der Reichstag brennt! Der Reichstag brennt!“
Es dauerte eine Weile, bis die Nachricht bei den Feiernden angekommen und ihre Bedeutung begriffen worden war. Aus der Menge der Maskierten trat plötzlich ein auffällig korrekt gekleideter unbekannter Mann heraus und teilte der Menge mit, dass es die Kommunisten gewesen seien, die den Reichstag angesteckt hätten. Man habe sie bereits festgenommen. In diesem Moment hörte die Musik auf zu spielen. Auf die Nachfrage: „Die Kommunisten?“ antwortete der Fremde mit einem verächtlichen Lachen: „Ja, natürlich. Wer denn wohl sonst?“